Ihre Einführungsworte zur Podiumsdiskussion auf dem Deutschen Katholikentag begann Bundeskanzlerin Angela Merkel mit einem Zitat von Martin Luther King: „Wahrer Friede bedeutet nicht die Abwesenheit von Konflikten, sondern die Gegenwart von Gerechtigkeit.“ Mit dem Friedensminister des Vatikans, Peter Kardinal Turkson, und dem Friedensforscher Tilman Brück sprach Merkel anschließend über das Thema „Deutschland in einer veränderten Weltlage – wie umgehen mit Konfliktherden und aggressiven Regimes?“.
Bei der Friedenssicherung in Konfliktregionen dürften nie die einzelnen Schicksale der Menschen vergessen werden, ermahnte Merkel. „Eine unserer größten Aufgaben ist es, nicht abzustumpfen angesichts der vielen Bilder, die wir täglich sehen“, sagte sie. Die Bundeskanzlerin erinnerte außerdem daran, dass „wir in einer sehr sensiblen Zeit“ lebten. „Diejenigen, die die Schrecken des Zweiten Weltkrieges erlebt haben, werden bald nicht mehr unter uns sein.“ Deutschland sei zwar überzeugt, aus der Geschichte gelernt zu haben. Angesichts aktueller politischer Entwicklungen „bin ich da aber nicht immer so überzeugt“, sagte Merkel. Es sei deshalb wichtig, politische Entscheidungen gut zu überlegen, und bedacht zu agieren. Die Kanzlerin wiederholte zudem ihre Haltung zu Israel: „Die Sicherheit des Staates Israels gehört zur Staatsraison von Deutschland.“
Merkel erinnerte mit einem Bibelwort daran, dass auch der Einsatz für weltweite Gerechtigkeit ein wichtiger Bestandteil der Friedenssicherung sei. „Das Werk der Gerechtigkeit wird Frieden sein. Und der Ertrag der Gerechtigkeit werden Ruhe und Frieden sein“, zitierte sie den Propheten Jesaja.
Obwohl die USA das Abkommen mit dem Iran aufgekündigt hätten, wolle sie sich weiter für die transatlantische Partnerschaft einsetzen. „Ohne uns in die Tasche zu lügen, dass etwas Schwerwiegendes vorgefallen ist.“ Eine Partnerschaft sei weiter im Interesse von Deutschland. Merkel stellte klar, dass sich die Bundesregierung darüber hinaus „auch in schweren Zeiten für die Stärkung des Multilateralismus entscheiden“ werde. Diese Aufgabe sei jetzt „drängender denn je“. Mit US-Präsident Donald Trump habe sie bereits „harte Diskussionen“ geführt. Europa werde häufig vorgeworfen, dass es sich stärker finanziell in Sicherheitsfragen einbringen sollte nach dem Motto: „Kehrt vor eurer eigenen Haustür.“
Die Bundeskanzlerin betonte, dass sie viel Wert auf den politischen Dialog lege. Wenn dieser aussichtslos erscheine, verweigere sie zwar auch Gespräche, wie sie es zum Beispiel bei dem früheren Diktator Libyens, Muammar al-Gaddafi, getan habe. Jedoch „müssen wir sehr weit gehen bei der Frage, mit wem wir reden“. Sie nehme ihre Gesprächspartner immer ernst und führe keine „Fensterreden“.
Besondere Verantwortung für Afrika
Friedensforscher Brück sagte, in den politischen Dialog müssten immer die Menschen vor Ort einbezogen werden. „Frieden kann auch von unten entstehen“, sagte er im Hinblick auf die verschiedenen Konflikte in Afrika. „Der langfristig, wirksamste Dialog ist der mit der Bevölkerung.“ In Afrika sei in der Vergangenheit oft nicht genug geholfen worden. Die Menschen vor Ort seien vergessen worden und so seien Räume für autoritäre Strukturen und terroristische Aktivitäten geschaffen worden.
Auch Merkel sagte, dass Europa für den afrikanischen Kontinent eine besondere Verantwortung habe. Der Kolonialismus habe in der Vergangenheit „viel Schaden“ angerichtet. In diesem Zusammenhang erwähnte sie auch die Flüchtlingskrise und dankte denjenigen, die sich hierzulande für Flüchtlinge engagierten. Zwar sei ein neues Einwanderungsgesetz auf dem Weg und sie erhoffe sich, dass es „in zwei Jahren oder schneller“ wirksam werde. Doch Deutschland habe auch eine humanitäre Verantwortung, und die Asylsuchenden „können für das System nichts“.
Von: Swanhild Zacharias