Liedermacher Bittlinger von Katholiken bedroht

Normalerweise handeln seine Lieder von friedlichen Themen und rufen zur Versöhnung auf. Eines seiner neuen Lieder hat jedoch einen Streit mit strenggläubigen Katholiken entfacht - "Mensch, Benedikt" lautet der Titel. Der Sänger und Liedermacher Clemens Bittlinger musste bereits unter Polizeischutz auftreten.
Von PRO

Der 49-jährige Bittlinger ist evangelischer Pfarrer in Darmstadt und seit 25 Jahren Liedermacher. Manche seiner Songs wie etwa „Aufstehn, aufeinander zu gehn“, „So soll es sein“ oder „Sei behütet“ gehören in vielen Gemeinden zum festen Liedgut. Für den kommenden Kirchentag 2009 schrieb er den offiziellen Kirchentagssong „Mensch, wo bist Du?“.

Kritische Fragen zu Kondomen und Vorhölle

Bereits seit längerem ist der erfolgreiche Liedermacher in der Ökumene aktiv. Seit 2005 ist Bittlinger Referent für Mission und Ökumene im Evangelischen Dekanat Darmstadt-Land. Sein Buch „Du bist bei mir“ wurde im Februar 2005 auf die Empfehlungsliste des Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreises gesetzt. Doch auf dem Katholikentag im Mai dieses Jahres in Osnabrück sang er den Song „Mensch Benedikt – (k)ein Spaziergang mit dem Papst“, der unter Katholiken eine Welle des Hasses gegen ihn losbrach. Das Lied sollte eine „augenzwinkernde Einladung an den Papst“ sein, mit ihm die eine oder andere Frage anzusprechen, so Bittlinger.

In dem Lied heißt es: „Mensch Benedikt, ich würde gerne ein paar Schritte mit Dir gehen. Denn ich hätte zwei, drei Fragen und kann vieles nicht verstehen. … Nun, ich frage mich, was hat folgendes mit Christus denn zu tun? (…) Warum schmähst Du andere Christen? Warum suchst Du offen Streit und sagst: Ihr seid keine Kirche, weil ihr fehlerhaft seid? Wer im Glashaus wirft mit Steinen, endet schnell im Scherbenmeer und doch viele Katholiken decken diesen Stil nicht mehr. (…) Du verbietest die Kondome, auch den Armen dieser Welt. Förderst damit AIDS-Verbreitung, auch wenn dir das nicht gefällt. Zwischendurch schaffst Du die Vorhölle für getaufte Babys ab. Hast Du im Ernst zuvor geglaubt, dass der Herrgott sowas hat?“

Das Lied stieß bei einigen Katholiken auf heftigen Widerstand. Bittlinger hätten sogar Morddrohungen erreicht, ebenso wie Briefe, die ihn als „dreckige Protestantensau“, als „Stinker“ oder als „vom Teufel besessen“ bezeichnen, berichtet „Der Spiegel“. Manche der Absender beklagen, keine „Aggressionen“ gegen ihn „rauslassen“ zu können. Laut „Spiegel“ erschienen auf rechtskonservativen katholischen Internet-Seiten zornige Hinweise auf den Song.

Die Polizei nimmt die Drohungen ernst; das Premierenkonzert zur neuen CD „Habseligkeiten“ im hessischen Rimbach musste Bittlinger unter Polizeischutz abhalten. Eine verdächtige Postsendung wurde von einer Spezialeinheit geöffnet. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen einige der Drohbriefschreiber.

Die Wutwelle habe ihn „vollkommen unerwartet“ getroffen, sagt Bittlinger gegenüber „Spiegel“. „Das war für mich ein Schlag ins Gesicht.“ Er habe sich „den Frust vom Leib schreiben wollen“, denn man müsse reagieren, wenn jemand Christen „in erste und zweite Klasse unterteilt“. Bittlinger ist „Sonderbeauftragter für musikalisch-kulturelle Verkündigung“ und „Referent für Mission und Ökumene“. Sein Dienstherr, Peter Steinacker, Kirchenpräsident von Hessen und Nassau, hat sich unterdessen hinter Bittlinger gestellt: „Die Kritik mancher katholischer Kreise, die sogar vor Morddrohungen nicht zurückschrecken, ist inakzeptabel.“ Für ihn zeige sich da „ein Potential an Gewalt, Selbsterhöhung und fundamentalistischer Intoleranz, das als Gefahr jeder Religion und Konfession innewohnt“, und dringend befriedet werden müsse.

„Mit dem Lied ist jeder Christ gemeint“

Auf dem Internetportal für christliche Musik „Sound 7.de“ veröffentlichte Bittlinger im Juli einen Text, der das Lied über Benedikt ins rechte Licht rücken sollte. Keineswegs habe er mit dem Lied ausschließlich Papst Benedikt XVI. ansprechen wollen, sondern jeden Christen. „Du und ich, wir müssen uns die Frage gefallen lassen: was hat dies oder jenes in Deinem Leben noch mit Jesus zu tun?“, so Bittlinger. Denn im Grunde sei ja jeder Christ „auf seine Weise und dort, wo er oder sie lebt, als ‚Stellvertreter Jesu‘ zu sehen“. Weiter schreibt der Liedermacher, auch er selbst würde gerne immer wieder an die „Dienstanweisung seines Herrn“ erinnert werden: „Ich wünsche mir Gesprächspartner, die mich kennen und die es gut mit mir meinen, die mich bei Seite nehmen und sagen: ‚Mensch, Clemens, ich würde gerne ein paar Schritte mit dir gehn, denn ich hätte zwei, drei Fragen und kann vieles nicht verstehn‘. Ich möchte befragt werden: Was hat dies oder jenes noch mit Christus zu tun?“ (PRO)

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