45 Millionen Euro im Jahr. Das ist das Budget des Jugendportals „Funk“, das ARD und ZDF seit dem 1. Oktober betreiben. Es lohnt sich, diese Zahl im Kopf zu haben, wenn man sich näher betrachtet, was genau da aus dem Geld der Gebührenzahler finanziert wird.
„Fickt euch!“ heißt eines der Formate, das auf Funk beweisen soll, dass die GEZ-Gebühren auch für Leute zwischen 14 und 29 Jahren, so die Zielgruppe, ausgegeben werden. Die YouTuberin Kristina Weitkamp erklärt dort zum Beispiel, wie man sich am besten selbst befriedigt. Erklärtes Ziel dabei: Aufzeigen, wie vielfältig Sex sein kann und Fragen klären, die man sich sonst nicht zu stellen traut.
Politisch hat Funk unter anderem den Kabarett-Kanal „Auf einen Kaffee mit Moritz Neumeier“ im Angebot. Zu sehen ist der „Stand-Up-Künstler“ Moritz Neumeier, der in etwa fünfminütigen Clips beispielsweise gegen das Burka-Verbot, „bescheuerte“ CSU-Politiker oder die AfD wettert. „Irgendwann haben sich die Menschen abgehängt gefühlt“, referiert er anlässlich des Tages der Deutschen Einheit über die Menschen im Osten Deutschlands. „Und dann wurden sie ein bisschen depressiv, und fanden das alles doof, dann wurden die ersten wütend, und heute laufen sie alle der verfickten AfD hinterher.“
Originell soll wohl sein, dass Neumeier etwa alle 40 Sekunden aus einem Kaffeebecher schlürft und seine Weisheiten vorträgt wie jemand, der sich schon recht spät am Abend zu einem ungebetenen Vortrag am Stammtisch erhebt. Ausdrücke wie „Kacke“, „beschissen“ oder das F-Wort natürlich inklusive.
Gute Ansätze kommen viel zu kurz
Das zweite politische Flaggschiff von Funk ist die Sendung „Headlinez“ mit dem freien Journalisten Rayk Anders. In dem fünf- bis zehnminütigen Format sitzt Anders an einem Schreibtisch und tut so, als würde er über politische Vorgänge aufklären. Das Setting erinnert an den britischen Comedian John Oliver, ist im Gegensatz zu dessen wöchentlicher TV-Sendung allerdings weder lustig noch intellektuell ausgereift. Melodramatisch führt Anders seinen Zuschauern vor Augen, wie sehr er an der Dummheit seiner Mitmenschen verzweifelt. Die CDU charakterisiert Anders beispielsweise als eine Partei, die fremdenfeindliche Wahlkämpfe geführt, Homophobie salonfähig gehalten und „auf Geringverdiener geschissen“ hat. Diese Meinung darf man haben und äußern, nur sollte dann jedem klar sein, wo der Mann politisch steht – nämlich an einer Stelle, an der er nicht zur Ausgewogenheit des „Funk“-Angebots beiträgt. In einem anderen Beitrag macht sich Anders über Teilnehmer der „Demo für alle“ lustig und nennt sie „verbitterte hängengebliebene Leute“.
Anders hat auch gute Filme im Angebot – etwa den Beitrag „Kaputtgespart und ausgelacht“, der auf die Probleme der Polizei in Deutschland aufmerksam macht und die Politik dafür in die Pflicht nimmt. Auch der Film „Raser: Asozial und Spaß dabei“, der sich mit tödlichen Unfällen im Zusammenhang mit illegalen Autorennen befasst, liefert gute Ansätze. Schade nur: Anders verschweigt in diesem Zusammenhang, dass zahlreiche Täter einen Migrationshintergrund haben und nur zu Bewährungsstrafen verurteilt wurden. Mutig wäre es, mal darüber einen kritischen Beitrag zu drehen.
Zu den weiteren Formaten, die „Funk“ seinen Zuschauern bietet, gehören:
- „Auf Klo”: Eine Frau namens Mai trifft Interviewpartnerinnen zu Gesprächen auf einer Toilette.
- „Hochkant”: Hier gibt es kurze Reportagen aus aller Welt, zum Beispiel über die Belange von LGBTQ-Menschen in Weißrussland. Ganz gelungen ist ein Beitrag über einen jungen Methodisten-Pastor in den USA.
- „Datteltäter”: Ein Christ, ein Konvertit, zwei Sunniten und eine Schiitin veralbern in dieser Comedy-Sendung Vorurteile gegen Muslime und „Islamophobie”. Aufs Korn genommen werden die AfD, aber auch der IS und Salafisten.
- „Die Frage”: Michael Bartlewski geht in gelungenen Kurzfilmen relevanten Fragen nach, im Selbstversuch testet er ein Gefängnis, besucht eine Polizeischule und spricht mit behinderten Menschen über Diskriminierung im Berufsleben.
Unfairer Beitrag über Freikirchen sorgte für Unmut
Bereits in der Kritik stand das Reportage-Format „Jäger & Sammler”, das sich zum Start kritisch mit Freikirchen auseinandergesetzt hatte. Ein von den „Funk”-Journalisten interviewter Pastor hatte hinterher gegenüber pro erklärt, es sei die Absicht der Reporter gewesen, ihn und seine Gemeinde in ein schlechtes Licht zu rücken. Die Macher der Sendung sind laut „Funk”-Beschreibung „Persönlichkeiten mit einer klaren Haltung”, die sich sehr deutlich zu gesellschaftlichen Themen positionieren. Soviel kann man sagen: Das stimmt.
Mit „Funk” wollen ARD und ZDF jüngere Menschen erreichen. Die bisherige Umsetzung bietet dazu gute Ansätze, hat aber auch deutliche Schwächen. Funk ist politisch einseitig und erinnert stilistisch oft an den längst eingestellten Sender Viva 2: Wackelige Kamera, Fäkalsprache, alternativ anmutende Protagonisten. Es drängt sich der Eindruck auf, dass hier nicht alle Jugendlichen, sondern nur eine recht homogene hippe Szene angesprochen wird. Ob all das 45 Millionen Euro im Jahr wert ist, muss jeder Gebührenzahler für sich selbst entscheiden. (pro)
Von: mb