750 Kilometer und sieben Konzerte: Miriam Barth ist mit Fahrrad und Bratsche den Rhein entlang gefahren und hat Konzerte gegeben. Die 22-Jährige sammelt Geld gegen Menschenhandel.
Miriam Barth war mehr als zwei Wochen mit Fahrrad und Bratsche für einen guten Zweck am Rhein unterwegs
Irgendwo zwischen Koblenz und Bonn. Es regnet in Strömen. Auch die zweite Regenjacke von Miriam Barth kann dem Nass von oben nicht standhalten. Nach ein paar Stunden auf dem Fahrrad ist die junge Frau völlig durchnässt. Die Versuchung ist groß, in den Zug einzusteigen, an dessen Gleisen sie die ganze Zeit entlangfährt. Aber sie will es schaffen. Noch zwanzig Kilometer, noch fünf. Bis Bonn bleibt sie im Sattel. Nur für den letzten Abschnitt bis zum Etappenziel nach Köln nimmt sie dann doch die Bahn, denn es ist weiter als gedacht. Dafür würden ihre Kräfte nicht mehr reichen.
Zwei Wochen ist Barth insgesamt mit ihrem roten Fahrrad und ihrer Bratsche unterwegs. Sieben Konzerte gibt die 22-jährige Musikstudentin in dieser Zeit entlang des Rheins. Bach und Hindemith spielt sie, dazwischen hält sie ein kurzes Referat über Menschenhandel und Zwangsprostitution in Deutschland. Bei manchen Auftritten sind noch andere Künstler dabei. In Karlsruhe berichten auch Mitarbeiter der Menschenrechtsorganisation „The Justice Project“, die sich um Prostituierte kümmern, von ihrer Arbeit. Den Erlös der Konzerte spendet Barth dem Bündnis „Gemeinsam gegen Menschenhandel“.
Tour gegen das Unrecht
Eine mehrtägige Fahrradtour während der Semesterferien zu machen, hatte sie schon länger vor. Dass daraus eine Benefizkonzert-Tour wird, ist eine spontane Idee. „Irgendwie war sie einfach da und ich möchte sie durchziehen“, schreibt sie in ihrem Blog, den sie extra dafür angelegt hat. Sie möchte einen Beitrag dazu leisten, das Leben von Menschen, „die es nicht so gut erwischt haben wie ich, ein kleines bisschen lebenswerter zu machen“. Auf das Thema Menschenhandel ist sie im vergangenen Jahr bei der Konferenz der Deutschen Evangelischen Allianz in Bad Blankenburg aufmerksam geworden. Für sie ist Menschenhandel „ein himmelschreiendes Unrecht“, das „vor unserer Haustür passiert“.
Barth stellt eine Powerpoint-Präsentation zusammen, die sie dann während ihrer Konzerte zeigt. Sie schreibt verschiedene christliche Gemeinden in Städten am Rhein an, ob sie die Aktion unterstützen und Räume zur Verfügung stellen würden. Dabei bekommt sie nicht nur zustimmende Rückmeldungen. Manche halten ihr Vorhaben für zu groß und die Zeit für zu kurz. Für sie selbst ist es auch eine Herausforderung, denn eigene Konzerte hat sie noch nie organisiert. Neben den Terminen und Orten, die zu klären sind, muss sie auch die Presse informieren und sich um die Werbung kümmern. Ein Freund gestaltet Plakate dafür, die sie mit der Post an die Konzertorte schicken lässt.
Und dann geht es Ende Juni los. Start ist im schweizerischen Sion im Wallis, wo Barth an der Musikhochschule studiert, ihr letztes Ziel ist Düsseldorf, gut zwei Wochen später. In den Gepäcktaschen hat sie nur das Nötigste: eine kurze und eine lange Hose, ein paar Wechselsachen, Schlafsack sowie Kleid und Schuhe für die Auftritte. Die Bratsche nimmt sie auf den Rücken. Sie hatte sich die Tour ganz entspannt vorgestellt: einfach nur fahren und spielen. Aber es ist anstrengender als gedacht. Denn auch zwischendurch gibt es viel zu organisieren und zu telefonieren. Und sie muss ihre Etappenplanung etwas verändern, weil sie nach dem zweiten Tag merkt, dass sie sich zu viele Kilometer für eine Strecke vorgenommen hat. Über Nacht schläft sie entweder bei Bekannten oder sie sucht sich vor Ort eine Unterkunft. Das ist nicht immer so einfach, wenn der Ort klein, die Preise hoch und der gefahrenen Kilometer schon viele sind. „Da habe ich ein paar Mal angefangen zu beten, dass ich was finde“, sagt sie. Letztendlich hat es auch immer geklappt.
„Musik ist das schönste Wunder“
Große Erwartungen zum Interesse an ihren Konzerten traut sie sich vorher nicht zu machen. Sie hofft, dass zumindest nicht weniger als 20 Besucher kommen und dass sie vielleicht 1.000 Euro sammelt. Am Ende hat sie immer zwischen 40 und 150 Zuhörer. Nur bei einem sehr kurzfristig terminierten Konzert sind es weniger als die erhofften 20. Wie viel Geld sie eingespielt hat, wird sie in den kommenden Tagen erfassen. Sie schätzt, dass es bis 2.000 Euro sind, auf jeden Fall mehr als erwartet. Die Rückmeldungen der Besucher sind durchweg positiv. Viele hätten noch nichts vom Thema Menschenhandel gehört und wollten sich, angeregt durch Barths Initiative, damit beschäftigen, erzählt die Musikerin. Andere hätten sich schon länger damit beschäftigt. Von ihnen habe sie noch vieles darüber lernen können. Ihre Vorträge seien mit jeder Station immer umfassender geworden.
Barth habe selbst eine bessere Vorstellung davon bekommen, wie Menschenhandel hierzulande aussieht: „Ich habe immer gedacht, da wird jemand gekidnappt und eingesperrt.“ Jedoch würden viele Frauen so manipuliert, dass sie freiwillig mitkommen und sich auf den Strich zwingen lassen. Manch ein Mann spiele einer Frau eine Liebesbeziehung vor und fordere dann von ihr, sich ihm zuliebe zu prostituieren. „Das ist so gewieft und listig und kompletter Betrug“, sagt Barth.
An den Fingern von Barths linker Hand, mit denen sie die Saiten ihrer Bratsche drückt, löst sich die Hornhaut. Am Hals hat sie, wie viele Musiker, die ihr Instrument unters Kinn klemmen, einen dunklen Hautfleck. Im nächsten Jahr macht sie den Bachelor-Abschluss auf der Bratsche. Musik ist für sie „das schönste Wunder überhaupt und es kommt alles von Gott“. Über ihre Tour resümiert sie: „Ich bin sehr froh, dass ich es gemacht habe.“ Sie habe viele verrückte Ideen und nur selten setze sie diese dann auch um. Diesmal hat sie es durchgezogen. Noch ist kein neues Benefiz-Projekt geplant. Aber vorstellen kann sie es sich. Ob mit Fahrrad oder ohne – mal schauen … (pro)
Dieser Beitrag ist der kommenden Ausgabe 4/2014 des Christlichen Medienmagazins pro entnommen. Bestellen Sie die pro kostenlos und unverbindlich unter der Telefonnummer 06441 915 151, unter info@pro-medienmagazin.de oder online.
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