Muslimische Verbände kündigen Sicherheitspartnerschaft

Aus Protest gegen eine umstrittene Plakataktion haben vier von sechs beteiligten muslimischen Verbänden die bisherige sogenannte Sicherheitspartnerschaft mit dem Bundesinnenministerium gekündigt. Die Plakate stellten Muslime unter Generalverdacht, warfen die Verbände Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) am Freitag vor. Friedrich bedauerte den Schritt und äußerte die Hoffnung, die Entscheidung sei nicht endgültig.
Von PRO

Die Plakatkampagne wendet sich gegen eine islamistische Radikalisierung Jugendlicher und junger Erwachsener. Die Motive ähneln Vermisstenanzeigen. Der Text lautet zum Beispiel: "Das ist unser Sohn. Wir vermissen ihn, denn wir erkennen ihn nicht wieder. Wir haben Angst, ihn ganz zu verlieren an religiöse Fanatiker und Terrorgruppen."

Auch die Grünen und die Antidiskriminierungsstelle des Bundes kritisierten die Aktion, weil auf den Plakaten muslimisch aussehende Menschen wie auf einem Steckbrief dargestellt würden. Die Kampagne soll Werbung für eine Beratungsstelle machen, an die sich Menschen wenden können, wenn sie in ihrem Umfeld Anzeichen einer Radikalisierung feststellen.

Innenministerium: "Plakate waren mit Verbänden abgesprochen"

Friedrich betonte, das Ministerium wolle an der 2011 ins Leben gerufenen Sicherheitspartnerschaft festhalten, deren Ziel es sei, Terrorismus und Radikalisierung zu bekämpfen. Er hoffe darauf, dass die Verbände ihre Haltung überdenken und sich "im Sinne des gemeinsamen Kampfes gegen den Terrorismus eines Besseren besinnen". Auch die Plakatkampagne soll fortgesetzt werden. Friedrichs Sprecher Jens Teschke sagte, man sei über die Kritik sehr verwundert, denn die Verbände hätten im Vorfeld Zustimmung signalisiert. Kurz vor dem Start der Kampagne seien die Motive bei einer Sitzung den Vorsitzenden bzw. autorisierten Vertretern der an der Sicherheitspartnerschaft beteiligten Verbände gezeigt und ausgehändigt worden. "Alle Beteiligten haben die Plakate für gut geeignet befunden", so Teschke.

Grünen-Chef Cem Özdemir sagte der Deutschen Presseagentur (dpa): "Man müsste eigentlich ein Plakat machen, auf dem steht: ‚Vermisst wird ein Innenminister, der seinen Job kann‘." Fraktionschefin Renate Künast meinte: "Herr Friedrich benimmt sich wie ein Elefant im Porzellanladen: Erst tritt er die Islam-Konferenz in Scherben, jetzt zerdeppert er mit seiner unmöglichen Plakat-Kampagne auch noch die Sicherheitspartnerschaft mit den Islamverbänden."

Die muslimischen Verbände üben in ihrem Schreiben auch generelle Kritik an der vor einem Jahr begonnenen Sicherheitspartnerschaft: "Die Vorgehensweise stellt uns als Kooperationspartner immer wieder vor vollendete Tatsachen, schafft destruktive Diskussionen, statt konstruktive Lösungen", hieß es.

Neben dem Zentralrat der Muslime in Deutschland wird der Protest auch von der Türkisch-Islamischen Union (DITIB), dem Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) und der Islamischen Gemeinschaft der Bosniaken in Deutschland (IGBD) mitgetragen.

Der rheinland-pfälzische Integrationsbeauftragte Miguel Vicente kritisierte die Weigerung des Ministeriums, von der Plakataktion abzurücken. Die Kampagne transportiere die Botschaft, dass jeder Muslim ein potenzieller Terrorist sei, sagte Vicente am Freitag. Dies sei verletzend und verheerend. (pro/dpa)

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