Über 2.000 Veranstaltungen, 16 Themenwochen zum Thema Freiheit und eine Kunstausstellung mit internationalen Stars wie Ai Weiwei – das sind nur einige Eckdaten der am 20. Mai beginnenden Weltausstellung zum Reformationsjubiläum in Wittenberg. „Tore der Freiheit“ ist der Titel des Events, das die Verantwortlichen bei der Vorstellung am Dienstag „die größte Veranstaltung Europas“ nannten. Das lassen sie sich 20 Millionen Euro kosten, finanziert aus staatlichen und kirchlichen Mitteln sowie durch Sponsorengelder. Erwartet werden eine halbe Million Besucher.
Die Botschafterin für das Reformationsjubiläum, Margot Käßmann, erklärte, der Titel „Tore der Freiheit“ sei mit Bezug auf die Bibel enstanden. Darin seien Tore Orte der Begegnung gewesen. Märkte hätten dort stattgefunden oder Gerichtsprozesse seien abgehalten worden. In Toren würden Fragen gestellt und das solle auch beim Reformationsjubiläum geschehen, und zwar „international und ökumenisch“. Die Bibel sei das Fundament der Weltausstellung, wichtig sei den Veranstaltern aber, dass man im Gespräch mit Menschen sei, „die anders glauben als wir oder nicht glauben“ – daher auch der Titel „Weltausstellung“. „Wir wollen in Wittenberg die Fragen der Welt mit Menschen aus aller Welt diskutieren“, fasste sie zusammen.
Die sieben Torräume der Weltausstellung werden unterschiedlich gestaltet sein. Käßmann kündigte einen Paradiesgarten, Glaspaläste und eine Installation mit Booten auf einem Schwanenteich als Erinnerung an die Flüchtlingsbewegungen auf dem Mittelmeer an. Doch nicht nur die Torräume sind ein zentrales Element der Ausstellung. Bis zum Ende am 10. September umfasst das Programm 16 Themenwochen zu Gerechtigkeit, Frieden oder Ökumene, aber auch zu Gender, interreligiöser Dialog oder Medien.
Seelsorge im Riesenrad
Die vielleicht ungewöhnlichste Idee der Ausstellung ist ein Riesenrad, in dem Seelsorger zum Gespräch einladen. Sie habe sich am Anfang auch gefragt, ob das eine sinnvolle Idee sei, gab Käßmann zu. Überzeugt habe sie, dass eine solche Einrichtung absolute Privatsphäre beim Gespräch biete. Für die Gottesdienste kündigte sie an, nicht an konfessionellen oder religiösen Unterschieden kleben zu wollen. So werde es ein Christuszelt geben, unter dessen Dach sich etwa Baptisten mit Katholiken oder Protestanten treffen sollen. Die Veranstalter bilden auch das Berliner „House of One“ ab, eine geplante Begegnungs- und Bildungsstätte für Juden, Muslime und Christen. Damit trotz aller Interreligiosität jeder, der am Bahnhof ankomme, gleich sehe, worauf sich die Veranstalter beziehen, entstehe dort ein Turm mit der Bibel als Symbol an der Spitze.
André Schmitz, Vorsitzender des Kulturberatungskreises für die Weltausstellung, stellte das wohl am prominentesten besetzte Projekt der Ausstellung vor. Im alten Frauengefängnis der Stadt Wittenberg gestalten nationale und internationale Künstler wie Ai Weiwei, Jonathan Meese oder Günther Uecker Zellenräume. „Luther und die Avantgarde“ lautet der Titel dieser Installation, bei der die Künstler die Themen Luthers aufgreifen sollen.
Der Wittenberger Oberbürgermeister Torsten Zugehör lobte die Zusammenarbeit mit den Veranstaltern des Reformationsjubiläums: „Wir müssen darauf achten, was unsere Freunde von der Kirche in der Stadt tun, andererseits aber Vertreter des Staates im Rathaus sein“, erklärte er. Das habe aber bisher wunderbar funktioniert. Amüsiert fügte er hinzu, er habe als zuständiger Standesbeamter bereits Anfragen für Trauungen im Riesenrad erhalten und ziehe das in Erwägung. Bei der Eheschließung werde er dann aber darauf achten, dass sich das Paar auf dem Weg nach oben das Ja-Wort gebe, und nicht an der steilsten Stelle. (pro)
Von: al