„Eigentlich ist die Konferenz nicht das Große“ – verblüffende Worte von Johannes Hartl, dem Gründer des Gebetshauses Augsburg. Bedenkt man, dass die „MEHR“ 2020 sämtliche Rekorde bricht: 12.000 Teilnehmer, 170 Aussteller, mehr als 600 Helfer und das gesamte Messegelände in „christlicher Hand“. Doch es sind die leisen und eher unscheinbaren Töne, die Hartl in den Vordergrund rücken will. Die Konferenz sei der „Ausfluss einer inneren Haltung“, die das Gebetshaus die restlichen 361 Tage im Jahr ausstrahle, erklärt der katholische Theologe. Das versuche die „MEHR“ zu transportieren.
Dass diese Aussagen keine leeren Phrasen sind, bestätigt ein Blick ins Programmheft der Konferenz. Von morgens bis abends finden Lobpreiszeiten statt, die nur gelegentlich von Vorträgen unterbrochen werden. Es gibt „Räume der Stille“, in denen man dem Trubel der Messehallen entfliehen, sich die Beichte abnehmen lassen kann und Ruhe für Gebet findet. Wer diese Räumlichkeiten sucht, muss einfach seiner Nase folgen – im wahrsten Sinne des Wortes. Je näher man dem Gebetsraum kommt, desto intensiver wird der Weihrauchgeruch.
Generell hat das Thema Gemeinschaft einen sehr hohen Stellenwert. Nicht nur mit Gott, auch mit anderen Besuchern. Um die Kontaktaufnahme zu erleichtern, wurden bei der Eröffnungsveranstaltung Kärtchen mit kleinen Aufgaben verteilt. So müssen die Besucher füreinander beten, sich umarmen oder sich gegenseitig Gottes Liebe zusprechen – Zeit dafür hat man an allen vier Konferenztagen.
Ökumene mit kleinem Abstrich
Beim Thema Abendmahl/Eucharistie muss dann aber die konfessionsübergreifende Gemeinschaft kurz unterbrochen werden. Katholiken und Protestanten feiern getrennt die Kommunion. Das tut dem Miteinander aber keinen Abbruch. Jeder solle das Abendmahl so feiern, wie es seine religiöse Überzeugung ist, betonte Hartl zu Beginn der Konferenz – und das ist auch richtig so.
Einer der im Vorfeld bereits angekündigten Höhepunkte war das Forum „MEHR-Theologie“. Zwar hielt die dreieinhalbstündige Veranstaltung die in sie gesetzten Erwartungen, beanspruchte aber auch im hohen Maß die Ausdauer und Gehirnzellen der Zuhörer. Im Laufe der Debatte schrumpfte die Zuhörerschaft zusehends – obwohl die Dozierenden sich alle Mühe gaben, eine gutverständliche Sprache zu finden. Das Ziel des Veranstalters, eine (wissenschaftliche) Debatte über die Kluft zwischen akademischer Theologie und Gemeinde loszutreten, dürfte dennoch geglückt sein – auch wenn das Forum eindrücklich zeigte, wie herausfordernd die Debatte für alle Beteiligten wird.
Von: Martin Schlorke