Von Flensburg bis nach Oberammergau sind Gemeindebriefe eine beliebte Informationsquelle über anstehende Gottesdienste und Veranstaltungen in Kirchengemeinden. Allein im Verbreitungsgebiet der Mitteldeutschen Kirchenzeitung Glaube+Heimat gibt es nach Einschätzung von Chefredakteur Willi Wild derzeit rund 400 Gemeindebriefe. „Die Gemeindebriefe sind ein Erfolgsmodell, von dem eigentlich niemand so richtig Notiz nimmt“, erklärt Wild und verweist auf eine ältere Untersuchung im Auftrag der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM). Die habe gezeigt, dass die Gemeindebriefe eine Reichweite von nahezu 90 Prozent bei den Kirchenmitgliedern hätten. „Kirchenleitungen und kirchliche Zeitungen können von solchen Reichweiten nur träumen“, sagt Wild, und weiter: „Die Gemeindebriefe sind ein schlafender Riese.“
Den möchte der Chefredakteur nun wecken. Hochgerechnet könnten seiner Einschätzung nach mit den Gemeindebriefen rund 650.000 Menschen im Gebiet der EKM erreicht werden. Das Projekt „meine-kirchenzeitung.de/unser-gemeindebrief.de“ will nun die Gemeindebriefe mit der Kirchenzeitung zusammenbringen. Die Idee zu dem Projekt hatte der Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der EKM, Ralf-Uwe Beck.
Kosten trägt die Landeskirche
Dazu hat Glaube+Heimat zum Jahresbeginn das deutschlandweit einmalige Gemeindebrief-Redaktionsportal „unser-gemeindebrief.de“ gestartet. Kirchengemeinden der EKM können damit auf einfache Weise online ihren Gemeindebrief erstellen, aber auch selbst Inhalte im Portal veröffentlichen. Nur die Registrierung und ein Internetzugang sind dazu notwendig. Die Anschaffung oder Lizenzierung oft teurer Software für die Gestaltung der Gemeindebriefe ist nicht nötig. Die Gemeindebriefmitarbeiter können online über das Portal gleichzeitig und ortsunabhängig arbeiten. Alles wird online gestaltet und mit Inhalten gefüllt und kann dann als druckfähiges PDF an eine Druckerei gegeben werden.
20 Kirchengemeinden in Thüringen und Sachsen-Anhalt produzieren ihren Gemeindebrief bereits so. „Bis zum Ende des Jahres werden weitere fünf Gemeinden dazu kommen“, sagt Wild. Zahlreiche Anfragen von anderen Kirchengemeinden, aber auch von Diakonieeinrichtungen und Gemeinden anderer Landeskirchen lägen vor. Das Portal hat der Wartburg Verlag, dort erscheint Glaube+Heimat, zusammen mit der EKM entwickelt. Für die Kirche ist das Projekt ein Erprobungsraum im Zuge der Digitalisierung. Daher trägt die EKM die Kosten in der Erprobungsphase bis 2021 von jährlich rund 100.000 Euro.
Auflageschwund gestoppt
Das Portal soll auch dabei helfen, die kirchliche Öffentlichkeitsarbeit besser zu vernetzen. Von Redaktionen freigegebene Texte, Bilder und Grafiken können so von allen anderen Redaktionen im Portal mit genutzt werden können. Das können Inhalte sein, die über die eigene Gemeinde hinausgehen und beispielsweise die Ökumene betreffen. Und auch Beiträge, die die Kirchenzeitung produziert, können auf diese Weise den Weg in Gemeindebriefe finden: Seit Juni produziert Glaube+Heimat seine wöchentliche Print-Ausgabe komplett in dem Redaktionsportal und stellt den Gemeindebriefredaktionen kostenlos Inhalte zur Verfügung.
Von dem Portal profitiert auch die Zeitung. „Die Auflage ist seit Einführung des Portals nicht weiter gesunken“, sagt Wild. Im Gegenteil. Nach Jahren des Auflagenrückganges – Wild beziffert den mit rund sieben Prozent jährlich – sei in diesem Jahr die Auflage erstmals wieder leicht gestiegen. „Das ist keine Lebensversicherung, aber ein gutes Signal“, sagt Wild. Das Portal will er deshalb weiter ausbauen und so viele Kirchengemeinden wie möglich zur Teilnahme gewinnen.
Glaube+Heimat ist die Wochenzeitung für die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland und die Evangelische Landeskirche Anhalts. Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich über Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie Teile Brandenburgs und Sachsens. Herausgeber ist der Evangelische Presseverband in Mitteldeutschland. Die Redaktion hat zwei Standorte in Magdeburg und Weimar. Glaube+Heimat erscheint mit einer wöchentlichen Druckauflage von 10.000 Stück im Wartburg Verlag.
Von: Norbert Schäfer