Der Auftritt von Angela Merkel am Montag war ungewöhnlich. „Wir haben, weiß Gott, nicht alles richtig gemacht“, erklärte die Bundeskanzlerin im Bezug auf ihre Flüchtlingspolitik. „Wir waren keine Weltmeister bei der Integration. Wir müssen uns gleichsam selbst übertreffen, auch ich.“ Zu ihrer Entscheidung der Grenzöffnung im September 2015 sagte sie: „In der Abwägung war es absolut richtig, aber es hat letztendlich dazu geführt, dass wir eine Zeit lang nicht ausreichend Kontrolle hatten.“ Und Merkel gestand ein, dass ihr Satz „Wir schaffen das“ zu einer Leerformel verkommen ist, die sogar als provozierend verstanden wurde.
Vielen Kritikern war die Pressekonferenz nicht genug: Merkel vollziehe keinen klaren Kurswechsel und habe keine Strategie, lauten Vorwürfe. Und natürlich muss auch gesagt werden: Die Kanzlerin zeigt recht spät und erst unter dem Druck zweier weiterer verlorener Landtagswahlen Einsicht.
Diesen Kritikern sei aber gesagt: Dass ein deutscher Regierungschef so deutlich Schwächen einräumt, ist eine Seltenheit, für die Merkel Respekt verdient. Ungewohnt offen hat die Kanzlerin eingestanden, dass eine Mehrheit der Deutschen ihre Politik nicht versteht und sogar ablehnt – 82 Prozent, sagte die CDU-Chefin, wollen in eine andere Richtung. Nach den Beruhigungspillen, die Merkel im vergangenen Jahr bei Anne Will verteilte, ist das eine Kehrtwende. Ihre politischen Gegner können Merkel nun zumindest nicht mehr vorhalten, jegliche politische Bodenhaftung verloren zu haben.