„South Park“: Religionskritik in Bestform

Seit 20 Jahren verletzt die Zeichentrickserie „South Park“ alle Grenzen des guten Geschmacks. Christen ließen sich manch bittere, teils aber berechtigte Satire gefallen, während ein Muslim den Machern Mord androhte. Zum Start der 21. Staffel: Eine Serienkritik von Moritz Breckner
Von PRO
Über die Jahre wurden immer mehr der „South Park“-Figuren zu Hauptrollen. Geblieben sind die ursprünglichen Helden: Stan Marsh, Kyle Broflovski, Eric Cartman und Kenny McCormick (v.l.n.r.)

Sollte ein christliches Magazin über eine Sendung berichten, die mit Tabubrüchen, Fäkalsprache und Beleidigungen berühmt geworden ist? Es gibt Wichtigeres und Gehaltvolleres, mit dem man sich beschäftigen könnte, mögen manche einwerfen. Im Fall von „South Park“ spricht jedoch einiges dafür, einen genaueren Blick zu riskieren.

Als am Mittwoch die 21. Staffel der Kultserie um die Grundschüler Eric, Stan, Kyle und Kenny in den USA startete, begann für die Serie das 20. Jahr – keine Selbstverständlichkeit mehr in einer Fernsehlandschaft, die immer schnelllebiger wird. 1997 begann die Animationsserie von Trey Parker und Matt Stone beim Sender Comedy Central mit mittelmäßig gezeichneten Figuren und schlechter Animation. Der optische Stil der Serie ist auch im HD-Zeitalter ähnlich geblieben. Obwohl meist Kinder die Protagonisten sind, ist „South Park“ alles andere als für Kinder geeignet. Die Serie bietet Gesellschaftssatire in ihrer schärfsten, bissigsten und rücksichtslosesten Form. Klar, dass es dabei auch immer wieder um Christentum, Judentum und Islam geht.

Vor allem in frühen Staffeln von „South Park“ gab es regelmäßige Gastauftritte von „Jesus“ – einer Karikatur der biblischen Figur, die schon mal um sich schießt oder ein Konzert mit Rod Stewart veranstaltet. Diese Szenen sind meist sehr platt, und können von gläubigen Christen als verletzend empfunden werden. Dass „South Park“ der christlichen Subkultur Amerikas aber auch sehr gekonnt den Spiegel vorhalten kann, beweisen Folgen wie „Christen rocken fett“. Die Clique gründet eine erfolglose Garagenband, als Hauptfigur Eric auf die Idee kommt, doch eine christliche Gruppe zu gründen. „Das ist die leichteste, bescheuertste Musik der Welt“, erklärt er seinen verdutzten Freunden. „Die Kirche hat über 180 Millionen Zuhörer, wenn jeder von denen nur eine Platte zu 12,95 kauft …“ Gesagt, getan. Eric nimmt seichte Popsongs, ersetzt Worte wie „Baby“ oder „Darling“ durch „Jesus“, und schon wiegen sich beim „Christfest“ im Stadion tausende Christen mit geschlossenen Augen und erhobenen Armen zum Takt.

Die beliebte Serienfigur Randy Marsh als Prediger: Szene aus der Folge „Margaritaville“, in der eine biblische Analogie zur Wirtschafts- und Bankenkrise hergestellt wird – inklusive Abendmahlsszene
Die beliebte Serienfigur Randy Marsh als Prediger: Szene aus der Folge „Margaritaville“, in der eine biblische Analogie zur Wirtschafts- und Bankenkrise hergestellt wird – inklusive Abendmahlsszene

In 20 Jahren ist so manche Religionskritik in die Annalen der Serie eingegangen – ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit hier eine Auswahl:

  • Katholizismus: In der Folge „Nur körperliche Liebe im Vatikan“ will der katholische Pfarrer von South Park gegen die Missbrauchsfälle der katholischen Kirche vorgehen. Er reist in den Vatikan, wo in einer großen Versammlung niemand über die Missbrauchsfälle empört ist – wohl aber darüber, dass diese nun ans Tageslicht gelangen. Am Ende der Folge gibt es tatsächlich eine ganz ausgewogene, glaubensbejahende Botschaft, und in einem anderen Handlungsstrang werden militante Atheisten der Lächerlichkeit preisgegeben.

  • Scientology: Die Sekte war mehrfach Thema bei „South Park“. Für Aufsehen sorgte die Folge „Schrankgeflüster“, in der Stan Scientology beitritt. In einem Science-Fiction-Clip erklärt die Folge bitterböse, was Scientologen glauben. Synchronsprecher Isaac Hayes kündigte seinen Vertrag, da er selbst Scientologe ist. Die bekannten Scientologen John Travolta und Tom Cruise tauchen im Laufe der Handlung ebenfalls auf. Ein Sender in Großbritannien wollte die Folge nicht ausstrahlen, da eine Klage von Cruise befürchtet wurde: In der Folge wird angedeutet, er sei homosexuell.

  • Mormonentum: Eine besonders große, fröhliche und freundliche Familie zieht in „Mormonen machen sich was vor“ nach South Park. In einem Subplot wird die Entstehung des Mormonentums rund um die Biografie des Gründers, Joseph Smith, erklärt. Während dieser Szenen singt ein Chor vielsagend „Dumm Dumm Dumm Dumm Dumm“.

  • Judentum: In „Beschnittene Pfadfinder“ nehmen Kyle und Kenny an einem jüdischen Pfadfinderlager teil, das offensichtlich auf die christlichen „Boy Scouts“ anspielt. Unter den Betreuern, die verschiedene Richtungen des Judentums repräsentieren, gibt es eine kleine Diskussion. Schließlich taucht Mose als eine Art Hologramm auf und verlangt Süßigkeiten.

  • Islam: Die 200. und 201. Folge von „South Park“ thematisiert das Tabu, den Propheten Mohammed zu zeigen. Um die Grenzen des islamischen Bilderverbots auszuloten, ließen die Macher Mohammed in einem Bärenkostüm auftreten. Der Sender verpixelte die Figur trotzdem – und zeigt die Folgen bis heute nicht in seiner Online-Mediathek. Im US-Bundesstaat Virginia wurde ein Muslim verhaftet, der das „South Park“-Team mit dem Tod bedroht hatte.

Evangelikalen-Satire, bis es schmerzt

Zugegeben ist „South Park“ oft grober Unfug. Immer wieder gelingt den Machern aber auch Satire in Bestform. In der Episode „Der Ring“ hat Kenny eine Freundin, und beide tragen sogenannte Purity-Ringe, Ringe, die ein Keuschheitsgelübde bis zur Eheschließung symbolisieren und die in den USA zuweilen von evangelikalen Christen getragen werden. Die beiden Verliebten gehen auf ein Konzert der christlichen Boygroup „Jonas Brothers“. Die attraktiven Musiker werben für den Glauben und das Tragen der Keuschheitsringe und singen: „Ich trag‘ einen Ring, der mich daran erinnert, dass ich mich benehmen muss“. Im Laufe der Handlung offenbart sich, dass sie das nicht freiwillig tun. Der Disney-Konzern, bei dem die Band unter Vertrag steht, zwingt sie aus Imagegründen dazu. „Ihr müsst diese Ringe tragen, denn so können wir jungen Mädchen Sex verkaufen“, erklärt der Disney-Chef, dargestellt durch eine gewalttätige Micky Maus. Auch die Christen seien zu dumm, es zu merken. „Ich habe Milliarden mit christlicher Ignoranz verdient“, ruft Micky Maus. Die Folge nimmt die evangelikale Kultur Amerikas so genial aufs Korn, dass auch Christen, die die hier parodierten Werte teilen, lachen und den Hut ziehen können.

Die „Jonas Brothers“ in der Version von „South Park“. Als die Jungs sich weigern, weiterhin für Keuschheit und den Glauben zu werben, werden sie von ihrem Chef, Micky Maus, zusammengeschlagen Foto: Comedy Central
Die „Jonas Brothers“ in der Version von „South Park“. Als die Jungs sich weigern, weiterhin für Keuschheit und den Glauben zu werben, werden sie von ihrem Chef, Micky Maus, zusammengeschlagen

Ebnete die Serie Trump den Weg?

Eine der Stärken von „South Park“ ist, dass die Serie nie Partei ergreift. Hier wird jeder durch den Kakao gezogen: Gläubige und Atheisten, Demokraten und Republikaner, unzählige Filme, Serien und Prominente der vergangenen beiden Dekaden. Hillary Clinton, Barack Obama, George Bush, ja sogar Angela Merkel tauchte im Örtchen South Park im US-Bundesstaat Colorado auf.

In ihrem 21. Jahr muss „South Park“ relevant bleiben in einer Welt, in der die Satire teils Realität geworden ist. Ende 2016 erklärte Trey Parker, Witze über Donald Trump erstmal aufzugeben und wieder unpolitischer zu werden – zu schwierig sei es, mit den Verrücktheiten der Realität Schritt zu halten.

Linksliberalen Medienkritikern in den USA ist das freilich nicht genug. In den jüngsten Staffeln kritisierte „South Park“ massiv die Kultur der Politischen Korrektheit, in der es beispielsweise Pflicht sei, Caitlyn Jenner nach ihrer Geschlechtsumwandlung als schön und mutig zu loben. Sogenannte Safe Spaces für empfindliche Studenten an Universitäten, Unisextoiletten, der ständig geäußerte Verdacht, jemand sei rassistisch oder homophob – auch vor Kritik an diesen Zeichen der Zeit schreckt „South Park“ nicht zurück. Trey Parker und Matt Stone rechnen sich dem Lager der Libertären zu und bekunden, Linke wie Rechte gleichermaßen abzulehnen. So viel Nihilismus – „Ich mag beide Seiten nicht“ – könne man sich nicht erlauben, monieren einige, denn schließlich gebe es bei vielen politischen Fragen eine richtige Seite.

Der schwule und katholische Journalist Andrew Sullivan, nach eigenen Angaben lange den Republikanern zugeneigt, prägte 2001 den Begriff der „South Park Republicans“: Junge Menschen, die niedrige Steuern und legalen Waffenbesitz unterstützen, so wie die Republikaner, aber gleichzeitig die Homo-Ehe und das Kiffen legalisieren wollen, wie viele Demokraten. In der Wortschöpfung zeigt sich: Dass „South Park“ als popkulturelles Phänomen einer der beiden großen Parteien in den USA nach dem Mund redet oder gar Aufwind verschafft, ist nicht gegeben.

„South Park“ hat sich in 20 Jahren so manchen Tabubruch geleistet, der auch hartgesottenen Zuschauern noch die Kinnlade herunterklappen lässt. Vieles davon ist verletztend für Christen, aber auch für Dutzende andere Gruppen. Schock und Provokation sind als Stilmittel fraglich. Eines aber muss man den Machern lassen: Zuweilen gelingt ihnen Kritik an Kirche und Religion erschreckend gut. Manchmal lohnt auch für Christen der Blick darauf, wie sie von außen wahrgenommen werden. (pro)

Auf southpark.de stehen fast alle Folgen von „South Park“zum legalen und kostenlosen Streaming bereit. Staffel 21 startet am 13. September in den USA, einen Tag später in Deutschland auf Comedy Central.

Von: mb

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