In einem offenen Brief wenden sich Journalisten am Mittwoch an Bundesinnenminister Horst Seehofer. Er solle Vorkehrungen für deren Sicherheit treffen, schreiben die „Neuen deutschen Medienmacher*innen“, nach eigenen Angaben ein bundesweiter Zusammenschluss von Journalisten. In dem Schreiben ist von „sogenannten Todeslisten“ Rechtsextremer die Rede, auf denen die Namen von Redakteuren und Reportern geführt würden. „Die Pressefreiheit ist ein Grundpfeiler unserer Demokratie. Doch immer mehr Kolleg*innen fühlen sich bedroht. Sie erleben in ihrem Arbeitsalltag Hass, Anfeindungen und Drohungen“, heißt es weiter.
Vom Innenminister fordern die Journalisten, Personen und Organisationen, die auf solchen Listen auftauchen, darüber zu informieren und sie zu schützen, etwa durch Auskunftssperren für Privatadressen im Melderegister. Ihre Kritik: „Eine Strategie gegen die Einschüchterungsversuche und für den Umgang mit der Bedrohungslage von Medien fehlt offenbar.“
Streit um Feindeslisten seit Juli
Der öffentliche Streit zwischen Behörden und Journalisten wegen rechter Feindeslisten dauert bereits seit Juli an. Medienberichte thematisierten, dass offenbar tausende Namen und Adressen in solchen Registern geführt werden – unter ihnen soll auch der im Juni durch einen Kopfschuss getötete Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke (CDU) gewesen sein. Die Listen sind immer wieder auch mit allgemeinen Drohungen versehen.
Medienschaffende forderten daraufhin von Bundes- und Landeskriminalämtern, die Gelisteten zum Zweck des Selbstschutzes zu informieren. Das Bundesinnenministerium aber wies sie ab. „Bei konkreter Gefährdung werden Betroffene informiert“, teilte Minister Seehofer zwar Ende Juli mit. Informationen über den politischen Gegner zu sammeln, sei aber im Bereich der politisch motivierten Kriminalität üblich. Hinweise auf eine konkrete Gefährdung der auf den Listen Benannten gebe es nicht. „Der derzeit in der medialen und öffentlichen Diskussion verbreitete Begriff der ‚Feindes-‚ oder gar ‚Todesliste‘ ist daher konsequent zurückzuweisen“, erklärte das Innenministerium weiter.
Der Journalist Arne Semsrott strengte daraufhin ein Verfahren an, das Verwaltungsgericht Wiesbaden aber gab den Behörden recht. Einzelne Landeskriminalämter entschieden daraufhin, die Betroffenen freiwillig zu informieren.
Von: Anna Lutz