Mahn- und Gebetswachen in der Nähe von Schwangerschaftsberatungsstellen bleiben rechtmäßig. Die Stadt Pforzheim sei mit ihrem Verbot solcher Veranstaltungen beim Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig gescheitert, teilte die Klägerseite am Donnerstag mit.
Die Gruppe „40 Tage für das Leben“ veranstaltet zweimal im Jahr stille Gebete gegenüber von „Pro Familia“ in Pforzheim. (AZ: 1 S 3575/21) In dem BVerwG-Beschluss, der dem epd vorliegt, verweist der 6. Senat auf die grundgesetzlich verbürgte Versammlungsfreiheit. Der Veranstalter habe das Recht, „selbst über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt der Versammlung zu bestimmen“. Auch gebe es „in einer pluralistischen Gesellschaft kein Recht darauf, von der Konfrontation mit abweichenden religiösen Vorstellungen oder Meinungen gänzlich verschont zu bleiben“.
Die Stadt hatte argumentiert, die betroffenen Schwangeren befänden sich in einer psychischen Ausnahmesituation und müssten einen „Spießrutenlauf“ über sich ergehen lassen. Dafür habe es aber keine Belege gegeben, so die Bundesverwaltungsrichter. Die Einschränkung der Versammlungsfreiheit sei zulässig, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bestehe.
Die Stadt Pforzheim hatte 2019 ein Verbot der Gebetswachen in Sichtweite von „Pro Familia“ verfügt. Die Veranstalter klagten dagegen und bekamen im vergangenen Jahr vor dem baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim Recht. Gegen dieses Urteil wiederum zog die Stadt vor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.
Dort folgte man jedoch der Argumentation der Mannheimer Richter und ließ eine Revision nicht zu. Pforzheims Oberbürgermeister Peter Boch (CDU) bedauert den Gerichtsbeschluss. „Eine allgemeingültige Klärung auf übergeordneter Ebene zu diesem sensiblen Thema wäre von großer Bedeutung gewesen“, erklärte er. Dennoch werde die Verwaltung die Entscheidung des Gerichts akzeptieren und die Auswirkungen sorgfältig prüfen.