Die stellvertretende Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Annette Kurschus, und Landesbischof Ralf Meister haben Margot Käßmann am Samstag in einem Festgottesdienst in der Marktkirche in Hannover entpflichtet und in den Ruhestand verabschiedet. Laut dem Evangelischen Pressedienst (epd) kamen rund 2.000 Menschen in die Marktkirche in Hannover. Weitere verfolgten den Gottesdienst über eine Großleinwand vor der Kirche.
Die Predigt in dem Gottesdienst hielt Käßmann. „Gebt die Hoffnung nicht auf, dass unsere Welt eine bessere werden kann“, sagte die 60-Jährige. „Wir brauchen Weltverbesserer, auch wenn das für manche inzwischen ein Schimpfwort ist.“ Käßmann ermunterte die Menschen, an der Hoffnung auf Nächstenliebe und Barmherzigkeit, auf Gerechtigkeit und Frieden festzuhalten.
Bei der Verabschiedung würdigte der hannoversche Landesbischof Meister Käßmann als „Frau mit einem außerordentlichen Charisma“. Die stellvertretende EKD-Ratsvorsitzende Kurschus, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, entpflichtete Käßmann von ihrem Auftrag als Reformationsbotschafterin des Rates der EKD. Käßmann habe der evangelischen Kirche „ein unverwechselbares Gesicht und eine prominente Stimme gegeben – eine weibliche Stimme“, sagte Kurschus.
Im Anschluss an den Gottesdienst gab es einen Empfang vor der Marktkirche mit Grußworten des niedersächsischen Kultusministers Grant Hendrik Tonne und der Präses der Synode der EKD, Bundesministerin a. D. Irmgard Schwaetzer, einem Talk mit der früheren Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentags Friederike von Kirchbach sowie ein Interview mit Margot Käßmann. Für Musik sorgen Dieter Falk und Söhne, Fritz Baltruweit und das Ensemble „Junges Blech Hannover“.
Ruhestand auf Usedom
Im pro-Interview sagte Käßmann anlässlich ihrer Verabschiedung über ihren Rücktritt als EKD-Ratsvorsitzende nach ihrer Autofahrt unter Alkoholeinfluss: „Ich bin heute noch froh, dass ich damals auf mein inneres Gefühl gehört habe und diesen Weg gegangen bin, obwohl mir viele geraten haben, es anders durchzustehen. Dass dann aber so viele Menschen ihre Sympathie für mich ausgedrückt und mir Respekt für den Rücktritt gezollt haben – das habe ich nicht erwartet.“
Angesprochen auf ihre Popularität sagte die Theologin: „Ich musste mich fragen, was die Leute da in mir sehen. Vielleicht sagen sie sich: Ich habe auch Fehler in meinem Leben gemacht und ich kann damit leben. Aber solche Zuschreibungen sind nicht ungefährlich.“ Auf Medien angesprochen sagte Käßmann: „Als Kirche können wir die Medien nutzen, das hätte Luther auch getan. Ich fürchte, er hätte sogar getwittert.“
Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) dpa berichtet, will Käßmann weiter als Autorin populärtheologischer Bücher aktiv sein und sich in Friedensfragen einbringen. Ihren Ruhestand will Käßmann in ihrem Häuschen auf Usedom sowie in Hannover verbringen, wo zwei ihrer Töchter wohnen. „Mein sechstes Enkelkind ist unterwegs, ich werde wohl keine Langeweile haben.“
Von: Jörn Schumacher