Komplett schwarz kommt das Cover daher. Das hat seinen Grund: Der 44-jährige Kanye West erinnert hier an seine Mutter Donda, die 2007 bei einer vermeintlich harmlosen Operation starb. Donda West selbst kommt in manchen Tracks zu Wort, ihre Stimmte diente als Grundlage für Beats und den Rap des Künstlers.
Kanye West spricht seit einigen Jahren davon, dass er sich zu Jesus bekehrt hat. Das ging jedoch einher mit seltsamen öffentlichen Äußerungen und Auftritten. West führte auf seinem Anwesen in Los Angeles eine Zeit lang private Gottesdienste durch, zu denen auch viele Stars kamen. Der Rapper und Ex-Ehemann von Kim Kardashian kündigte an, eine eigene religiöse Gemeinschaft zu gründen, rief dann aber eine politische Partei ins Leben und gab tatsächlich im Juli 2020 bekannt, als Kandidat für die US-Präsidentschaftswahl auftreten zu wollen. Das tat er allerdings so spät, dass sein Name nur in einigen wenigen Bundesstaaten überhaupt auf den Wahlzetteln stand.
Das hinderte den Musiker nicht daran, rund sieben Millionen US-Dollar aus eigener Tasche für den Wahlkampf zu zahlen. Dann zeigte er sich als großer Fan von US-Präsident Donald Trump, sprach darüber, dass die schwarzafrikanischen Sklaven wohl auch irgendwie freiwillig für die Weißen schufteten und vermeldete, dass er psychisch labil sei und an einer bipolare Störung leide.
Mit allein in den USA über 60 Millionen verkauften Tonträgern gehört Kanye West zu den weltweit erfolgreichsten Musikern. Und auch „Donda“ brach kurz nach der Veröffentlichung Rekorde. Das Album wurde von US-Nutzern mehr als 60 Millionen Mal auf Apple Music gestreamt und stellte den Rekord für 2021 auf. (Er wurde allerdings schon nach drei Tagen wieder vom Thron gestoßen durch den Rapper Drake mit seinem Album „Certified Lover Boy“). Das Album landete sofort auf Platz 1 der Billboard 200. Dies ist Kanye West nun bereits neunmal gelungen. Auch in 130 anderen Ländern landete „Donda“ auf Platz eins der Charts und sorgte für einen kurzen Zusammenbruch des Streamingdienstes Spotify. Nur in Deutschland schaffte das Album gerade mal Platz 4 in den Charts.
„Jesus Lord“
Nach dem Gospel-Album „Jesus Is King“ und dem dazugehörenden Kino-Musik-Film war zu erwarten, dass Wests neues Album ebenfalls religiöse Züge tragen würde. Und tatsächlich: Auf „Donda“ hält West Predigten und singt über seinen Glaubenskampf, der aber nicht seine Überzeugung zunichtemachen kann, dass er Jesus braucht und dass eigentlich alle Menschen Jesus brauchen. An manchen Tracks waren andere Musiker beteiligt wie Travis Scott („Off The Grid“), The Weeknd („Hurricane“), Jay-Z („Jail“) und sogar der skandalumwitterte Marilyn Manson, der wegen sexuellen Missbrauchs angeklagt ist.
Ganze 27 Tracks präsentiert West auf dem Album. Musikalisch sind sie sicher kein Genie-Streich, tiefe Bässe und dünne Synthesizerklänge werden von eher stolpernden Rhythmen begleitet. Kaum ein Stück zeigt irgendeine Entwicklung, es scheint, als sei mit einer einzigen musikalischen Idee das ganze Stück bereits fertig gewesen. Düster klingen die meisten Stücke, eine Ausnahme bildet „Believe What I Say“ mit einem etwas sicherer auftretenden Beat.
Oft betet West in seinen Texten, rappt etwa in „24“ nebst einem elektronisch ausgedünnten Kirchenchor: „Dear God, make it alright. Only You can make it alright“ und später:
„God’s not finished, God’s not finished, we gonna be okay.“
Bisweilen predigt er zum Hörer wie in „Heaven and Hell“:
„Never too late for Him to save you. This your movie ‚cause no one can play you. Devil, lay down.“
Manchmal klingt das wie beim Vaterunser, wie in „Donda“:
„It’s the kingdom, and the power, and the glory, forever.“
Die rappenden Kollegen singen weit weniger von Gott als Kanye. Dafür legt der Künstler selbst nach wie in „Keep My Spirit Alive“:
„More than enough. You can take it all, but the Lord on my side. The spirit won’t die.“
In „Jesus Lord“ singt der Rapper über seinen Kampf im Glauben und dass er einerseits Jesus braucht, aber andererseits immer wieder von ihm abweicht. („I know I madе a promise that I’d never let the reaper in. But lately, I’ve been losin‘ all my deepest friends. And lately, I’ve been swimmin‘ on the deepest end. It’s just drugs, it ain’t no hugs, it ain’t no love there.“) In „Jail“ (Gefängnis) klagt er: „Guess who’s goin‘ to jail tonight? God gon‘ post my bail tonight“. Und sein Freund JAY-Z singt: „Made in the image of God, that’s a selfie. Pray five times a day, so many felonies. Who gon‘ post my bail? Lord, help me.“
Das Lied „OK OK“ endet mit der Liedzeile „Find God ‚fore it’s too late“. Das ist insofern bemerkenswert, weil zur Album-Entstehung eine dazu passende Anekdote in den Sozialen Medien die Runde machte. Ein DJ namens „Akademiks“ postete auf Instagram den Screenshot eines Chat-Verlaufs, der zwischen ihm und Kanye West entstanden war. Der bekannte Rapper wollte „Akademiks“ an einem Morgen um 9.34 Uhr zur Arbeit bitten. Weil der DJ noch schlief, konnte er so schnell nicht auf die Anweisung reagieren. Zwei Stunden später schrieb Kanye West dem DJ nur noch: „Du bist gefeuert.“ Als sich der Musiker wehren wollte und erklärte, er habe geschlafen und sein Handy nicht gehört, gab ihm Kanye West nur noch den knappen Rat: „Hör auf zu texten. Geh und finde Gott.“