Das Integrationsbarometer des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen (SRV) zeigt: Das Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft wird überwiegend positiv wahrgenommen, und das sowohl unter Menschen mit, als auch ohne Migrationshintergrund der Fall. Eingetrübt habe sich das Integrationsklima in den Jahren 2016 und 2017 dort, wo der Integrationsalltag nicht persönlich erlebt wird, teilten die Initiatoren der Studie mit.
Der SVR für Integration und Migration hat die repräsentative Umfrage zum Integrationsklima in Deutschland durchgeführt. Dabei wurden rund 9.300 Personen mit und ohne Migrationshintergrund bundesweit befragt. Über 70 Prozent der Befragten haben einen Migrationshintergrund.
„Flüchtlinge bereichern das Land“
In allen Herkunftsgruppen geht die Mehrheit davon aus, dass Flüchtlinge Deutschland kulturell wie wirtschaftlich bereichern, geht aus der Umfrage hervor. Nur ein kleiner Teil der Befragten findet, dass Flüchtlinge den Wohlstand in Deutschland bedrohen. Von den Spät-/Ausgesiedelten sehen 45 Prozent die Flüchtlinge am häufigsten als Bedrohung für den Wohlstand an. Am zuversichtlichsten ist die deutsche Mehrheitsbevölkerung: Nur etwa 28 Prozent dieser Gruppe sehen aktuell den Wohlstand bedroht.
Die Befragten ohne Migrationshintergrund sind zu 60 Prozent dafür, weiterhin Flüchtlinge aufzunehmen, auch wenn Deutschland das einzige Aufnahmeland in der EU wäre. Bei den Zuwanderergruppen schwanken die Werte: Am höchsten ist die Zustimmung bei den Türkeistämmigen, hier liegt sie noch etwas höher als bei der Mehrheitsbevölkerung. Deutlich zurückhaltender sind die Spät-/Aussiedler: Hier ist die Mehrheit dagegen. Beim Thema Kriminalität sind die Meinungen gespalten: Fast die Hälfte der Befragten ohne Migrationshintergrund glaubt, dass Flüchtlinge die Kriminalität erhöhen. Von den Spät-/Ausgesiedelten meinen das dagegen über zwei Drittel.
Die Mehrheit der Befragten ist dafür, den Flüchtlingszuzug im Umfang zu begrenzen. Von den Teilnehmern ohne Migrationshintergrund stimmten 29,7 Prozent dem „voll und ganz“, und 27,7 Prozent „eher“ zu. Von den Spät-/Aussiedlern waren sogar 43,4 Prozent „voll und ganz“ und 23,2 Prozent „eher“ für eine Obergrenze für den Zuzug von Flüchtlingen. Nur von den Türkeistämmigen möchte eine knappe Mehrheit keine solche Beschränkung.
Skepsis bei Kopftuch
Die Frage, ob es Muslimas in Schulen und Behörden erlaubt sein soll, ein Kopftuch zu tragen, ist weiterhin umstritten: Von den muslimischen Befragten – unabhängig von der Herkunft – sind rund acht von zehn dafür. Christliche Befragte mit Migrationshintergrund sind hier skeptischer: Nur rund 41 Prozent finden, dass das Kopftuch erlaubt sein sollte. Wenn das Kopftuch in einer Behörde getragen werden soll, würden dies rund 52 Prozent der Mehrheitsbevölkerung gestatten, bei den der Spät-/Ausgesiedelten 47 Prozent, 79 Prozent der Türkeistämmigen, 51 Prozent der EU-Zuwanderer und etwa 61 Prozent derer aus der „übrigen Welt“.
Außerdem sei es angesichts der Umfrageergebnisse „kaum zulässig, allgemein von einem ostdeutschen Integrationspessimismus zu sprechen“, teilten die Experten mit. Eingetrübt habe sich das Integrationsklima hauptsächlich dort, wo Menschen keine persönlichen Erfahrungen mit kultureller Vielfalt haben. Dieser Befund gelte für Ost und West gleichermaßen.
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), sagte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa), die Studie zeige, dass das Zusammenleben vor allem da als harmonisch empfunden werde, wo es direkte Kontakte gebe. Deshalb sei es wichtig, mehr Gelegenheiten und Orte für Begegnung zu schaffen. „Schulen sind ja geradezu Kompetenzzentren für Integration“, sagte die Staatsministerin. Interkulturelle Kompetenz müsse in der Lehrerausbildung daher mehr Gewicht bekommen. Die Vielfalt der Gesellschaft müsse sich auch im Lehrerkollegium widerspiegeln.
Der Sachverständigenrat geht auf eine Initiative der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung zurück. Der Initiative gehören sieben Stiftungen an, darunter die VolkswagenStiftung, Bertelsmann Stiftung und die Robert Bosch Stiftung. Für das Integrationsbarometer werden alle zwei Jahre über 5.000 Personen nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und telefonisch befragt.
Von: Jörn Schumacher