Michaels Leben hat sich nach seiner Bekehrung jedenfalls grundlegend verändert. Er hat nicht nur seine alten Freunde verloren sowie seine Frau und damit das Recht, seine Kinder immer um sich zu haben. Er hat auch seine Führungsposition in einer Versicherung aufgegeben und gegen eine niedrigere Stelle eigetauscht. „Weil ich mehr Zeit für Gott haben wollte“, erklärt Michael. „Job war super, Familie war super, Ehe war super, Freunde waren super, man kann sagen, ich war auf einem ziemlich hohen Level“, sagt er. Und doch tat er den Schritt zum Glauben und ist jetzt engagiertes Mitglied seiner Gemeinde, von der manche sagen, sie sei die einzige deutsche „Mega-Church“. Michaels Arbeitskollegen wollten jedoch hinfort nichts mehr mit ihm zu tun haben. Und auch seine Frau trennte sich von ihm – wegen seines Glaubens.
Spezies Christ unter der Lupe
Der Film „Mein Erlöser lebt“ wurde von der Produktionsfirma „Filmtank Stuttgart“ in Zusammenarbeit mit der Filmakademie Baden-Württemberg und dem SWR gedreht. Zur Biblischen Glaubensgemeinde in Stuttgart kommen jedes Wochenende über 4.000 Gottesdienstbesucher, Tendenz steigend. „Im Zentrum des Films von Tobias Müller steht die Frage danach, was die Menschen, die einer solchen Kirche beitreten, suchen und was sie dort bekommen“, heißt es im Informationsmaterial. Und so begleitete Müller die drei sehr unterschiedlichen Protagonisten durch ihr Leben, auf ihrem Weg in die Gemeinde oder bei ihren Einsätzen für den Glauben.
Vieles ist banal und dürfte sich nicht sehr von den Alltäglichkeiten anderer Exemplare der Gattung Mensch unterscheiden. Doch die Spezies Christ und deren natürlicher Lebensraum birgt dann doch hier und da einige Überraschungen für den Dokumentarfilmer. Grundsätzlich dürfte aber auch vom neugierigen Nichtchristen am Ende das Fazit gezogen werden: diese Christen leben eigentlich normal. Sie haben nur einen Tick: sie richten ihr ganzes Leben und manchmal auch ihre Arme nach Gott hin aus und wollen fast jedem von ihrem Erlöser Jesus erzählen.
Fort mit dem alten Leben
Martina, die soeben eine leitende Rolle in der Gemeinde übernommen hat, hat ihrer Familie ihre Entscheidung, Christ zu werden, nicht vermitteln können. Auch sie hat einiges im Leben umgekrempelt. Sie lässt sich ein Schulter-Tattoo aus ihrem alten Leben entfernen, erträgt die Schmerzen jedoch in Gedanken daran, dass Jesus wahrscheinlich mit Peitschen aus Scherben und Nägeln geschlagen wurde. Ein Klacks gegen die kurzen Laser-Blitze. Ansonsten sehen wir Martina bei ihren Besuchen im Hauskreis, bei der Gottesdienstvorbereitung, beim Joggen, beim Kochen, beim Autofahren.
Als leichte Kino-Unterhaltung hat „Mein Erlöser lebt“ wenig Chancen. Dazu ist das Gezeigte zu alltäglich. Die Würze liegt vielmehr im Gesprochenen. Die Filmemacher halten sich dabei vollständig zurück, es gibt weder einen Off-Kommentar noch Einblendungen. Erst was die Gefilmten sagen und von ihren innersten Überzeugungen mitteilen, lässt den Zuschauer staunen, wie konsequent und begeistert sie ihren Glauben leben.
Grinsend erzählt Michael davon, dass er früher „absoluter Hardrock-Fan“ war. Irgendwann zeigte ihm Gott jedoch, dass er seine alten Musik-Relikte wegwerfen solle. Er tat es – bis auf die Platten von „ACDC“. „Doch jedesmal, wenn ich an den Platten vorbeiging, hat Gott zu mir gesprochen“, erzählt Michael. „Er hat gesagt: Wirf die auch raus.“ Er gehorchte und warf auch die weg – bis auf eine: die letzte und für ihn am ungefährlichsten erscheinende Platte der Band, die betont antichristlich eingestellt war. Dieses sehr frühe Album sei musikalisch ganz gewöhnlicher Rock’n’Roll und textlich für Christen unverwerflich, fand Michael. Gott sagte er: „Die kann ich doch aber behalten, oder?“ Und auf einmal habe er keine Antwort mehr von Gott bekommen. „Das war der Hammer.“ Doch plötzlich verspürte er auch bei dieser CD nicht mehr den Wunsch, sie zu behalten. Und so warf er auch die weg. „Das gibt mir heute nichts mehr“, sagt er über die Hardrockmusik.
Mehrmals kommt auch der Pastor der Gemeinde, Peter Wenz, im Film zu Wort. Da die Kamera auch in einigen Gottesdiensten mit dabei war, sieht man Ausschnitte aus seinen Predigten, aber auch in einem persönlichen Interview ist er zu hören. „Wir sind als Gemeinde eben kein lascher, lahmer Haufen, wo jeder macht, was er will“, so Wenz.“Man könnte uns am ehesten mit einer Armee oder mit einer Fußballmannschaft oder mit einem Basketballteam vergleichen. Da gibt’s bestimmte Regeln, jeder hat seinen Platz und seine Aufgabe, seine Rechte, seine Pflichten, und nur so können wir als Mannschaft erfolgreich sein.“
Der Film „Mein Erlöser lebt“ wird am Donnerstag, den 9. Oktober um 20.30 Uhr im Stuttgarter Kino „Cinema“ erstmals der Öffentlichkeit gezeigt. Anschließend läuft er bis zum 15. Oktober jeweils um 19 Uhr im täglichen Programm des Kinos.
Nachtrag: Der Film von Tobias Müller wird am kommenden Montag, 13. Oktober 2008 um 23.15 auch im SWR Fernsehen gezeigt. (PRO)