Geht es nach WDR-Intendant Tom Buhrow, dann sollen junge Menschen das Alte und Neue Testament kennen. Das antwortete er im Rahmen der Netzkonferenz Republica auf die Frage, welches Wissen wichtig sei. Literatur, Filme und Musik sowie die Grundzüge der hiesigen Kultur seien ohne die Kenntnis der Bibel nicht zu verstehen. Zwar sei sie „drastisch, blutig, dramatisch“, aber sie biete „Bilder, die zum Menschheitserbe gehören“, sagte Buhrow. Wer die Bibel nicht kenne, dem fehle ein wichtiges Fundament. In der Schule sei es außerdem wichtig, Kindern die Botschaft zu vermitteln: „Du bist so gewollt, wie du bist.“ Früher sei es die Kirche gewesen, die diesen Grundsatz an Kinder weitergegeben habe, heute seien Pädagogen gefragt, das zu tun.
Buhrow zeigte sich kritisch gegenüber den neuen Möglichkeiten des Internets: „Wir haben auf jeden Fall Zugang zu mehr Wissen“, sagte er, und das sei auch eine Bereicherung. Aber das alleine bedeute nicht, dass die Menschen auch gebildeter seien. Es fehle oft die Einordnung in das große Ganze. Heute finde jeder die Wahrheiten im Netz, die er suche. Expertenmeinungen seien zu fast allem verfügbar, und seien sie noch so randständig. Kaum jemand eigne sich durch das schnelle Suchen nach Fakten im Netz wirkliches Wissen an. Stattdessen folge das Nutzen von Sozialen Medien und verschiedenen Apps der Struktur eines Belohnungssystems: Immer neue Impulse befriedigten das kurzfristige Bedürfnis nach News. Nachhaltig sei das aber nicht.
Debatte soll nicht zum „Brüllwettbewerb“ verkommen
Gerade im Kommentarbereich von Medienunternehmen stelle er eine allgemeine Gereiztheit fest. Die Netzgemeinschaft müsse aufpassen, dass die Auseinandersetzung online nicht zum „Brüllwettbewerb“ verkomme. In den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sieht Buhrow ein Forum für öffentlichen Austausch und zur Meinungsbildung. Dort werde kein „Erregungszustand“ abgebildet. Stattdessen versuchten die Journalisten, Wissen so ehrlich wie möglich weiterzugeben, ohne zu bevormunden. „Ich halte das für extrem wichtig für die Demokratie“, sagte Buhrow. Alles in allem habe Deutschland die beste Medienlandschaft der Welt.
Buhrow ist einer von über 1.000 Sprechern auf der diesjährigen Republica. Sie steht unter dem Motto „tl;dr“ (Internetabkürzung für „too long, didn’t read“, zu deutsch: zu lang, nicht gelesen). Die Organisatoren widmen sich nach eigenen Worten „der Langform, dem Kleingedruckten, den Fußnoten, der Kraft der Recherche, der Kraft der Kontroverse und der Dringlichkeit, die Themen, die uns spalten (oder vereinen!) nicht zu vereinfachen“. Schwerpunkte der Konferenz sind Nachhaltigkeit, Informationsflut im Netz, Europawahl und vieles mehr. Erwartet werden rund 30.000 Besucher.
Von: Anna Lutz