"In unserer Gesellschaft bilden Arbeitslose die größte Gruppe der Ausgegrenzten", findet Pfarrer Andreas Dohrn. "Wer ihnen helfen will, muss Jobs verteilen", zitiert ihn die Wochenzeitung "Die Zeit". Weil auch Arbeitsvermittlung Dienst am Nächsten ist, hat seine Kirchgemeinde St. Jakobi im sächsischen Stollberg vor wenigen Tagen die "Christliche Arbeitsvermittlung Sachsen" eröffnet – mit Erfolg. Allein in den ersten drei Tagen haben sich hunderte Arbeits- und Mitarbeitersuchende bei den Arbeitsvermittlern angemeldet. "Das Telefon klingelt hier permanent. Da müssen wir schon einige Stunden an unsere normale Arbeitszeit dranhängen", erklärt Gudrun Gehler.
Die meisten Bewerbungen via Internet
Wer Arbeit sucht oder den passenden Mitarbeiter finden möchte, kann sich auch via Internet bewerben. Die meisten Anfragen erreichen die Arbeitsvermittlung auf diesem Weg. Andere rufen an oder kommen gleich persönlich vorbei. Auch wenn die Kirchgemeinde ihre Einrichtung ausdrücklich "christliche Arbeitsvermittlung" nennt, sind nicht nur Christen erwünscht. Bewerber, beispielsweise um Stellen als Krankenschwestern, Sozialpädagogen, Lehrer oder Altenpfleger, müssen nicht an Gott glauben. Dennoch erhöhe es ihre Chancen, wie Dohrn der "Zeit" berichtet: "Ich kenne Kindergärten, die händeringend nach christlichen Erziehern suchen." Staatliche Arbeitsagenturen dürften jedoch nicht entsprechend der Religionszugehörigkeit vermitteln.
Arbeitnehmer und Arbeitgeber finden sich bei der christlichen Jobbörse ganz wie in einer Internet-Partnervermittlung. Pfarrer Dohrn ließ eine Internetseite programmieren, die 40 Kompetenzen von Bewerbern erfasst, etwa Teamgeist oder Kreativität. Ebenso suchen hier Arbeitgeber. Passen zwei Datensätze zusammen, stellen Dohrn und Gudrun Gehler den Kontakt her. Zusätzlich suchen die Vermittler in Zeitungen, im Internet und bei kirchlichen Trägern nach offenen Stellen, damit jeder Kunde aus fünf Angeboten auswählen kann, wie Dohrn der "Zeit" verriet.
Idee soll deutschlandweit bekannt werden
Angefangen hat die Geschichte der Arbeitsagentur bereits 1992. Damals war der Landkreis Träger einer Erwerbslosen-Initiative, die Kirche stellte lediglich die Räume. Nach einer Landkreisreform im Jahr 2007 fiel der Träger aus. Die Kirche entschied sich, das Projekt weiterzuführen. Auch wenn die Jobvermittlung schon jetzt erfolgreich arbeitet, hoffen die Initiatoren darauf, dass ihr Vorbild deutschlandweit Kreise zieht. Gudrun Gehler setzt vor allem auf die Verbreitung der Idee durch das Internet. Derzeit liegt ihr Augenmerk aber auf der Arbeit vor Ort. Künftig hofft sie auf eine Vermittlung pro Woche.
Finanziert wird die Agentur durch Vermittlungsgutscheine. Der Staat zahlt für jeden vermittelten Arbeitslosen 2.000 Euro, wenn der Betreffende zuvor länger als drei Monate keinen Job hatte. Die "Zeit" schreibt: "Wer keinen Anspruch auf den Vermittlungsgutschein hat, dem hilft Dohrn aus Nächstenliebe." Ähnliche Angebote christlicher Betreiber gibt es etwa in Kassel. Dort vermitteln die "Christen im Personalservice" Mitarbeiter an Betriebe. Auch bei Medienunternehmen wie dem Evangeliums-Rundfunk können christliche Bewerber nach Stellen suchen. (pro)