Der Vorsitzende der Deutschen Evangelischen Allianz, Michael Diener, hat sich für Irritationen in der evangelikalen Bewegung im Zusammenhang mit zwei Interviews entschuldigt. Er erkenne in der Kontroverse eine „schmerzhafte Infragestellung“ seines Dienstes.
Von PRO
Foto: Antje Römer
Michael Diener will sich nach eigenen Worten „zurückhaltender und vermittelnder” zu kontroversen Themen äußern
Michael Diener, der im Hauptamt Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes ist und auch dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland angehört, nahm am Donnerstag in einer Erklärung Stellung zu „tief gehenden Verwerfungen und Irritationen“, die nach seinen Interviews mit der Tageszeitung Die Welt und dem Christlichen Medienmagazin pro im Dezember entstanden waren. Inhalt der Diskussion war unter anderem Dieners Position, praktizierende Homosexuelle könnten Mitarbeiter evangelikaler Gemeinden sein.
Die Irritationen bedauere er zutiefst, teilte Diener mit. „Ich erkenne darin auch eine schmerzhafte Infragestellung meines Dienstes, den ich als einen verbindenden und die Einmütigkeit wahrenden Dienst ausüben will.“ Ihm sei bewusst geworden, so Diener, dass er sich zurückhaltender und vermittelnder zu in pietistisch-evangelikalen Bewegungen strittigen Fragen äußern müsse, um Menschen nicht zu enttäuschen, zu verunsichern oder zu verärgern. „Dieses Versäumnis tut mir aufrichtig leid und fordert mich zu großer Behutsamkeit und weitgehend abgestimmten Inhalten auf“, teilte er mit.
Diener bat außerdem darum, „die notwendigen inhaltlichen Diskussionen, gerade auch zu Hermeneutik und Sexualethik weniger personalisiert, sondern sachorientiert“ zu führen.
Der Evangelist Ulrich Parzany, der auf die Äußerungen Dieners mit einem offenen Brief, der Gründung eines „Netzwerks Bibel und Bekenntnis“ und einem von 65 Evangelikalen erarbeiteten Papier reagierte, respektierte laut der Evangelischen Nachrichtenagentur idea in einer Reaktion die Entschuldigung Dieners und das Vorhaben, „die notwendigen inhaltlichen Diskussionen, gerade auch zu Hermeneutik und Sexualethik“, zu führen. Gleichzeitig zeigte er sich irritiert, dass der Allianzvorsitzende sich geäußert habe, obwohl der Geschäftsführende Vorstand nach eigenen Angaben bis zur Hauptvorstandsitzung im März keine öffentliche Erklärung abgeben wolle.
pro dokumentiert die Erklärung Dieners im Folgenden im Wortlaut:
Persönliche Erklärung Dr. Michael Diener
Durch meine beiden, am 14. Dezember 2015 veröffentlichten Interviews in der „Welt“ und dem Magazin „pro“ sind in der pietistisch-evangelikalen Welt tief gehende Verwerfungen und Irritationen entstanden. Das bedauere ich zutiefst. Ich erkenne darin auch eine schmerzhafte Infragestellung meines Dienstes, den ich als einen verbindenden und die Einmütigkeit wahrenden Dienst ausüben will.
Für alle Äußerungen im Rahmen des „Welt“-Interviews, die im pietistisch-evangelikalen Raum teils als unangemessene, öffentliche Kritik verstanden wurden, bitte ich die Menschen, die ich dadurch verletzt habe, ausdrücklich um Entschuldigung.
Weiter betone ich, dass ich zu keinem Zeitpunkt eine „subjektivistische oder die Wahrheit der Heiligen Schrift relativierende“ Bibelauslegung vertreten habe. Die Bibel ist Gottes lebendiges Wort an uns. Als solches ist sie der Maßstab und die Richtschnur für unser Leben und unsere Lehre. Unsere jeweils persönliche Erkenntnis findet dabei ihre Korrektur durch die Gemeinschaft der Glaubenden am Leib Christi, konkret in den Bekenntnissen der Kirchen oder Glaubensgemeinschaften.
Mir ist in den vergangenen Wochen sehr bewusst geworden, dass ich mich als Vorsitzender zurückhaltender und vermittelnder zu in pietistisch-evangelikalen Bewegungen strittigen Fragen äußern muss, um viele Menschen durch meine Stellungnahmen nicht zu enttäuschen, zu verunsichern oder zu verärgern. Dieses Versäumnis tut mir aufrichtig leid und fordert mich zu großer Behutsamkeit und weitgehend abgestimmten Inhalten auf.
Zugleich bitte ich darum, dass wir die notwendigen inhaltlichen Diskussionen, gerade auch zu Hermeneutik und Sexualethik weniger personalisiert, sondern sachorientiert führen. Das wird in den kommenden Wochen auch in der Mitgliederversammlung des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes und im Hauptvorstand der Deutschen Evangelischen Allianz geschehen. Ich will gerne dazu beitragen, dass wir aufgrund weitestreichender Übereinstimmungen in Fundament und Praxis unseres christlichen Glaubens auch dann beieinanderbleiben, wenn wir in einzelnen Sachfragen zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.
Bis dahin werde ich mich öffentlich nicht weiter äußern und ich bitte auch um Verständnis, dass ich die zahlreiche zustimmende wie auch kritische Korrespondenz nur zum Teil werde beantworten können.
Dr. Michael Diener, Präses Evangelischer Gnadauer Gemeinschaftsverband und Vorsitzender Deutsche Evangelischen Allianz, 28. Januar 2016
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