Mit geistlicher Musik ein Ärgernis: Arvo Pärt

Die Musik von Arvo Pärt ist sakral und mystisch. Weil er sich darin zum christlichen Glauben bekennt, musste er aus der Sowjetunion emigrieren. Aber seine religiöse Musik irritierte auch den Westen. Am Freitag wurde der Komponist 80 Jahre alt.
Von PRO
Der Komponist Arvo Pärt ist mit seinen geistlichen Werken bei Kommunisten ebenso angeeckt wie im aufgeklärten Westen. Am Freitag wurde er 80 Jahre alt
Arvo Pärt ist einer der bekanntesten und populärsten zeitgenössischen Komponisten. Vor 80 Jahren wurde Pärt in Estland geboren. Mit seinen Werken weckte er immer wieder den Unwillen des kommunistischen Sowjet-Regimes. Seine Musik und moderne Kompositionsweise galten als nicht systemkonform, etwa wenn er Zwölftonmusik nach dem Vorbild Arnold Schönbergs schrieb oder mit der Collage-Technik arbeitete. Aber auch aufgrund ihrer religiösen Bezüge erregte Pärts Musik Anstoß. Anfang der 1970er trat Pärt in die russisch-orthodoxe Kirche ein. Das orthodoxe Mönchtum, die christliche Lehre und die Verbindung zu Gott prägten auch sein musikalisches Schaffen. Sein Werk „Credo“, das auch ein persönliches Bekenntnis Pärts zum Christentum ist, wurde in der Sowjetunion verboten. Weil Pärt aber vorwiegend geistliche Musik schrieb, für die es kaum einen Markt gab, lebte der Komponist in sehr bescheidenen finanziellen Verhältnissen. Das konnte in der Sowjetunion der 70er Jahre auch Hunger bedeuten, schreibt der Theologe Constantin Gröhn in seiner Dissertation über Pärt und dessen Glauben. Trotzdem arbeitete der Komponist in jener Zeit auch an einer Johannespassion, die er 1982 fertigstellte. „Pärt nahm also starke wirtschaftliche Nachteile in Kauf, um seinem Glauben musikalisch Ausdruck zu verleihen“, stellt Gröhn fest. 1980 legte Pärt die Regierung nahe, das Land zu verlassen. Er ging mit seiner Familie nach Österreich, wo er auch die Staatsbürgerschaft erhielt, und später nach Berlin, wo er bis heute lebt.

Christliche Themen provozieren den Westen

Nach einer längeren Schaffenspause zwischen 1968 und 1976 präsentierte Pärt einen neuen klanglichen Stil, der bis heute charakteristisch für ihn ist. Dabei reduziert er das Tonmaterial auf das Wesentliche, indem er sich auf Dreiklangstöne stützt. Weil dies an ein Glockenspiel erinnert, wird dieser Stil auch Tintinnabuli (nach lat. tintinnabulum: Glöckchenspiel) genannt. Klanglich erinnern Pärts Werke zum Teil an Mönchsgesänge und gregorianische Choräle. Sie entwicklen sich nicht aus liedhaften Melodien, sondern aus miteinander verwobenen Tönen und Klängen. Dadurch klingt Pärts Musik klar und transparent und wirkt asketisch, meditativ und mystisch – ein Klangcharakter, der auch Pärts theologische Prägung widerspiegelt. Gerade durch diese Schlichtheit ist Pärts Musik ergreifend und innig. In einem Interview mit der Sängerin Björk erklärt Pärt, in seinen Werken gebe es zwei inhaltliche Ebenen, die auch musikalisch deutlich würden: „Eine Linie sind meine Sünden, die andere Linie ist die Vergebung dieser Sünde. Meist hat die Musik zwei Stimmen. Eine ist eher kompliziert und subjektiv, aber eine andere ist sehr einfach, klar und objektiv.“ Dass Pärt die Themen Sünde und Buße in seinen Werken aufgreift und so deutlich den sakralen Charakter seiner Musik herausstreicht, irritierte nach seiner Emigration auch Kritiker in Deutschland. Pärt habe diejenigen herausgefordert, „die mit Glauben und Religion Rückständigkeit assoziierten und sich gegen traditionell kirchliche Themen sperrten“, resümiert Constantin Gröhn. Arvo Pärt erhielt in den vergangenen Jahren zahlreiche Würdigungen und Auszeichnungen, beispielsweise 2005 den Preis der Europäischen Kirchenmusik. Zwei Jahre später bekam er die Ehrendoktorwürde des Katholischen Theologischen Fakultät der Universität Freiburg. Seit 2001 gehört er dem Päpstlichen Rat für die Kultur an. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/kultur/musik/detailansicht/aktuell/die-kuenstlerin-93010/
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