„Anora“ wurde bei den diesjährigen Oscars als „Bester Film“ ausgezeichnet. Er erzählt die Geschichte einer jungen Prostituierten. Doch die „humorvolle und abenteuerliche Darstellung“ spiegele nicht die Realität wider, findet die Vorstandsvorsitzende des christlichen Hilfswerkes „Samaritan’s Purse“, Sylke Busenbender.
„Prostitution ist für viele Frauen keine Wahl, sondern ein System der Ausbeutung“, betont sie in einer Pressemitteilung. Laut Schätzungen arbeiteten rund 400.000 Frauen in Deutschland in der Sexindustrie, die Mehrheit von ihnen nicht freiwillig. 95 Prozent der Frauen seien von körperlicher Gewalt betroffen und neun von zehn Prostituierten wünschten sich einen Ausstieg.
Harte Realität gerät aus dem Blickfeld
Durch die enorme kulturelle Reichweite der Oscars und die Auszeichnung des Films bestehe die Gefahr, „dass die harte Realität vieler Betroffener aus dem Blickfeld gerät“, betont Busenbender „Was im Film als tragisch-komisches Abenteuer dargestellt wird, ist für unzählige Frauen bittere Zwangslage. Ihre Geschichten sind keine Filmkomödie.“
Regisseur Sean Baker erzählt in „Anora“ die Geschichte der gleichnamigen jungen Frau, die von Mikey Madison gespielt wird. Die Prostituierte umgibt eine gewisse Aura, die sie ihren Job mit einer Abgebrühtheit machen lässt. Im Film bekommt sie den Auftrag, einen reichen russischen Oligarchen-Sohn zu verwöhnen.
Sie taucht dabei in eine dekadente Welt ein, in der laut „epd Film“ die Romantik bald der Realität weicht. Baker hat sich schon häufiger Stoffen aus diesem Milieu gewidmet. Im Film „Starlet“ spielt beispielsweise eine junge Pornodarstellerin die Hauptrolle. Sein Film „The Florida Project“ erzählt die Geschichte einer alleinerziehenden Mutter, die sich notgedrungen prostituiert.
„Leid hinter der Industrie nicht übersehen“
Busenbender fordert eine „ehrliche und differenzierte Debatte“ über die Prostitution. Man dürfe das Leid hinter dieser Industrie nicht übersehen. „Samaritan’s Purse“ setzt sich mit dem Projekt „Alabaster Jar“ in Berlin aktiv für Frauen ein, die in der Prostitution gefangen sind. Dies geschieht bei Straßeneinsätzen, Beratungen und konkreten Hilfsangeboten, aber auch im Gebet.
In Los Angeles wurden in der Nacht von Sonntag auf Montag die Oscars 2025 verliehen. Einer der 23 Oscars ging an den Kinofilm „Konklave“ in der Kategorie „Bestes adaptiertes Drehbuch“. Der Film stellt die Vorgänge der Papstwahl realitätsnah dar.