Der Presserat wird sich mit einem Cover des Wochenmagazins Der Spiegel befassen, auf dem eine Zeichnung von US-Präsident Donald Trump zu sehen ist, der einen blutigen, abgeschlagenen Kopf der Freiheitsstatue und ein Messer in Händen hält. Wegen der Relevanz des Themas und der hohen Anzahl an Beschwerden sei die Vorprüfung des Gremiums bereits erfolgt, berichtet der Branchendienst Meedia. Am 23. März werde sich der Beschwerdeausschuss mit dem Fall beschäftigen.
Das Titelblatt ist eine Zeichnung des kubanischen Künstlers Edel Rodriguez und zeigt außerdem den von Trump regelmäßig verwendeten Slogan „America First”. Mehrere Leser sehen laut dem Bericht in der Darstellung Trumps die Opfer von Terroranschlägen verhöhnt oder die Menschenwürde verletzt. Andere werten die Zeichnung als einen Verstoß gegen Ziffer neun des Pressekodex, wo es heißt: „Es widerspricht journalistischer Ethik, mit unangemessenen Darstellungen in Wort und Bild Menschen in ihrer Ehre zu verletzen.“
Spiegel-Chef sieht Trump als Demagogen
Am Dienstag hatte der Chefredakteur des Spiegel, Klaus Brinkbäumer, in einem Leitartikel das umstrittenen Cover verteidigt und Trump als Demagogen in eine Reihe mit Erdogan, Putin und Orbán gestellt. Es sei nicht absurd, zu vermuten, dass sich in den USA eine Autokratie entwickle.
Brinkbäumer erwähnt positive Reaktionen der amerikanischen Linken auf das Cover und ergänzt: „Auch die Bewertungen unserer Leser und Leserinnen in Deutschland sind fulminant, nämlich zahlreich und leidenschaftlich in zwei Richtungen, von ,genial‘ bis ,das ist krank, ihr braucht einen Therapeuten‘; manche schreiben, der Titel sei allzu brutal.”
„Hyperventilierender Anti-Trump-Journalismus”
Eine andere Sicht vertritt ein US-Korrespondent der Tageszeitung Die Welt, Clemens Wergin. „Tatsächlich beschädigt solch ein Cover nicht etwa den neuen US-Präsidenten, es beschädigt den Journalismus” schreibt er. Durch das Cover werde das Vorurteil bestätigt, viele Medien berichteten nicht unvoreingenommen und Journalisten würden lieber ihr eigenes Weltbild verbreiten.
Wer Trump mit dem IS vergleiche, mache sich lächerlich, schreibt Wergin und kritisiert einen „hyperventilierenden Anti-Trump-Journalismus”. Diese Form des Journalismus stumpfe das Publikum ab. „Es ist verantwortungslosen Übertreibungen wie diesem Spiegel-Titel zuzuschreiben, wenn der Journalismus heute nur noch eine stumpfe Waffe ist im Kampf für Aufklärung und gegen die populistische Vereinfachung”, erklärt Wergin. (pro)
Von: mb