„Die Renaissance des Religiösen ist unübersehbar – im Positiven wie im Negativen“, heißt es in der Ankündigung des 3sat-Thementages, der unter dem Motto „Im Namen Gottes“ steht. „Religion ist gemeinschaftsstiftend, produziert aber auch Schattenseiten, allen voran fundamentalistische Strömungen“, so der Sender zum Inhalt der zahlreichen Dokumentationen, Filme und Magazinbeiträge, die am 6. Januar gezeigt werden.
Kernstück des Thementages ist eine Dokumentation von Dirk Laabs: „Mit Gott gegen alle“ lautet der Titel des Films, der um 20:15 Uhr als Erstausstrahlung auf 3sat gezeigt wird.
„Der Feind ist der Andersgläubige“
„Überall auf der Welt verschmelzen religiöse und politische Themen ineinander, verlaufen politische Fronten entlang von Konfessions- oder Religionsgrenzen. Der Feind ist der Andersgläubige. Meist beruhen die Konflikte auch auf ethnischen oder sozialen Spannungen. Doch in der Religiosität entladen sie sich bis hin ins Private. Im Namen der Religion und im Namen Gottes wird Furcht und Schrecken verbreitet“, heißt es in der Vorankündigung zum Beitrag.
Weltweit seien „religiöse Fundamentalisten“ auf dem Vormarsch, feierten selbstbewusst und lautstark ihr Comeback. „Egal, ob islamistisch oder christlich-fundamentalistisch, sie versuchen mit allen Mitteln, ihre Anhängerschaft und ihren politischen Einfluss zu vergrößern.“
„Christliche Fundamentalisten wollen Gegen-Aufklärung“
Dabei hätten die „islamischen Fundamentalisten“ den westlichen säkularen Gesellschaften den Kampf angesagt. „Sie nutzen jede Gelegenheit, um den Dauerkonflikt der Wertevorstellungen anzuheizen, seien es die Mohammed-Karikaturen, das Papstzitat oder der Dauerbrenner Kopftuch-Streit. Gezielt greifen sie die Meinungsfreiheit an, überziehen liberale Muslime mit Todesdrohungen.“
„Christliche Fundamentalisten“ seien in der Wahl ihrer Mittel zwar weniger militant, so der Autor. „Doch auch sie sind besessen davon, ihre Ziele gesellschaftlich und politisch durchzusetzen. Plötzlich heißt es wieder, Gott, und nur Gott allein habe die Welt erschaffen, Darwins Schriften seien blasphemisch. Eine ‚Gegen-Aufklärung‘ wird inszeniert.“
„Bedrohung für unsere Gesellschaft?“
Der Autor der Dokumentation, Dirk Laabs, traf nach Angaben von 3sat „religiöse Fundamentalisten christlicher und islamischer Couleur“ in Deutschland, in Belgien, in den USA und in Kanada. Zudem sprach er mit Menschen, die „vor dem Einfluss der Fundamentalisten warnen, die ihnen den Kampf angesagt haben“ wie etwa der US-Autorin Barbara Victor („Beten im Oval Office“), dem Publizisten Henryk M. Broder oder dem französische Islamkritiker Abdelwahab Meddeb. Sie alle deckten auf, „wie massiv der Einfluss religiöser Fundamentalisten bereits ist und wie sehr er von uns allen unterschätzt wird“.
Die Kernfragen, denen die Dokumentation nachgeht, lauten: „Sind die religiösen Fundamentalisten eine Bedrohung für unsere Gesellschaft? Wie müssten sich aufgeklärte Gesellschaften verändern, um den Vormarsch der neuen Fundamentalisten zu stoppen? Kann eine moderne Gesellschaft dieses Phänomen nicht einfach aushalten? Oder haben wir schon kapituliert?“
„Die Macht der Evangelikalen in den USA“
Auch eine Dokumentation des ZDF-„Auslandsjournal“, die um 19:20 Uhr gesendet wird, befasst sich mit „christlichen Fundamentalisten“. Titel des Beitrages: „Gottesshow statt Gottesdienst – Die Macht der Evangelikalen in den USA“.
Der Film befasst sich ausführlich mit dem US-Prediger Joel Osteen von der Lakewood Church in Houston (US-Bundesstaat Texas). „Ein aufwändiges Bühnenbild, Lichtshow und drei Videoleinwände sorgen für den perfekten Auftritt in Joels Pilgerstätte, einer umgebauten ehemaligen Sport- und Konzertarena. ‚Wenn Du nicht mit der Zeit gehst, was Musik, die Botschaft und die Art, sie zu repräsentieren, betrifft, dann erreichst Du die Leute nicht‘, so der Prediger, der sich in Szene setzt wie ein Popstar.“ Osteen predige Woche für Woche vor 40.000 Menschen in seiner Kirche, „die sieben Millionen Zuschauer vor den Fernsehbildschirmen nicht mitgerechnet“.
US-Christen und die Politik
Auch mit dem politischen Engagement der Christen in der texanischen Gemeinde beschäftigen sich die „Auslandsjournal“-Reporter, die den Gottesdienstbesuchern eine „Scheuklappenmentalität“ attestieren. „‚Wir glauben, dass die Regierenden in Washington von Gott eingesetzt worden sind. Was auch immer sie tun, es ist gottgewollt“, so die Haltung eines Gottesdienstbesuchers. Von einer ‚Scheuklappenmentalität‘ wie dieser profitiert in erster Linie die Partei der Republikaner. Mittlerweile sind 42 Prozent der Bevölkerung evangelikale Christen.“ Es gehe den Christen zudem weniger um politische Inhalte als um den Glauben der Staatsmänner, so die Autoren der Dokumentation.
„Christlicher Fundamentalismus und Gewalt“
Um 16:15 Uhr läuft der Beitrag „Mit Feuer und Schwert“. Darin geht es um „christlichen Fundamentalismus und Gewaltbereitschaft – Im Namen Gottes“.
3sat schreibt zu der Dokumentation: „Der vielfach preisgekrönte Filmemacher Andreas Gruber versucht am Beispiel US-amerikanischer und österreichischer christlich-fundamentalistischer Gruppierungen aufzuzeigen, wo die Wurzeln und Ursachen, aber auch mögliche Erklärungen für diese (scheinbar) religiösen Radikalisierungen liegen.“
Der Terror „islamischer Fundamentalisten“ überziehe die Welt und hinterlasse eine Blutspur des Schreckens. „Aber nicht nur im Islam, in nahezu allen Religionen gibt es Gruppierungen, die unter Berufung auf ihren Glauben ein Recht auf politische Radikalisierung, totalitäre Gesellschaftskonzepte und schließlich auch das Recht auf Gewaltausübung für sich in Anspruch nehmen.“
Einen Überblick über den gesamten Thementag finden Sie hier:
www.3sat.de (Suche: Gottes Namen)