James Martin, ein bekannter Buchautor und Priester in Amerika, der für ein Magazin der Jesuiten in Amerika schreibt, hatte am Donnerstag für seine Sendung „Faith in Focus“ den Fernsehmoderator und Comedian Stephen Colbert als Gesprächspartner eingeladen.
Martin, der auch Berater für die Öffentlichkeitsarbeit des Papstes ist, fragte den Fernsehprofi, wie er sich Gott vorstelle. Colbert, der in seiner Sendung „Late Show“ oft über seinen katholischen Glauben spricht und darin sogar manchmal mit Gott selbst über aktuelle Ereignisse spricht, antwortete: „Er ist Christus. Er ist Jesus. Es ist jedenfalls nicht er alte Mann mit dem Bart, nicht der Gott des Alten Testaments. Sobald ich versuche, mir Gott konkret vorzustellen, denke ich an Jesus, und dieses Bild löst sich auf, weil ich versuche, dieses eine Bild auf die Dreieinigkeit zu übertragen. Dann wird daraus eines von diesen formlosen Wesen aus reiner Energie, wie aus Star Trek.“
Er habe immer versucht, durch einen „Trick“ die Welt einmal anders zu sehen. „Ich versuche dann, mich davon zu überzeugen, dass die Welt auch ganz anders sein könnte.“ Als Beispiel nannte er ein Gedankenexperiment. „Nehmen wir an, ich sitze in einem Café in der Schule, und ich nehme ein Stück Brokkoli und halte es hoch. Dann verabschiede ich mich von dem Wissen, dass es nach unten fallen sollte, wenn ich es loslasse. Vielleicht fällt es ja auch nach oben?“ Genauso sei es für ihn beim Versuch, sich Gott vorzustellen. „Ich bete regelmäßig darum, dass ich die Fähigkeit habe zu lieben. ‚Wenn ich lieben kann, bin ich frei. In der Liebe zu Dir, lass es so sein.‘ So beende ich jedes Gebet nach dem Abendmahl“, sagte Colbert.
Er sei auch schon manchmal vom Glauben abgefallen, berichtet er. „Sehr zu meinem Bedauern.“ Als er 22 Jahre alt gewesen sei und keinen Glauben mehr gehabt habe, habe ihm in Chicago einmal jemand im Bus ein Buch mit dem Neuen Testament und den Psalmen in die Hand gedrückt. Es sei so kalt gewesen, dass er das Buch geradezu habe aufbrechen müssen, berichtet er. In dem Buch habe er einen Vers aus der Bergpredigt gelesen: „Sorget euch nicht. Können all eure Sorgen euer Leben auch nur um einen einzigen Augenblick verlängern?“ (Matthäus 6,27) Colbert berichtet: „Ich war sofort erleichtert. Zum ersten Mal hatte ich verstanden, was es heißt, wenn die Bibel zu einem spricht. Mein Leben war danach nicht mehr dasselbe.“ Er fügt hinzu: „Diese Gabe der Religion bekommt man immer nur auf diese Weise geschenkt. Egal, was die Eltern einem mitgeben wollen.“
Von: Jörn Schumacher