Der Menschenhandel geschieht vor unserer Haustür. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Frank Heinrich und sein Co-Autor Uwe Heimowski möchten auf die Schicksale dieser betroffenen Menschen hinweisen. Das Buch „Der verdrängte Skandal“ prangert die ungeahnten Ausmaße des Skandals an, der nicht nur in Osteuropa oder Asien stattfindet, sondern auch in Deutschland.
Der illegale Sklavenmarkt wächst. Zu diesem Ergebnis kommen die beiden Autoren. Sie wollen deswegen nicht schweigen. Aus ihrem persönlichen Engagement ist das Bündnis „Gemeinsam gegen Menschenhandel“ entstanden. Es soll dabei helfen, dass die Opfer nicht länger Opfer bleiben. In dem Buch des Brendow-Verlags zeigen die Autoren exemplarische Biographien aus dem Leben.
Ein florierendes Geschäft
In vielen Lebensgeschichten wird eines deutlich: Die Betroffenen wünschen sich ein normales Leben. Oft sind Zwänge und Verpflichtungen damit verbunden, dass sie sich ausnutzen lassen. Etwa für die Prostituierte, die im Buch mit ihrem Vornamen Ilana genannt wird, bedeutet ein Leben in Freiheit auch Ungewissheit. Beklemmend ist der Beitrag „Nachts auf dem Straßenstrich“, in dem der Berliner Verein „Alabaster Jar“ von seiner ehrenamtlichen Arbeit in Berlin berichtet. Er macht deutlich, wie und unter welchen Bedingungen Prostiuierte arbeiten müssen.
Der Leser erfährt, dass es 2016 weltweit immer noch 46 Millionen Sklaven gibt. Die Dunkelziffer dürfte noch höher liegen, auch weil das florierende Geschäft im Untergrund geschieht. Die Opfer werden immer jünger. Nicht nur deswegen geht den beiden Autoren die Bekämpfung dieser Kriminalität nicht weit genug. Eine Betroffene, die namentlich nicht genannt wird, berichtet von einer Kindheit als Gegenstand und nicht als Kind. Sie wurde sexuell ausgebeutet.
Gesetz an der Realität des Milieus gescheitert
Das Buch skizziert Geschichten von Menschen, die den Absprung geschafft haben oder auch nicht. Es bietet zudem praktische Hinweise zu den Herausforderungen, der Betreuung und Begleitung der Betroffenen oder für die Arbeit in der Nachsorge. Kritische Worte findet Gerhard Schönborn vom Berliner Verein „Neustart“ für das eingeführte Prostitutionsgesetz. Es sei an der Realität im Milieu gescheitert. Für Schönborn ist mit dem Gesetz die „sexuelle Ausbeutung“ zu einer gesellschaftlich akzeptierten Normalität geworden.
Ernüchternd wird es, wenn ein Filmteam von seinen Erfahrungen auf der Suche nach den Spuren des Frauenhandels geht. Dabei seien die Menschenhändler häufig „Improvisationskünstler und Chamäleons“, die ihre Opfer durch Täuschungen anwerben und dann mit perfiden Methoden in der Zwangsprostitution halten.
„Der verdrängte Skandal“ ist kein Buch, das der Leser zur Hand nimmt, um sich unterhalten zu lassen. Viele Geschichten daraus bewegen und emotionalisieren. Dabei geht es um ein Geschäft, das bisher kaum im Fokus des Rezensenten und vielleicht in dem vieler anderer Menschen war. Die Betroffenen wollen oft einfach nur ein neues Leben beginnen. Uwe Heimowski zeigt deswegen in einem Kapitel auch rechtliche Defizite auf, die im Kampf gegen den Menschenhandel bestehen.
Zum Schluss des Buches bekommt der Leser noch eine Übersicht dazu, was er gegen den Menschenhandel tun kann. Einiges davon ist ein erster Schritt: sich selbst und andere darüber informieren. Dafür leistet das Buch wertvolle Arbeit. (pro)
Frank Heinrich/ Uwe Heimowski (Hrsg.), Der verdrängte Skandal: Menschenhandel in Deutschland, Brendow-Verlag, 15 Euro, ISBN 978-3-86506-894-1.
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