Muslimischer CDU-Politiker warnt vor „Rassismuskeule“
Der hessische CDU-Abgeordnete Ismail Tipi hat beim „Forum Politik“ in Gießen vor „falsch verstandener Toleranz und Multi-Kulti-Romantik“ gewarnt. Der Islamwissenschaftler Carsten Polanz erklärte, wie muslimische Staaten die Menschenrechte der Scharia anpassen.
Der hessische CDU-Politiker Ismail Tipi war früher Chefredakteur der türkischen Zeitung Hürriyet
Ismail Tipi ist Muslim, Journalist und sitzt für die CDU im hessischen Landtag. Der Politiker gilt in seiner Partei als einer der profiliertesten Kritiker des radikalen Islam. Beim „Forum Politik“ des Forums Ethik des Instituts für Ethik und Werte in den Räumlichkeiten der Freien Theologischen Hochschule Gießen forderte er eine Rückbesinnung Deutschlands auf seine Werte. „Ich verstehe es nicht, dass zum Beispiel immer wieder Kirchengebäude zum Verkauf angeboten werden“, sagte er. „Das ist es doch, was uns vor den Salafisten schwach macht.“ Die Gesellschaft müsse erkennen, dass sie Werte habe, die Orientierung vermitteln und Heimat schaffen. „Ich als Muslim vermisse Kreuze in öffentlichen Räumen“, sagte Tipi.
Im Zusammenhang mit mangelnder Kritik am radikalen Islam warnte der CDU-Politiker vor einer „Rassismuskeule“, die eine kritische Auseinandersetzung mit dem Islam unterbinde. „Das Problem des radikalen Islamismus wurde viele Jahre wegen falsch verstandener Toleranz und Multi-Kulti-Romantik verschwiegen“, kritisierte er. Unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit dürfe man nicht die Bedrohungslage ignorieren. Tipi wies darauf hin, dass der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund in den kommenden Jahren deutlich steigen werde und forderte: „Wir müssen den Flüchtlingen am ersten Tag sagen, dass hier das Grundgesetz über allem anderen steht!“
Kirchen sollen Unterschiede nicht ausblenden
Der Islamwissenschaftler Carsten Polanz von der Freien Theologischen Hochschule Gießen gab einen Überblick über die historische Entwicklung des Islam und erklärte, welche Fragen sich daraus für die heutige Gesellschaft ergeben. Dabei kritisierte er besonders die „Sprachlosigkeit“ vieler Menschen in Deutschland, wenn es um Religion und die eigenen Überzeugungen gehe. „Auch die großen Kirchen sind dem lange nicht begegnet. Sie beschwören das Gemeinsame und sprechen lieber nicht über das Trennende“, kritisierte er. „Dabei müssen Unterschiede nicht als trennend verstanden werden, es wäre vielmehr ein Zeichen friedlichen Zusammenlebens, wenn man Unterschiede benennen und akzeptieren könnte.“
Doch auch den Einzelnen sieht Polanz in der Verantwortung: „Wir müssen sprachfähig werden in Bezug auf unsere Werte, Lebensziele und unser Gottesbild“, forderte er. „Für welche Positionen sind wir bereit, Kritik, Spott und Widerspruch hinzunehmen?“ Wer sich dessen nicht bewusst sei, der laufe Gefahr, in Gleichgültigkeit und Beliebigkeit abzudriften. Hinter der religiösen Sprachlosigkeit vieler Europäer sieht er einen zunehmend materialistischen und individualistischen Lebensstil, aber auch moralischen Relativismus und ein falsches Toleranzverständnis. „Viele, die Toleranz einfordern, meinen damit, dass andere einen Widerspruch fallenlassen und ihre Meinung nicht kundtun sollen“, erklärte er. „Die Aussage, der Islam und das Christentum seien gleich, wird für tolerant gehalten, aber in meinen Augen ist sie ein neuer Glaube“, kritisierte Polanz.
Polanz ging auf die islamische Erklärung der Menschenrechte von 1990 ein, die von 45 Außenministern islamischer Staaten verabschiedet wurde. Darin werden die Menschenrechte umschrieben, so dass sie mit der islamischen Rechtsordnung Scharia in Einklang gebracht werden können. „Die Frau ist dem Mann an Würde gleich, sie hat Rechte und auch Pflichten“, das lasse natürlich Raum für die „diskriminierenden Bestimmungen“ der Scharia. Deswegen lohne es sich, genau hinzuschauen und nachzufragen, etwa auch beim Thema Religionsfreiheit. Die werde von der Mehrheit der islamischen Gelehrten bis heute „nicht als Freiheit zum Religionswechsel verstanden“. Polanz ergänzte, dass alle islamischen Rechtsschulen den sichtbaren Abfall vom Islam mit Verrat an der Gemeinschaft gleichsetzen und in der Folge mit dem Tode bedrohen würden.
Theologin: Flüchtlinge sehr neugierig auf Christentum
Die evangelische Theologin Maïté Gressel ergänzte in einer Podiumsdiskussion ihre Erfahrungen aus der Arbeit mit Flüchtlingen. „Viele der Muslime sind sehr aufgeschlossen für den christlichen Glauben und wundern sich, warum der in Deutschland so selten ein Thema ist“, sagte sie. So habe sie von einem muslimischen Familienvater gehört, der sich aus Neugier in eine Kirche begeben habe, um zu erfahren, was es mit dem Christentum auf sich hat.
Die meisten Flüchtlinge hätten ihre Heimat, ihre Freunde und Familie verloren und seien nun auf der Suche nach etwas, das Orientierung gibt. „Viele Muslime denken: ‚Mit dem Christentum brauche ich mich nicht zu beschäftigen, wozu brauche ich eine Religion, die sich so versteckt?‘“ Deswegen solle sich jeder die Frage stellen: „Lebe ich meinen Glauben vor, so dass Nachbarn und Kollegen merken, dass ich Christ bin?“ Allerdings sei es der falsche Weg, Flüchtlingen nur mit dem Ziel zu begegnen, sie zu Christen zu machen. „Wir müssen über unseren Glauben sprechen, haben es aber nicht in der Hand, was der andere dann damit macht“, sagte sie. (pro)
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