Meinung

Macht Social Media krank?

In der Funk-Reportage „Jonas Ems, Gnu, LeFloid: Macht Social Media krank?“ kommen junge Menschen zu Wort, die über ihre negativen Erfahrungen mit dem Druck des Influencer-Daseins berichten. Dabei verpassen die Macher des Films eine große Chance.
Von Martin Schlorke
STRG_F

„Wenn ich betrunken bin, ist es für mich einfacher.“

Jonas Ems, ist 25 und Influencer. Auf Instagram hat er 1,4 Millionen Follower, auf TikTok sind es gar 2,4 Millionen. Seinen Beruf als Social-Media-Star konnte er nach eigener Aussage teilweise nur mit genügend Alkohol ausführen. Glaubt man verschiedenen Umfragen, dann ist Influencer für einen Großteil der Jugendlichen ein Traumjob. Doch ein Film des Reportagenformats „STRG_F“ von Funk versucht nun die dunklen Seiten aufzuzeigen.

Im Laufe der rund 30-minütigen Reportage wird eines schnell deutlich: Ems ist in der deutschen Influencer-Szene längst kein Einzelfall. Auch der YouTuber LeFloid (bürgerlich Florian Diedrich) berichtet von Alkoholmissbrauch.

Um sein Pensum an Videos zu schaffen und dem Druck standhalten zu können, habe er irgendwann begonnen Alkohol zu trinken – auch während des Streams: „Ich habe dann festgestellt, dass ich mich in eine unfassbar ungesunde Richtung entwickle.“ Durch diese Erkenntnis und mithilfe seiner Freunde habe er die Reißleine ziehen können. Der Streamer Kalle Koschinsky (bürgerlich Pascal Becker) berichtet im Film, wie ihm tägliches Streamen ausgebrannt hat.

Gute Ansätze, doch die große Antwort fehlt

Auch die 22-jährigen Zwillingsbrüder Roman und Heiko Lochmann erzählen im Interview von den dunklen Zeiten ihrer Social-Media-Karriere, die sie bereits im Alter von 12 Jahren gestartet haben: „Da gab es schon wirklich dunkle Phasen, die unmittelbar mit dieser Karriere zu tun haben.“ Noch heute leide Roman an Angst- und Panikattacken. Inzwischen ist das Brüderpaar ausgestiegen, macht nur noch Musik.

Obwohl weitere Stars in der Doku zu Wort kommen und von ihren negativen Erfahrungen berichten, fehlt dem Film eine gewisse Tiefe. Keine Frage, die Macher sprechen wichtige Dinge an, nennen Ursachen und machen auf ein Problem aufmerksam, dass nicht nur die bekannten Influencer betrifft, sondern jeden aktiven Nutzer, der die verschiedenen Plattformen nutzt. Schließlich können auch „nur“ wenige tausend Follower enormen Erwartungsdruck erzeugen.

Lösungsansätze, wie mentale Gesundheit und Erfolg auf Social Media zusammengehen können, werden im Film allerdings nicht aufgezeigt – vielleicht, weil die einzige nachhaltige Lösung Abstinenz ist? Fakt ist, dass die Protagonisten weiterhin, wenn auch in teilweise anderen Formaten, sehr aktiv und erfolgreich Social Media betreiben. Keiner hat dem Geschäftsmodell Influencer grundsätzlich den Rücken gekehrt. Und dennoch: das Heraustreten aus dem Lichtkegel der perfekten Inszenierung ist ein wichtiger Schritt – für Influencer-Kollegen und für die vielen Millionen Follower.

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2 Antworten

  1. Ein wichtiges Thema, hier leider wohl zu „flach“ angegangen.

    Ein Influencer, der dagegen positiv auffällt und auch persönliche Grenzen, Motivation und Scheitern thematisiert – bis hin zum finalen Scheitern an der Krankheit Krebs – wäre für mich Philipp Mickenbecker
    https://www.youtube.com/watch?v=ltxy74QeOsA (Philipp Mickenbecker: letztes Gespräch)

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  2. Nicht nur die Influencer selbst macht „Online“ kaputt.
    Schön beschrieben sind die Folgen auch hier: „Macht die Digitalisierung eigentlich dumm? Fest steht, dass sie Licht- und Schattenseiten hat. Doch was genau passiert mit unserem Gehirn, wenn wir uns mehr und mehr vom Analogen verabschieden? Was bedeutet das für unser Menschsein? “
    https://www.youtube.com/watch?v=6s3zWjw2NP8

    Oder auch hier: «Heutzutage kann man kein normales Gehirn besitzen» – der moderne Mensch leidet an einem kollektiven Aufmerksamkeitsdefizit. Wie gewinnen wir unser Denken zurück?
    https://www.nzz.ch/feuilleton/aufmerksamkeit-die-moderne-welt-ist-gift-fuers-hirn-was-tun-ld.1666054

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