Gott im Computer: TV-Serie „Devs“ stellt tiefe philosophische Fragen

Ist alles in der Welt vorherbestimmt? Oder haben wir einen freien Willen? Die amerikanische TV-Serie „Devs“ ist ein großes Gedankenspiel zu dieser Frage – und dabei ziemlich spannend. Weil dieses Gedankenspiel fast nicht ohne die Frage nach Gott auskommt, webt die Serie auch religiöse Aspekte geschickt in den Plot mit ein.
Von Jörn Schumacher
Forest (Nick Offerman) ist der Chef einer gigantischen Softwarefirma

Im Zentrum von „Devs“ steht eine Technik-Firma, die irgendwo im Silicon Valley bei San Francisco stehen könnte. Der Ort ist fiktiv, aber die Ähnlichkeiten zu den Mega-Betrieben Facebook, Apple oder Google liegen auf der Hand. Diese Unternehmenssitze werden meistens nur „Campus“ genannt, junge hippe Menschen laufen mit Laptops und Smartphones rum oder sitzen in den firmeneigenen Cafés und bauen unsere digitale Welt von morgen.

Genau so ein Unternehmen ist in dieser Science Fiction-Serie der Konzern „Amaya“. Nur ist diese Firma die größte, sie hat inzwischen alle anderen geschluckt, und außerdem verbirgt sich in ihrem Zentrum eine wahnsinnig mächtige Maschine, die alles bisherige in den Schatten stellt. Ein Quantencomputer, dessen Leistung so hoch ist, dass er geheim gehalten wird und nur von handverlesenen über-intelligenten Nerds bedient werden darf.

Ein Computer, der die Antwort kennt

Nick Offerman („Parks and Recreation“) spielt ein psychisch heruntergekommenes Genie namens Forest, mit Vollbart und zotteligen Haaren, dem es längst nicht mehr ums Geld geht (denn davon hat er genug). Ihm geht es um eine metaphysische Frage. Sein Leben hängt davon ab, ja sogar sein Heil, und das der ganzen Welt. Denn: Es geht um nichts geringeres als die Frage, ob alles im Universum eigentlich von selbst abläuft, gemäß den Gesetzen der Physik, oder ob wir Menschen freie Entscheidungen treffen können. Kurz: Ob irgendetwas einen Sinn hat.

„Das Universum ist deterministisch“, ist Forest zunächst überzeugt. „Es ist gottlos. Es folgt nur den Gesetzen der Physik.“ Das wirft natürlich viele Fragen auf. Warum existiert das Universum dann? Zu welchem Zweck läuft diese große Rube-Goldberg-Maschine, die einmal angestoßen wurde und seitdem unaufhörlich läuft, von einer Ursache zur Wirkung, und so weiter? Und wer hat diese Maschine gestartet? Und warum haben Teile dieser Maschine – Menschen – das Gefühl, eingreifen zu können in den Lauf der Dinge, auch wenn sie es gar nicht können?

Das Drehbuch des Briten Alex Garland ist extrem interessant, auch wenn das Gedankenspiel natürlich nicht zum ersten Mal filmisch behandelt wurde. „Man bräuchte einen Computer von der Größe des Universums“, sagt Forest und lässt damit natürlich die Frage anklingen: Vielleicht ist das Universum ja genau solch ein Computer, und wir sind nur seine Software? Diese Idee wurde bereits häufiger in der Populärkultur behandelt, in „Simulacron-3“, „Matrix“ oder „Per Anhalter durch die Galaxis“. Und die Antwort lautet seitdem bekanntlich: 42. Drehbuchautor Garland ist bekannt für die Filme „Ex Machina“ (2015) und „Annihilation“ (2018), er schrieb zudem die erfolgreichen Drehbücher für „The Beach“ (2000), „28 Days Later“ (2002) und „Dredd“ (2012).

Nerds als Hohepriester der Wahrheit

Das englische Wort „Devs“ kann einerseits Programmierer bedeuten (Developer), aber auch „verschrobener Typ“. Und etwas anders geschrieben, kann es das Lateinische Wort „Deus“ (Gott) bedeuten. In der gleichnamigen Serie werden die Nerds zu Hohepriestern der Wahrheit über das Universum und Gott. Denn ohne den freien Willen wäre Religion sinnlos. Der Glaube an Gott wäre ja ebenfalls determiniert. Die Liebe einer Person wäre nie eine freie Entscheidung, sondern immer ebenso programmiert wie das, was die Person zum Mittag isst. Der Glaube, gerade der christliche, setzt aber voraus, dass eine Entscheidung stattgefunden hat, für oder gegen ein Gegenüber. Eine Beziehung, zwischen Menschen aber auch zwischen Gott und einem Menschen, kann nur basieren auf freien Entscheidungen. Eine deterministische Welt wäre also immer eine Welt ohne Beziehung. Sie wäre eine Welt der Roboter, die einem vorher aufgeschriebenen Programm folgen.

Schuld gibt es dann auch nicht mehr. Denn alle Lebewesen tun dann nur das, wofür sie vorgesehen wurden. Dann gibt es auch keine Vergebung. Und genau auf diese Frage läuft es hinaus. Jesus am Kreuz selbst tritt in der Serie in Erscheinung, wenn auch nur als Projektion aus der Vergangenheit. Denn dank des Quantencomputers können die Entwickler an jeden beliebigen Zeitpunkt der Geschichte reisen. Und so können sie auch „live“ dabei sein, wie Jesus auf Aramäisch die letzten Worte am Kreuz spricht. „Vater, vergibt ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ müsste hier konsequenterweise heißen: „Denn sie tun, was sie tun müssen.“

Die Serie „Devs“ fesselt einerseits durch professionelle Bildgestaltung und eine hochkarätige Besetzung (Sonoya Mizuno aus „La La Land“ und Alison Pill aus „American Horror Story“). Es geht dabei auffallend – und unserer Zeit angemessen – divers zu: Eine Chinesin, deren Freunde ein Russe und eine indischstämmige junge Frau sind, wird in ihrem Kampf unterstützt von einem japanisch aussehenden Freund. Ihre Gegner: ein Team aus Personen, die offensichtlich eher ein klischeehaftes weißes („kaukasisches“) Amerika repräsentieren. Andererseits stellt sie tiefgründige Fragen, die eher selten in TV-Serien behandelt werden.

Die Serie „Devs“ läuft immer mittwochs um 21 Uhr auf FOX. Neben Sky ist der Sender auch über andere Plattformen empfangbar, zum Beispiel bei Vodafone, Telekom, 1&1 und PŸUR. Alle acht Episoden sind im Anschluss an diese Ausstrahlung auch über Sky On Demand, über MagentaTV sowie Vodafone Select und GigaTV verfügbar.

Von: Jörn Schumacher

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