Der Fall Eben Alexanders ist schon deswegen besonders, weil er 15 Jahre Professor für Neurochirurgie an der Harvard-Universität und ein international gefeierter Neurowissenschaftler war. Hätte ihm ein Patient in jenen Tagen erzählt, dass er nach einer schweren Hirnerkrankung Engeln und einem hellen Licht begegnet sei, hätte der Mediziner dies mit Sicherheit als Produkt seines im wahrsten Sinne kranken Gehirns abgetan.
Doch dann machte der Neurochirurg Alexander selbst eine Erfahrung, die sein wissenschaftliches Weltbild gründlich erschütterte. Im Jahr 2008 erkrankte er an einer bakteriellen Meningitis, die bei Erwachsenen äußerst selten ist und meistens tödlich verläuft. Am 10. November 2008 fiel er in ein tiefes Koma. Medizinisch gesehen betrug die Wahrscheinlichkeit, dies zu überleben, nur wenige Prozent. Dass Alexander heute noch lebt und nicht einmal Schäden von der Erkrankung davontrug, ist ein medizinisches Wunder. Alexander landete während des Komas in einer Welt, die von Licht und einer universellen göttlichen Liebe durchflutet war. Später schrieb er sein Erlebnis in dem Buch „Proof of Heaven“ („Blick in die Ewigkeit“) auf. Es war 35 Wochen auf der New York Times-Bestseller-Liste.
Die übernatürliche Welt, die Alexander sah, erschien ihm sogar noch realer als sein irdisches Leben. Der Arzt wurde überwältigt von Musik, Licht und dem Gefühl, in seiner „geistlichen Heimat“ angelangt zu sein. Er habe sofort gewusst, dass an diesem Ort Gott wohnt, und dass es sich um einen liebenden Gott handele. Die wichtigste Erkenntnis, die er von seinem Trip mitnahm: Die Liebe ist das Zentrum von allem. Das Böse gibt es auf der Erde, damit wir uns entscheiden können.
Religion egal
Die DVD zeigt ein zweistündiges Interview mit Eben Alexander. Das Gespräch führte Raymond A. Moody, ein amerikanischer Psychiater und Philosoph. Moody erforscht bereits seit den 60er Jahren Nahtoderlebnisse und ist einer der bekanntesten Autoren auf diesem Gebiet. Für Moody ist Alexanders Bericht „die faszinierendste und spektakulärste Geschichte“, die er in den 50 Jahren seiner Forschungsarbeit gehört hat, wie er sagt.
Alexanders Bericht nimmt keinen Bezug zu irgendeiner speziellen Religion. Er steht aber auch nicht in Konflikt mit Berichten aus der Bibel über den Himmel. Gläubige Menschen können also durchaus gespannt lauschen – und bei aller gebotenen Skepsis versuchen herauszufinden, was es mit jener Jenseits-Reise auf sich haben könnte. Nie spricht Alexander vom Gott der Bibel oder gar von Jesus, geschweige denn von der Notwendigkeit der Erlösung von Sünden, um in den Himmel zu kommen. Alexander sagt: „Der Umstand, dass ein Christ in dem gleißenden Licht vielleicht Jesus sieht, und ein Muslim vielleicht Mohamed, spielt für mich keine Rolle. (…) Die Botschaft lautet: Wir sind spirituelle Wesen, die einen Zweck und eine Bedeutung durch unsere Existenz erfüllen.“
Der Neurochirurg selbst wuchs bei gläubigen Methodisten auf. Doch während des Medizinstudiums habe die wissenschaftliche und materialistische Weltsicht in ihm die Oberhand gewonnen, berichtet Alexander. Irgendwann habe er grundsätzlich an der Existenz einer spirituellen Dimension gezweifelt. Die Reise ins Jenseits veranlasste ihn dann aber zu einer grundsätzlichen Revision seiner Weltsicht.
Welt vor einem Bewusstseinswandel?
Für jeden, der Berichten über Nahtoderlebnisse grundsätzlich offen gegenübersteht, ist die DVD „Blick in die Ewigkeit“ eine Bereicherung. Auch für Menschen, die das Buch Eben Alexanders bereits kennen, bleibt das lebendige Gespräch zwischen dem Arzt Moody und dem ehemaligen Skeptiker Alexander interessant. Alexander wirkt glaubwürdig, also kann man eher nicht davon ausgehen, dass er sich die Geschichte vom Besuch im Himmel ausgedacht hat. Aber vielleicht hat ihm sein Gehirn ja einen Streich gespielt, etwa weil es unter Sauerstoffmangel litt? Alexander, selbst Spezialist für das Gehirn, weiß, wann Patienten eine Koma-Fantasie haben, oder wann sie wirklich tot sind. Gerade diese Expertise des Jenseits-Reisenden macht die Geschichte rund um „Blick in die Ewigkeit“ interessant.
Alexander selbst ist überzeugt, Gott, den Schöpfer, gesehen zu haben. Und er nahm eine Lektion mit, die auch für skeptische Gläubige wertvoll sein kann: „Die persönliche Verbindung zu verstehen, ist ein absolut wesentlicher Teil. Niemand muss eine Nahtod-Erfahrung machen, um das tief in seinem innersten Bewusstsein zu begreifen. Man kann die gleiche machtvolle Verbindung auch so spüren.“ Durch Gebet oder Meditation zum Beispiel. Auch auf die Frage nach dem Sinn des Lebens hat Alexander seit jenem Erlebnis eine Antwort. Er nennt es „Seelen-Schule“ und erklärt: „Im Leben müssen wir Widrigkeiten, Nöte und Hindernisse überwinden. Die Lektionen, die wir zu lernen haben, dienen alle einem Zweck: dass unsere Seelen die höchste Stufe erklimmen und dem Göttlichen immer näher kommen. Dass wir bedingungslose Liebe für unsere Mitseelen bekunden, solange wir hier sind.“
Im letzten Drittel dreht sich das Gespräch um philosophische Fragen, etwa nach Erkenntnistheorie und einem möglichen Mangel der bisher gültigen wissenschaftlichen Weltanschauung. Was fehlt, wenn man die Erkenntnisse über die Welt auf die messbare Materie beschränkt? Das Bewusstsein fehlt, sagt Alexander, die Offenbarung fern von jeder kausalen Herleitung. Die Ausführungen rutschen dann durchaus verstärkt ins Esoterische ab. Alexander wagt einen Blick in die Zukunft und berichtet von seiner Seelenreise: „Es war stark zu spüren, dass die Welt bald einen globalen Bewusstseinswandel erleben wird, der in einem Ausmaß für Harmonie, Wohlstand und Frieden sorgen wird, wie es die Welt noch nie erlebt hat. Das hat mit einer steigenden Spiritualität zu tun.“ Auch Christen sollten kritisch bleiben. Wer dies bei diesem Gespräch über Nahtoderfahrungen beherzigt, kann aus daraus durchaus einen Gewinn ziehen. (pro)Eben Alexander und Raymond A. Moody im Gespräch über den Bestseller Blick in die Ewigkeit –
DVD, Spielzeit: 121 Minuten, 24,99 Euro
Scorpio-Verlag
ISBN 978-3-943416-68-8