Merz offen für Diskussion über Abtreibungsverbot

Vor zwei Wochen hatte Friedrich Merz sich noch empört gezeigt über einen Vorstoß linker Abgeordnete, die den Abtreibungsparagrafen 218 streichen wollen. Nun findet er vorsichtigere Worte.
Von Nicolai Franz
Friedrich Merz

Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) hat sich offen für eine Diskussion darüber gezeigt, den Abtreibungsparagrafen 218 aus dem Strafgesetzbuch zu streichen – allerdings erst nach der kommenden Bundestagswahl.

In einem Interview der Zeitungen der „Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft“ sowie der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“ sagte er: „Große Teile der Welt beneiden uns um den mühsamen Kompromiss, den wir vor über dreißig Jahren gefunden haben. Ich finde, das war eine kluge Regelung. Aber natürlich kann man sich nach so vielen Jahren noch einmal neu mit dem Thema beschäftigten.“

Es gebe einen gesellschaftlichen Wandel in dieser Frage. „Ich bin selbstverständlich offen, darüber zu diskutieren, aber doch bitte nicht auf den letzten Metern vor der Wahl, ohne eine breite parlamentarisch und gesellschaftlich geführte Debatte“, so Merz. Vor zwei Wochen hatte sich Merz noch deutlich schärfer geäußert. Das Vorhaben provoziere einen „völlig unnötigen weiteren gesellschaftspolitischen Großkonflikt“.

Zum Hintergrund: Eine fraktionsübergreifende Gruppe von Abgeordneten bemüht sich derzeit um eine Mehrheit im Deutschen Bundestag, um Abtreibungen künftig nicht mehr im Strafrecht zu regeln. Demnach sollen Schwangerschaftsabbrüche in den ersten drei Monaten explizit erlaubt werden. Schwangere Frauen sollen aber weiterhin zu einer Beratung verpflichtet sein.

Wie sind Abtreibungen in Deutschland geregelt?

In Deutschland ist Abtreibung grundsätzlich strafbar (Paragraf 218 StGB). Sie bleibt jedoch unter bestimmten Voraussetzungen straffrei:

  • Beratungspflicht: Schwangere müssen sich bei einer anerkannten Stelle beraten lassen. Diese soll nicht nur neutral informieren, sondern auch ausdrücklich dazu ermutigen, das Kind auszutragen. Ziel ist es, Hilfen und Perspektiven aufzuzeigen, um das Kind auszutragen.
  • Frist von zwölf Wochen: Ein straffreier Abbruch ist bis zur zwölften Schwangerschaftswoche nach Empfängnis möglich. Zwischen Beratung und Eingriff müssen mindestens drei Tage Bedenkzeit liegen.
  • Medizinische und kriminologische Indikation: Nach der zwölften Woche ist ein Abbruch erlaubt, wenn das Leben oder die Gesundheit der Mutter ernsthaft gefährdet sind, oder die Schwangerschaft die Folge einer Vergewaltigung ist.

Wie kam es zu dieser Regelung?

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass der Staat verpflichtet ist, das Recht auf Leben ungeborener Kinder zu schützen, da es durch das Grundgesetz garantiert ist. Gleichzeitig müsse der Staat aber die Rechte und die Selbstbestimmung der Schwangeren achten. Die gesetzliche Regelung versucht, beide Interessen zu vereinbaren. Die heutige Regelung gilt daher als Kompromiss, der die Balance zwischen dem Schutz des ungeborenen Menschen und den Grundrechten der Schwangeren sucht.

Allerdings soll es keine Folgen haben, wenn die Schwangere auf eine Beratung verzichtet. Zudem soll die dreitägige Bedenkzeit zwischen Beratung und Abtreibung entfallen. Die Abgeordnetengruppe will noch vor den voraussichtlichen Neuwahlen am 23. Februar eine Abstimmung im Bundestag erwirken. Wie die Chancen dafür stehen, ist unklar. Gewöhnlich nehmen vergleichbare Gesetzesvorhaben im parlamentarischen Prozess mehr Zeit in Anspruch.

„Ein Hauruckverfahren würde dem Thema nicht gerecht werden“, so Merz. SPD und Grüne würden mit dem Abtreibungsrecht im Wahlkampf die Bevölkerung „spalten“ wollen. „Ich hoffe, dass beide Fraktionen da noch zur Vernunft kommen.“

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