Die Suche nach Wahrheit und Wissen ist zu Beginn des 16. Jahrhunderts in vollem Gange. Wie der Theologe Martin Luther damit umgeht und welche Schlüsse er für sich zieht, untersucht Harald Lesch in drei Teilen der Sendung Terra X „Der große Anfang – 500 Jahre Reformation“. Der Physiker betont, dass sich Luther von dem Anspruch der Zeit habe anstecken lassen, Dingen genau auf den Grund zu gehen.
Im ersten der drei Teile verdeutlicht Lesch, wie wenig Kritik die Kirche damals duldete. Deswegen seien Luthers Glaubensfragen alles andere als harmlos gewesen, findet Lesch. Im Römerbrief habe er den gnädigen Gott entdeckt. Dessen Gnade sei nicht vom Geld im Opferkasten abhängig. Luther habe von der damaligen Alphabetisierung und der Medienrevolution immens profitiert. Die Verbreitung seiner Schriften habe eine Lawine der Worte losgetreten.
Held gegen eine Welt voll Schurken
Der Papst habe den Druck auf Luther bis hin zum Kirchenbann erhöht. Lesch zeigt anschaulich die Strukturen des damaligen Reichstags. Er stellt Luther als „Helden gegen eine Welt voll Schurken“ dar. Der Buchdruck habe dafür gesorgt, dass seine Ideen nicht mehr aus der Welt zu schaffen sind und die Geschichte der Reformation starten konnte. Die Zweifel an seiner Kirche wachsen.
Im zweiten Teil der Sendung wird deutlich, welche Konsequenzen der Aufruhr und die Reformation für die Bevölkerung damals hatten. Die Bauern begehrten gegen die Klöster und Landesherren auf. Luthers Schriften hatten daran einen erheblichen Anteil. Thomas Müntzer ruft zum Kampf für das gemeine Volk auf. Der soziale Zündstoff der Zeit vermischt sich mit den Ideen der Reformation. Luther kann die Bauern aus Glaubensgründen nicht unterstützten. Müntzer verliert den ungleichen Kampf. Die Reformation wird zur Gewaltorgie, und Luther wird vorgeworfen, dass er auf der Seite der Gewaltherrscher steht.
Merchandising der frühen Neuzeit
Lesch stellt mit Lucas Cranach einen überzeugten Anhänger der Reformation vor. Er versammelte die neuen Medientechniken der Zeit und etablierte das „Merchandising“ der Reformation. Ebenso arbeitet Lesch heraus, wie Luther mit der Heirat Katharina von Boras die Altgläubigen provozierte und wie stark die Reformation den Kontinent ins Wanken brachte.
Teil drei der Dokumentation „Das Feuer“ zeigt ebenfalls die blutigen Seiten der Reformation. Weil das Fundament der Kirche unter der Kritik Luthers zusammenbrach, wollten viele Prediger dieses Vakuum nutzen. Lesch beschäftigt sich intensiv mit der Täufer-Bewegung in Münster, die in der Stadt mit Gewalt ein „neues Jerusalem“ begründen möchten. Zudem gehen unter den Anhängern der Reformation die Ansichten immer deutlicher auseinander: Ulrich Zwingli und Johannes Calvin werden zu Gegenspielern Luthers.
Für die Reformatoren stellt sich die Frage: Was darf geduldet werden und was nicht? Hinzu kommt die Angst vor der Ausbreitung des osmanischen Reichs und die Doppelehe von Landgraf Philipp, die deutliche Positionierungen fordern. Die Reformation wurde 20 Mal zum Gegenstand von Reichstagen. Mit dem Vertragsschluss 1555 wurde die Einheit der Kirche aufgegeben.
Die Dokumentation wirft einen Blick über diese Zeit hinaus, deren Tiefpunkt der Dreißigjährige Krieg war. Dessen Friedensschlüsse schufen die Grundlagen des föderalen Deutschlands. Zugleich mussten in England und Frankreich viele Gläubige fliehen und die Gegenreformation setzte ein. Während Karl V. seinen Traum vom Weltreich begraben musste, sei es Luther nicht gelungen, seine Kirche wieder zu einen.
Bewundert, gefürchtet, verhasst
Die Dokumentation zeichnet aus, dass der Moderator viele wichtige Orte der Reformation besucht. Seine unaufgeregte Art und seine große Neugier machen die Sendung sehr sehenswert. Durch die vielen Spielszenen wird die Reformationsgeschichte anschaulich dargestellt und Lesch erklärt viele Zusammenhänge verständlich. Das Format schlägt einen Bogen von der Renaissance bis heute. Sie zeigt einen Luther, der bewundert, gefürchtet und verhasst war und dem die Reformation zum Ende hin entglitten ist, was sich auch in seinen Schriften gegen die Juden zeigte.
Die drei Teile werden an Karfreitag, Ostersonntag und Ostermontag jeweils um 19:30 Uhr im ZDF gezeigt. Das Buch für die Doku stammt von Ingo Helm, Regie führt Andreas Sawall. (pro)
Von: jw