Studie: Medien werden ihrem Publikum fremd

Eine Langzeitstudie der Universität Mainz bringt widersprüchliche Ergebnisse hervor: Die Mehrheit der Deutschen vertraut den etablierten Medien bei wichtigen Fragen. Aber immer mehr Menschen haben das Gefühl, dass die Berichterstattung nichts mit ihrem Leben zu tun hat.
Von Jonathan Steinert
Medien stützen in der Corona-Pandemie die Corona-Maßnahmen, seien allerdings nicht unkritisch, so eine Studie

Das Vertrauen der Deutschen in die etablierten Nachrichtenmedien hat sich in den vergangenen Jahren wieder stabilisiert. Das ist einer der Befunde, die Mainzer Kommunikationswissenschaftler in einer Langzeitstudie beobachtet haben. 44 Prozent der Befragten vertrauen den Medien, wenn es um wichtige Fragen geht, wie etwa Gefahren für die Gesundheit oder die Umwelt oder auch um politische Skandale. Das ist der höchste Wert, der seit Beginn der Studie 2008 gemessen wurde.

Das meiste Vertrauen – das von zwei von drei Deutschen – genießt nach wie vor das öffentlich-rechtliche Fernsehen, auch wenn es einige Einbußen im Vergleich zum Vorjahr hinnehmen musste. Direkt dahinter liegen die regionalen und mit etwas Abstand die überregionalen Tageszeitungen. Boulevardzeitungen werden für am wenigsten vertrauenswürdig gehalten. Auch gegenüber Informationen in den Sozialen Medien, auf Videoplattformen oder Weblogs sind die Befragten sehr skeptisch. Weniger als sechs von hundert Deutschen schenken diesen Quellen weitgehendes Vertrauen.

Es zeigt sich in der Studie aber ebenso, dass immer mehr Menschen das Gefühl haben, die Berichterstattung der Medien habe nur noch wenig mit dem eigenen Leben und Positionen zu tun. 42 Prozent der Studienteilnehmer geben an, dass sie die gesellschaftliche Lage anders wahrnehmen, als es die Medien berichten. 27 Prozent sind der Meinung, dass die Medien Themen und Meinungen nicht ausreichend berücksichtigen, die ihnen wichtig sind – wobei nicht danach gefragt wurde, um welche Themen es sich dabei handelt. Alle Werte, die in diesem Fragekomplex in diese Richtung weisen, sind im Vergleich zu 2017 gestiegen.

Weiterhin gibt es einen festen Kern von Menschen, die die etablierten Medien pauschal und polemisch kritisieren, stellten die Forscher fest: „Jeder vierte Bürger in Deutschland hält die Medien nicht für vertrauenswürdig und wirft ihnen gezielte Manipulation vor.“ Zudem fällt das Vertrauen in die Berichterstattung über verschiedene Themen unterschiedlich aus. Wenn es um Flüchtlinge, den Islam oder Ausländerkriminalität geht, wollen sich weniger Bürger auf die Medien verlassen als etwa zur Berichterstattung über den Dieselskandal. Auch nehmen mehr Menschen bei diesen Themen ein Redeverbot wahr: Jeder Dritte ist der Ansicht, dass man öffentlich nicht sagen dürfe, dass durch Flüchtlinge die Kriminalität in Deutschland zunimmt.

„Insgesamt legen die Befunde nahe, dass das Vertrauen in die etablierten Medien im Zuge der Lügenpresse-Debatte keineswegs in großem Stil erodiert ist. Dennoch hat sich ein relevanter Kern an Kritikern herausgebildet, der die etablierten Medien pauschal verurteilt“, resümieren die Forscher. Diese Kritiker neigten häufig dem linken oder rechten politischen Rand zu, seien tendenziell formal weniger gebildet und blickten auch pessimistischer auf die eigene wirtschaftliche Zukunft als jene, die Medien nicht pauschal verurteilten.

Für die Studie zum Thema Medienvertrauen befragen die Forscher der Universität Mainz seit 2008 in mehreren Wellen repräsentativ Menschen in Deutschland. Für die aktuelle, fünfte Erhebung wurden im Oktober und November 2018 1.200 Bürger befragt. Im Herbst dieses Jahres ist eine weitere Erhebung geplant.

Von: Jonathan Steinert

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