pro: Stichwort Tebartz-van Elst: Findest du die Geldaffäre um den Limburger Bischofssitz zum Lachen oder eher zum Weinen?
Guido Cantz: Eigentlich macht mich das sehr nachdenklich. Ich bin bei uns in der katholischen Kirchengemeinde aktiv. Unser Sohn geht in einen christlichen Kindergarten und wie wir alle wissen, brauchen die auch Kohle. Da macht mich so eine Verschwendungssucht ärgerlich, in der Politik genauso wie in der Kirche. In der Kirche verstehe ich es aber noch weniger. Da müssten die Verantwortlichen eigentlich zweimal drüber nachdenken und das mit ihrem Gewissen vereinbaren können. Mich macht das also eher wütend.
Machst du trotzdem Witze darüber?
Ja klar. Das muss man, um sich ein bisschen zu wehren. Ich habe die ganzen Diskussionen in der Presse und im Fernsehen verfolgt, aber ich bin natürlich kein Insider. Trotzdem glaube ich, dass nicht ein Mann das alles alleine entscheiden kann, ohne dass die ganzen Gremien genau hingucken. Eine Tendenz dieser Kosten war sicherlich klar. Und ich denke, so über das Ziel hinauszuschießen, sollte sich eine katholische Kirche nicht leisen.
Du hast einmal gesagt, du siehst vieles sehr kritisch, was der Vatikan vorschreibt. Was zum Beispiel und warum?
Eine Sache trifft sogar einen guten Kumpel von mir, mit dem ich Abitur gemacht habe. Er ist Diakon, Doktor der Theologie, war verheiratet und hat zwei Kinder. Erst hat er in einem katholischen Verlag in Mainz gearbeitet und dann wollte er gern als Diakon arbeiten. Jetzt ist aber die Ehe mit seiner Frau auseinander gegangen. Das heißt, er muss jetzt zölibatär leben. Für ihn ist das komisch. Er war immer mit einer Frau zusammen und jetzt darf er das nicht mehr. Und er sagte, heimlich eine Beziehung zu einer anderen Frau einzugehen, sei ja lächerlich. Da bin ich absolut dabei. Das sind so Sachen, die ich nicht ganz verstehe. Gerade dadurch werden gute Leute, die in der Kirche vielleicht aktiv werden wollen, abgeschreckt. Deswegen fände ich es schön, wenn manche Traditionen mal ein bisschen aktualisiert würden. So wie es jetzt hoffentlich durch ist, dass Geschiedene zur Kommunion gehen dürfen.
Wie weit darf Humor gehen ohne blasphemisch zu sein?
Humor ist immer auch Geschmackssache. Mit Sicherheit trete ich auch Leuten auf die Füße, wenn ich mal was Kritisches über die katholische Kirche sage. Aber ich finde, gerade wer in einem Verein Mitglied ist, um das mal bildlich zu sagen, kann sich auch mal kritisch dazu äußern. Das ist natürlich immer im Sinne des Betrachters. Trotzdem glaube ich, zu Kirche und Glaube gehört auch Humor dazu. Und auch Kritik. Und da kann man sich den ein oder anderen Scherz erlauben. In meinem neuen Comedy-Soloprogramm habe ich die Bibel mit auf der Bühne, um Leute mal aus dem Hohelied vorlesen zu lassen. Das finde ich eine sehr interessante Stelle.
Warum?
Es ist ein Teil der Bibel, der sehr nah am Menschen dran ist. Auch wenn die katholische Kirche irgendwann gesagt hat, das sei ja nur metaphorisch gemeint. Es gehe um die Liebe vom Menschen zu Gott. Aber ich finde, da zeigt der Glaube, dass er sehr nah an den Leuten dran ist. Das finde ich gut.
Wo würdest du die Grenze ziehen bei Scherzen über den Glauben?
Ich bin jemand, der sagen kann: „Ich bin gläubig und finde es klasse, in die Kirche zu gehen.“ Deshalb muss ich mir auch mal den einen oder anderen Scherz erlauben dürfen. Aber es sollte natürlich nicht verletzend sein.
Was glaubst du persönlich?
Ich gehe nicht jedes Wochenende in die Kirche. Aber wir beten jeden Abend mit unserem dreijährigen Sohn vor dem Schlafengehen. Wir lassen den Tag Revue passieren und am Schluss sagen wir Amen, bedanken uns beim lieben Gott und hoffen, dass es morgen so gut weitergeht. Ich glaube, dass jemand auf mich aufpasst. Das Gefühl hatte ich eigentlich schon immer. Ich bin nicht übertrieben gläubig, aber ich finde es gut, wenn man einen Sinn oder eine Hilfestellung im Leben hat.
Gibt es ein Erlebnis, das dir den Glauben nahe gebracht hat?
Man wird natürlich in Situationen, wo es einem nicht so gut geht, daran zurückerinnert. Als ich 25 Jahre alt war, lag ich ziemlich lange im Krankenhaus. Eine Woche davon auch auf der Intensivstation. Sonntags habe ich mir immer gewünscht, dass der Pfarrer vorbeikommt und mir die heilige Kommunion vorbeibringt. Das hat mir Halt und Hilfe gegeben.
Warum darf Gott im Baumarkt für die Schöpfung einkaufen wie in deinem Buch und Comedyprogramm „Cantz schön clever“?
Ich finde das sehr plastisch und habe mir irgendwann mal die Frage gestellt: Wie hat das in der Schöpfung überhaupt funktioniert? Ich habe auch mal ein Haus saniert und bin oft in den Baumarkt gegangen. Ich hab mir vorgestellt, wie das ausgesehen hätte, wenn der liebe Gott das so gemacht hätte wie ich damals, der ich jede Woche hingerannt bin. Das ist ein ganz süßes Beispiel, um mit Humor Menschen den Glauben näher zu bringen. Das finde ich zum Beispiel in keinster Weise blasphemisch.
Trotz allem Humor schreibst du in deinem Buch auch: „Die Bibel gibt Lebenstipps“. Und du erklärst den Namen Gottes. Was willst du den Lesern vermitteln?
Zusammen mit meinem Autor, mit dem ich immer schreibe, habe ich überlegt, worüber man schreiben könnte. In einem Kapitel wollten wir was über Religion und den Glauben machen. Liegt daran, dass mich das interessiert. Ich finde es ganz schön, wenn man da ein bisschen klugscheißt und damit sagt: Guck mal wieder rein in die Bibel, weil es sich lohnt. Darum ging‘s eigentlich.
Was sollen die Leute sonst mitnehmen bei deinen Bühnen-Shows?
Erst mal sollen sie gut unterhalten sein und lachen. Bevor die Leute abends nur vorm Fernseher sitzen, ist es gut, wenn sie mal rausgehen und sich zweieinhalb Stunden keinen Kopf über ihren Alltag machen müssen. Das ist für mich das wichtigste. Und dann kommt es immer aufs Programm an. Jetzt fände ich es schön, wenn sie ein, zwei Sachen mitnehmen, die man nicht unbedingt wissen muss, sie aber sagen: Ach guck mal, ich wusste gar nicht, wie Champagnerflaschen heißen, wer die erste Pauschalreise unternommen hat und, und, und. Kleinigkeiten, wo man demnächst mal sagen kann: Ich weiß das.
Wo kriegst du die Ideen her?
Die kriege ich überall her. Egal wo ich sitze, in der Bahn oder sonst irgendwo. Ich versuche immer, mir alles aufzuschreiben und zu gucken, wie man solche Sachen verwerten kann. Rumspinnen hilft auch immer. Viele Sachen schmeiße ich auch wieder weg. Und bei vielen Ideen, von denen ich glaube, die funktionieren super auf der Bühne, merke ich, die funktionieren gar nicht. Andere Sachen, die ich ganz nett finde, finden die Leute super. Man muss üben und ausprobieren.
Du bist einerseits viel unterwegs, andererseits aber auch ein Familienmensch. Was bedeutet Heimat für dich?
Heimat ist das Nest, das Zuhause. Gerade wenn man Nachwuchs hat, ist das Wegsein noch schwerer. Wir versuchen bei einer Tournee, mehr Heimschläfertermine einzubauen. Früher bin ich abends 200 Kilometer nach Hause gefahren, heute fahre ich 300, um im eigenen Bett zu liegen. Morgens im eigenen Bett aufzuwachen, ist für mich Luxus. Hotelbetten werden meiner Meinung nach überschätzt.
Gibt es einen Traum, den du dir noch erfüllen willst?
Ich bin sehr zufrieden. Aber ich würde gern mal eine tolle Reise nach Kanada unternehmen und da Skifahren gehen. Ich würde auch gern mal nach Neuseeland. Ich finde es wichtig, andere Leute kennenzulernen. Ich hätte auch Lust, mal eine Satiresendung zu machen oder eine Sportsendung zu moderieren. Aber das kommt vielleicht noch. Mit dem, was ich gerade mache, bin ich sehr zufrieden und auch sehr ausgelastet.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview mit Guido Cantz ist der neuen Ausgabe des Christlichen Medienmagazins pro (6/2013) entnommen, die am 4. Dezember erscheint. Kostenlos und unverbindlich bestellen unter der Telefonnummer 06441/915151, via E-Mail an info@pro-medienmagazin.de oder online.