Die Dokumentation erzählt den Fall eines 14-jährigen Jungen, der auf die Friedenauer Gemeinschaftsschule in Berlin-Schöneberg ging. Es handelt sich bei dem Stadtviertel nicht um einen sozialen Brennpunkt. Die Schule selbst ist sogar Teil einer Organisation, die sich „Schule ohne Rassismus“ nennt. „Das bedeutet, dass 80 Prozent der Lehrer, Eltern und Schüler unterschreiben, dass die Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung für sie vorrangig ist“, erklärt der Film. „Es gibt interreligiöse Workshops und Präventionskurse. Und dennoch wurde Oscar hier angegriffen, weil er Jude ist.“
Der Vorname des Jungen wurde von der Redaktion geändert, und er selbst ist nie zu sehen. Aber vor allem die Mitglieder der Familie Michalski kommen im Film zu Wort. Sie erzählen, wie sich die Behandlung Oscars in der Schule ständig verschlimmerte. Es begann damit, dass die Schulklasse aufzählen sollte, welche Gotteshäuser es gebe. „Kirchen“ und „Moscheen“ wurden immer wieder genannt, bis Oscar auch die Synagoge nannte und dazu sagte: „Ich bin übrigens Jude.“ Daraufhin gab es zunächst verbale Anfeindungen, und ein türkischer Junge teilte Oscar mit, dass er nun nicht mehr mit ihm befreundet sein könne.
Schließlich schlugen die Kinder Oscar sogar. Schließlich kam es mit einer Spielzeugpistole sogar zu einer Art „Scheinhinrichtung“ des jüdischen Schülers. Der Zeitpunkt war gekommen, wo Oscars Eltern ihn von der Schule nahmen.
Schuldirektor Uwe Runkel kam nicht auf die Idee, die schuldigen Schüler zu suspendieren. Oscars Mutter berichtet, er habe Anrufe und Briefe unbeantwortet gelassen. Die Michalskis erheben Vorwürfe gegen die Schule, denn die Leitung habe die antisemitischen Angriffe verharmlost und nichts dagegen unternommen. Daraufhin wandte sich die Familie an die Medien, worauf der Fall bundesweit bekannt wurde. Im Film sagt der Schulleiter, er habe mit Oscar über das Problem zwar gesprochen, aber das Gefühl gehabt, er habe die Entschuldigung dafür annehmen können. Inzwischen hat die Schule, nach der enormen Medienaufmerksamkeit, doch einen der Schüler, die Oscar gequält haben, suspendiert.
„Unter dem Deckmantel der Multikulti-Gesellschaft“
Der Film zeigt anhand des konkreten Falls, wie brisant das Thema Antisemitismus in Deutschland ist. Es ist keineswegs ein Problem, das nur unter Rechtsradikalen und Skinheads auftritt, sondern auch im Bürgertum und unter Muslimen. Alle Schüler, die Oscar drangsaliert haben, waren Moslems. Die Meldestelle für antisemitische Vorfälle in Berlin erlebte nach den Medienberichten vom Fall Oscar geradezu einen Ansturm, berichtet eine Angestellte.
Oscars Vater ist Direktor der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Für ihn ist es richtig, dass er nun auch seine Erfahrungen aus der eigenen Familie öffentlich macht. Was Antisemitismus unter Muslimen in Deutschland angeht, wollten die Menschen seiner Meinung nach bisher die Augen verschließen. „Auch unter dem Deckmantel der Multikulti-Gesellschaft.“ Deswegen bedürfe es hier einiger Aufklärungsarbeit.
Der 30-minütige Film „Weil Du Jude bist“, der in der Reihe „Re:“ des Senders Arte lief, ist ab sofort auch in der Mediathek des Senders zu finden. (pro)
Von: js