Anlässlich des Jahrestages des russischen Überfalls auf die Ukraine haben am Freitag mehrere Friedensinitiativen zu einer Menschenkette zwischen Münster und Osnabrück, Städten des Westfälischen Friedens, eingeladen.
Auf der rund 50 Kilometer langen Strecke zwischen Osnabrück und Münster sollten nach dem Willen der Organisatoren Menschen eine geschlossene Kette bilden. Die dafür angepeilten 50.000 Teilnehmer kamen bei schlechtem Wetter allerdings nicht zusammen. Laut den Veranstaltern folgten am Freitag etwa 20.000 Menschen dem Aufruf zu der Friedensdemonstration. Am 24. Februar 2022 hatte der russische Präsident Wladimir Putin den Angriff auf das Nachbarland Ukraine gestartet.
Gegen 16 Uhr sollte die Kette zwischen Münster und Osnabrück geschlossen sein. Vor dem historischen Rathaus in Münster versammelten sich rund 350 Menschen. „’Frieden ist das höchste Gut.‘ So steht es auf der Kaminplatte im historischen Rathaus zu Münster, dort, wo 1648 mit dem Westfälischen Frieden der 30-jährige Krieg endete“, sagte der Münsteraner Weihbischof Stefan Zekorn in seiner Rede bei der Kundgebung vor dem Rathaus in der Münsteraner Altstadt. In dieser Überzeugung liege zugleich ein Auftrag, so Zekorn. „Nicht Gewalt, Krieg und Terror werden das letzte Wort haben, sondern Friedfertigkeit, Gerechtigkeit, und Nächstenliebe.“ Der Geistliche fügte hinzu: „Gott segne die Ukraine!“
Die Teilnehmer konnten sich vorab auf einer Webseite für einen bestimmten Streckenabschnitt anmelden. Doch schon in Münster selbst zeigten sich große Lücken in der Kette. Auf vielen Streckenabschnitten standen die Menschen in bis zu fünf Metern Abstand. Als um 16 Uhr die Menschenkette geschlossen werden sollte, läuteten in Münster und Osnabrück die Kirchenglocken bis zur gemeinsamen Schweigeminute um 16:07 Uhr. Anschließend wurde das Lied „Give Peace A Chance“ angestimmt, das auch die Radiosender NDR 1, Antenne Münster, Radio Steinfurt, Radio Osnabrück übertrugen.
Das Motto der Friedenskette lautete „Peace Now – von Friedenssaal zu Friedenssaal. Frieden – Gerechtigkeit – Klimaschutz“. Aufgerufen hatten mehrere Friedensinitiativen der Region, Sport- und Kulturvereine, Nachbarschaften, Kirchengemeinden, Chöre, Schulklassen und Verbände. Der Weg der Menschenkette war bewusst an der Strecke ausgerichtet, die bei den Verhandlungen des Westfälischen Friedens die Reiter abreiten mussten. Sie überbrachten die Botschaften zwischen den Rathäusern der beiden Städte. In den Friedenssälen wurde der Friedensschluss unterzeichnet, der 1648 den 30-jährigen Krieg beendete. Beide Städte begehen in diesem Jahr das Jubiläum 375 Jahre Westfälischer Frieden und erinnern mit zahlreichen Sonderveranstaltungen an die Bedeutung, aber auch an die Zerbrechlichkeit des Friedens.
Superintendent: „Krieg darf nach Gottes Willen nicht sein“
Die Organisatoren ziehen einen Vergleich zum historischen Ereignis und dem aktuellen Krieg: „Die Verhandlungen zum Westfälischen Frieden haben erst begonnen, als Europa zerstört und unzählige Millionen Opfer des Krieges zu beklagen waren. Wir fordern die Regierungen aller Länder auf, aus der Geschichte zu lernen und sich für Friedensverhandlungen einzusetzen.“ Gerade 2023 würden in vielen Ländern Kriege geführt, Hungersnöte herrschten und Menschenrechte würden missachtet, sagte Rixa Borns von der Friedensinitiative Münster FIM. Die Friedensstädte Münster und Osnabrück organisierten nach 2003 bereits zum zweiten Mal eine solche Friedenskette. Damals war der Anlass der Irak-Krieg.
Der Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Osnabrück, Joachim Jeska, war an der Planung der Veranstaltung beteiligt, und zwar „aus großer persönlicher Überzeugung heraus“, wie er gegenüber PRO sagte. Sein Kirchenkreis habe die Kirchengemeinden aufgefordert, an der Menschenkette teilzunehmen. Im Osnabrücker Kirchenkreis gibt es ungefähr 55.000 Gemeindemitglieder.
Die Botschaft sei klar: „Krieg darf nach Gottes Willen nicht sein.“ Jeska erklärte gegenüber PRO: „Wir müssen ein Zeichen setzen, das nicht nur lokal gesehen wird. Es ist wichtig, dass wir diesen Krieg in der Ukraine niemals zum Tagesgeschäft übergehen lassen und nur noch allabendlich in den Nachrichten zur Kenntnis nehmen, welche Städte wieder bombardiert wurden, welche Infrastruktur zerstört wurde und wie viele Menschen gestorben sind. Wir müssen deutlich machen: Dieser Krieg muss ein Ende haben! Die Parteien müssen an den Verhandlungstisch.“
Dass auch der Klimaschutz von den Organisatoren im Motto extra betont wird, findet Jeska richtig: „Der Klimaschutz spielt ja grundsätzlich in der Evangelischen Kirche seit Jahrzehnten eine wichtige Rolle – bei uns heißt es eben ‚Bewahrung der Schöpfung‘, aber das bedeutet am Ende ja auch Klimaschutz.“ Im Kontext des Ukraine-Krieges spiele das Thema ebenfalls eine große Rolle: „Ein Krieg und die Zerstörung haben große Auswirkungen auf das Klima und den Klimaschutz. In der Ukraine bringt der Krieg und alles, was damit verbunden ist, enorme Emissionen mit sich. Das ist – neben dem Tod von Menschen – fatal.“