Im Anaheim Convention Center gleich neben Disneyland feierte der gastgebende Verband National Religious Broadcasters (NRB) den Start in das Jahr seines 75-jährigen Bestehens. Er vertritt inzwischen rund 1.100 Mitgliedsorganisationen, die tausende Radiostationen und hunderte Fernsehprogramme betreiben.
Das Evangelium
Leitgedanke der Jubiläums-Veranstaltung war Psalm 145,4: „Jede Generation soll es der nächsten sagen, sie soll rühmen, was du vollbracht hast, und deine machtvollen Taten weitererzählen!“ NRB-Chairman Michael Little erklärte vor Programm-Machern, Produzenten und Pastoren, dass das Evangelium weiter zu hochattraktiven Medieninhalten inspiriere: „Gott ist die Quelle der Kreativität, er möchte uns neue Ideen herunterladen. Und wir sind aufgerufen, daraus etwas zu machen – egal über welche Technologien und Medienkanäle.“
Die Vorgeschichte
Die USA gelten seit jeher als Mutterland der Verkündigung des Evangeliums über Funk und Fernsehen. Nach der ersten regelmäßigen Übertragung von Gottesdiensten im Radio (ab 1921) und im Fernsehen (ab 1940) wurden die Sendungen missionarisch gesinnter Gemeinden und Prediger trotz anfänglicher Beliebtheit beim Publikum schon bald wieder aus den Programmen gedrängt.
Dahinter stand eine wenig heilige Allianz aus Rundfunkbehörde, den großen Networks, den großen Kirchen und der Werbewirtschaft. Das führte am 12. April 1944 zur Gründung der NRB, die sich seitdem konsequent für die Glaubens- und Meinungsfreiheit in den elektronischen Medien einsetzt.
Die aktuelle Lage
Dieser Arbeitsauftrag des Verbands sei heute genauso wichtig wie vor 75 Jahren, erklärte NRB-Vizepräsident und Chief Operating Officer Troy Miller: „Es gibt viele Herausforderungen für Christen, die frei auf allen Kommunikationsplattformen sprechen wollen. Wir werden dringender gebraucht als jemals zuvor, wenn wir vollen Zugang zu den schnell wachsenden neuen elektronischen Medienwelten haben wollen.“
Ohne Gebet und Kampf seien Freiheit und Fairness zur Verkündigung des Evangeliums gefährdet, so Miller. Der Verband will sich dagegen wehren, dass die „Big Tech“-Riesen aus dem Silicon Valley oft „christliche und politisch konservative Standpunkte zensieren“. Dazu wurde die Webseite internetfreedomwatch.org geschaltet. Gelöschte Inhalte, abgelehnte Werbung, gesperrte Kundenkonten: Maßnahmen von Facebook, Twitter und YouTube werden dort als Beispiele für die Unterdrückung freier Meinungsäußerung genannt.
Der Medienwandel
Neue Medienplattformen werden aber nicht nur als Bedrohung, sondern auch als Chance verstanden. Es gilt, sich dem Wandel zu stellen. Wer attraktiven Inhalt fesselnd präsentiert, ist klar im Vorteil. Wenn er weiß, wo und wie er sein Publikum erreicht. Radio und Fernsehen seien zwar nicht tot, aber richtig gut gehe es diesen Traditionsmedien auch nicht, betonten mehrere Referenten. Die junge Generation „streamt“ ihre Wunschinhalte aufs Smartphone. Überall jederzeit abrufbare Videos und Podcasts sind das Gebot der Stunde.
Die Konkurrenz ist groß, das Angebot kaum überschaubar. Apple, Google und Amazon drängen in den Audiomarkt; Pandora, Spotify und andere sind schon da und wachsen stark. Einige Zahlen der Studie „The Infinite Dial 2019“, die Larry Rosin von Edison Research präsentierte: 79 Prozent aller Amerikaner nutzen Soziale Medien wie Facebook, Instagram, Pinterest, Snapchat, LinkedIn und andere. 23 Prozent haben einen Sprachassistenten wie Alexa. Die Hälfte der Amerikaner schaut regelmäßig Musikvideos auf YouTube. 32 Prozent hören Podcasts. Fred Jacobs, Jacobs Media: „Disruption kann für diejenigen ein Freund sein, die neue Verbreitungswege gehen und mit ihrer Marke ein größeres Stück vom Kuchen haben wollen.“
Die Erfolgsfaktoren
Unbestritten schreiben Glaubenserfahrungen die besten Geschichten. Dabei kommt es für die Redaktionen darauf an, das örtliche Publikum zu kennen und einzubeziehen. Mit ihm das Leben zu teilen und freundschaftliche Beziehungen aufzubauen. Yvonne Carlson, Director of Digital Strategy bei Moody Radio Chicago: „Die Menschen hungern nach Mitgefühl, ihr tiefstes Bedürfnis ist es, zu einer Gemeinschaft zu gehören.“
Es sei nicht verwunderlich, dass echte Geschichten von Hörern am besten ankommen: „Deshalb ist jeder Freitag bei uns Freiheits-Freitag – die Anrufer erzählen, wovon sie frei geworden sind.“ Auch Nutzwert zähle, sagt Jon Hull vom Sender KSBJ in Houston: „Eine christliche Station in Florida ist zur verlässlichsten Quelle für Wetternachrichten geworden und hat damit loyale Fans gewonnen.“
Das christliche Hollywood
Während Printmedien und Bücher beim Kongress keine oder allenfalls eine untergeordnete Rolle spielten, lag viel Augenmerk auf dem Thema Kino-Unterhaltung. Mit den neu gegründeten Kingdom Studios kündigte erstmals eine christliche Produktionsfirma eine ganze Reihe von Filmprojekten mit einem etablierten Hollywood-Giganten an – Lionsgate.
Nach ihrem Überraschungserfolg „I can only imagine“, der 2018 zum umsatzstärksten Independent-Film wurde, arbeiten die Regisseure Jon und Andrew Erwin an mehreren glaubensorientierten Projekten. Jon Erwin: „Filme haben die Kraft, das Leben zu verändern. Unterhaltung kann Menschen das Evangelium nahebringen.“ Das beweisen derzeit zwei Geschichten aus dem wahren Leben. „Unplanned“ von Chuck Konzelman zeichnet den Wandel der jungen Leiterin einer Abtreibungsklinik zur gläubigen Aktivistin für das Leben nach. „Breakthrough“ von DeVon Franklin ist die Story eines 13-Jährigen, der unter einer Eisdecke ertrinkt – doch dann fängt die Story erst an.
Der Ausblick
Der christliche Glaube hat die Kraft, die lebensrettende Botschaft von Erlösung und Versöhnung durch Jesus Christus über die ganze Bandbreite aktueller Medien zu verbreiten. Noch mehr Wirkung würden christliche Medienmacher entfalten, wenn sie einen Trend der letzten Jahrzehnte umkehrten, erklärte der Videofilm-Designer Bryan Engram, CEO von Brazen Animation aus Dallas, gegenüber pro: „Wir Christen haben es eines Tages akzeptiert, vom Mainstream in die Nische und von exzellenter Kunst und Kultur in die Mittelmäßigkeit abzurutschen.“ Trotz mancher Sorgen und Hemmnisse: In den USA, dem Mutterland des christlichen Rundfunks, weist einiges darauf hin, dass diese Umkehr gelingen kann!
Von: Stefan Ernst