Der Theologe Christoph Markschies sieht Fußball in gewissen Bereichen als Ersatzreligion an. Das erklärte er in einem Interview des Senders rbb. So seien beispielsweise viele Fans sehr engagiert, ein verschwitztes Trikot ihres Lieblingsspielers zu erhalten. Er vergleicht dabei das Trikot mit einer Reliquie.
Auch Ähnlichkeiten zwischen Fußballspielen und Gottesdiensten sieht der Theologie-Professor von der Humboldt-Universität Berlin, etwa beim gemeinsamen Singen. Er vergleicht Wallfahrten mit der Reise zu einer Weltmeisterschaft. Die Gemeinschaft sei sowohl beim Sport als auch in der Religion ein wichtiger Bestandteil. In Hamburg gebe es sogar Friedhöfe, auf denen sich Fans des Vereins HSV beerdigen lassen können.
„Religion greift tiefer ins Leben ein“
Parallelen sieht Markschies auch beim Zugehörigkeitsgefühl. In beiden Bereichen gebe es enthusiastische, aber auch gewaltbereite Fans. Die Religion allerdings habe eine globale Reichweite, die bis jetzt kein Fußballverein aufweisen könne. Mitfeiern könnten die Fans zwar mit anderen Fußballfans, aber wenn der eigene Verein verliere, sei dies ärgerlich.
Der Theologe sieht trotz aller Parallelen dennoch enorme Unterschiede. Fußball garantiere im Gegensatz zum Christentum kein Heil. Es gebe auch keinen persönlichen Gott beim Fußball. „Religionen betreffen Leben und Tod, die Ordnung meiner Familie und meiner Partnerschaft, das ganze Leben“, sagte er. Die Religion greife somit noch mehr ins Leben von Menschen ein. Sie betreffe „was vor mir war und was nach mir war. Insofern ist der Anspruch viel größer“. Dass Fußball dies nicht tue, sei gut. Sonst wäre das ganze Leben von Sieg oder Niederlage einer Mannschaft bestimmt. Fußball könne aber die Rolle einer Teilzeitreligion einnehmen.
Von: Niklas Fischer