Der ARD-Zweiteiler handelt von der Familie Jansen–Balzer, die einen ungewöhnlichen Weg einschlägt: Vater Jonas (Benno Fürmann) und Mutter Marit (Maja Schöne) einigen sich darauf, dass jeder, wenn er will, einen anderen Sexualpartner haben darf. Jonas nutzt die neue Freiheit sofort aus, als er auf einer Party in Köln ist. Und er stellt die neue Bettbekanntschaft auch gleich seinen Eltern vor. Ab hier wird es etwas abstrus.
Die Familie Jansen–Balzer wird in dem Zweiteiler als coole, moderne, Rockmusik spielende Familie vorgestellt. Strenge Erziehung ist nicht angesagt, praktisch alle spielen ein Instrument. Die Kinder der beiden Unverheirateten, Tochter Selma und Sohn Luis, machen Rockmusik, und anstatt die Kinder dazu anzuleiten, auch mal bei der Arbeit im Haushalt mit anzupacken, greifen die Eltern kurzerhand ebenfalls zum Instrument und singen „Sweet Home Alabama“ mit.
Als Vater Jonas aus Köln seine neue Zweit-Frau Johanna mitbringt, sind die Kinder sehr schnell vollkommen einverstanden. Und auch als dann Mutter Marit ebenfalls ihren neuen Geliebten (Henning Baum) in der Familie vorstellt, herrscht große Einigkeit: Das wird super. Schnell ist klar: Hier wohnt die coole, aufgeschlossene Familie, nebenan wohnen die unfreundlichen Spießer.
Jeder mit jedem
Dann passiert etwas, was eigentlich dazu führen könnte, die traute Viersamkeit zu zerbrechen: Marit wird von ihrem neuen Lover schwanger. Doch auch das reicht nicht aus, um die Begeisterung über die ungewöhnliche Familienkonstellation zu erschüttern. Alle sind glücklich, Marit soll das Kind bekommen, und alle vier Elternteile leben mitsamt den Kindern zusammen. Die Geliebte Johanna freundet sich zudem bestens mit Jonas‘ Eltern an, die Familie wird einfach immer mehr erweitert. Und selbst Jonas‘ Eltern sind nur überrascht, aber keineswegs entsetzt über die Experimente ihres Sohnes.
„Ihr neues Beziehungskonzept eröffnet beiden Freiräume – ohne Lügen, aber nach Regeln“, heißt es in der Sendungsankündigung der ARD. „Wie das funktionieren soll, das müssen sie mit ihren Kindern erst noch herausfinden.“ Regisseur Stefan Krohmer und Autor Daniel Nocke verabschiedeten sich „in ihrer unkonventionellen Fernsehkomödie von gängigen Vorstellungen“, heißt es weiter.
Schwer vorstellbar, dass der Film bei den Konservativen und Christen nicht Kopfschmerzen und mehr verursacht, denen vor allem die Familie mit Vater, Mutter und Kind(ern) schützenswert erscheint. Und sicher wird sich damit die Frage stellen: Wie weit kann so ein „Beziehungskonzept ohne Lügen“ eigentlich getrieben werden? Warum sollte man nur einen Liebhaber haben, warum nicht zwei? Oder drei? Warum nicht noch mehr Kinder mit anderen Partnern zeugen? Und warum sollte nicht eigentlich auch die Liebhaberin des Vaters etwas mit dem Liebhaber der Mutter anfangen? Warum machen nicht einfach alle mit allen rum?
Der Film denkt die aufgeworfenen Fragen nicht wirklich durch. Mögliche Kritiken an einer derartigen Aufweichung des klassischen Familienbildes greift er nicht auf. Auch mögliche Konflikte bei den Kindern, die in einer vergleichbaren Situation in der Realität aufkommen könnten, sprechen die Filmemacher nicht an. Selbst wenn in diesem Zweiteiler alle Beteiligten offen miteinander reden, die Frage bleibt: Welchen Wert hat das Wort „Familie“ dann noch? (pro)
„Neu in unserer Familie – Zwei Eltern zu viel“ am 7. Juni 2017, 20:15 Uhr, ARD „Neu in unserer Familie – Ein Baby für alle“ am 9. Juni 2017, 20:15 Uhr, ARD
Von: js