Die erste Online-Kirche für Computerspieler hat der 27-jährige Matt Souza gegründet. Seine Gottesdienste hält er über das erfolgreiche Live-Streaming-Videoportal Twitch ab, das zu Amazon gehört. Die Washington Post portraitierte den ungewöhnlichen Pastor, der im Netz als „Pastor Souzy“ bekannt ist, und der selbst passionierter Computerspieler ist.
Jede Woche am Samstagabend um 19.30 Uhr überträgt Souza seinen „Gottesdienst“, bei dem er Spiele spielt, sie kommentiert und dabei über Jesus und den Glauben spricht. Seine Kirche nennt er GodSquad Church, die weltweit erste Online-Kirche für Gamer. Souza gründete sie 2016 und meldete sie innerhalb der evangelikalen Gemeinde Assemblies of God an. Sein Ziel: Das Wort Gottes online unter Computerspielern verbreiten. Erfahrungsgemäß gehören dieser Gruppe viele Atheisten und Skeptiker an.
Souza spricht bei seinen Live-Übertragungen auch über Spiele, etwa sein derzeitiges Lieblingsspiel „Old School RuneScape“. Darin könne er durchaus eine Botschaft fürs Leben ableiten: Es spiegele nämlich die Art und Weise wider, wie wir manchmal andere Menschen verurteilen. Dabei sei der beste Standard, um Menschen zu beurteilen, der Standard Gottes, sagt Souza.
„Dein Leben, wie es jetzt gerade ist, hat vielleicht nicht die beste Grafik, und du bist vielleicht nicht der schlaueste Spieler, oder du bist nicht der Sportlichste. Aber wir müssen uns nicht an menschlichen Maßstäben orientieren. Die eigentlichen Maßstäbe hat Gott gesetzt. Und nach dem zu urteilen, bin ich geliebt und wertvoll, auch wenn ich immer zu kurz komme.“
„Mit den Leuten über Jesus reden, während man ihnen ins Gesicht schießt“
Souza, der von seiner Wohnung in Richmond aus die Übertragungen durchführt, lebt von den Spenden seiner Besucher, berichtet die Washington Post. Er verzichte auf das typische Outfit eines Pastors, und gehe ohne Anzug und Krawatte vor die Kamera, stattdessen in Jeans und T-Shirt. Die meisten seiner Zuhörer hat er noch nie im echten Leben gesehen, viele kennt er nur von ihrem Nicknamen.
Er freue sich, Menschen über die Plattform zu erreichen, die sonst kaum jemand erreiche. Schätzungen zufolge spielen weltweit rund 2,6 Milliarden Menschen regelmäßig Computerspiele. In den USA wird in fast zwei Dritteln der Haushalte gespielt. „Das würde ich als bisher nicht erreichte Menschengruppe bezeichnen“, sagt Souza. „Wenn wir als Christen wirklich den Auftrag haben, die Menschen überall auf der Welt mit Gottes Liebe zu erreichen, dann frage ich mich, wie können wir jene erreichen, die nie ihr Haus verlassen? Genau das geht über die Gaming-Community.“
Souza selbst spielt schon seit vielen Jahren selbst Computerspiele. In der Schule, aber auch im Studium am Northpoint Bible College in Massachusetts, schloss er sich so oft es ging in seinem Zimmer ein, um zu spielen. Im Jahr 2014 geriet Souza allerdings in eine Identitätskrise. Er fragte sich: „Was würden wohl meine Kollegen und Freunde von mir denken, wenn sie wüssten, dass ich mich jeden Abend in einen großen Nerd mit einem Headset auf dem Kopf verwandle?“ Für ihn war es eine Art Eingreifen Gottes. „Gott zeigte mir, dass er mich so liebt, wie ich bin, auch als ein riesiger Nerd. Meine Identität liegt nicht darin begründet, ob ich nun spiele, oder nicht, sondern darin, dass er mich erschaffen hat und mich liebt.“
Also akzeptierte er den Nerd in sich und hatte das Glück, dass seine Frau Amanda das auch tun konnte. Später wurde ihm bewusst, dass sich da draußen sicher noch viele andere Menschen dieselben Fragen stellen. Doch viele würden keinen Gott haben, der ihnen Zuversicht und Liebe vermittelte. Also beschloss Souza, die Gute Nachricht unter Gamern zu verbreiten. Im Dezember 2014 startete er den ersten Kanal, den er „A Pastor Playing Halo“ (Ein Pastor spielt Halo) nannte. Er war ein Nerd, der Computerspiele spielte und über Jesus redete.
Die erste richtige Online-Kirche via Twitch gründete er im März 2016. Derzeit hat er rund 1.800 Mitglieder. An einem normalen Samstag erreicht er rund 4.000 Zuschauer. Unter der Woche streamt er zusätzlich rund vier Stunden am Tag. Dann kommentiert er Spiele, beantwortet aber auch Fragen zum Glauben und zu Jesus.
Seine Frau Amanda hat ihren bisherigen Job an den Nagel gehängt und hilft ihrem Mann bei der Arbeit. Sie sagt: „Am Anfang war es schwer zu verstehen, was er da machte. Ich meinte zu ihm: ‚Also du sprichst mit den Leuten über Jesus, während du ihnen ins Gesicht schießt?‘ Und er antwortet: ‚Ja, genau so ist es.‘ Da habe ich es verstanden.“ Souza ist überzeugt: „Jesus war immer da, wo die Menschen waren. Videospiele sind heutzutage ein riesiges Medium. Ich bin zu 100 Prozent sicher, dass Jesus, wenn er heute auf der Erde leben würde, Computerspiele spielen würde, denn er wüsste, dass dort viele Menschen zu erreichen sind.“
Von: Jörn Schumacher