Friedrich Merz ist ein Freund klarer Worte. Aber klare Worte sind nicht immer klug. So wie dieses Bonmot, das er uns kurz vor Weihnachten präsentierte:
„Wenn wir von Leitkultur sprechen, von unserer Art zu leben, dann gehört für mich dazu, vor Weihnachten einen Weihnachtsbaum zu kaufen.“ So zitierten ihn am Donnerstag die Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Ja, natürlich, der Weihnachtsbaum ist etwas Wunderbares. Bei uns steht er sogar schon geschmückt im Wohnzimmer – entgegen der Tradition und seinem Namen, wie ich vergeblich anmerkte. Die Kinder freuen sich so eben noch ein paar Tage länger daran.
Nach Merzscher Deutung sind wir aber wahrscheinlich Vorzeige-Deutsche, denn „es ist die Art von christlich-abendländisch geprägter kultureller Identität, die sich über Generationen überträgt, von der unsere Kinder geprägt sind, und die sie dann so oder so ähnlich selbst weitertragen“, so Merz. Deutsche Leitkultur, über Generationen gewachsen.
Mit Verlaub, aber: Was für ein Quatsch.
Wer meint, dass der Weihnachtsbaum unverzichtbarer Teil unserer Leitkultur ist, der hält vermutlich auch Sauerkraut und die Sportschau dafür. Sie alle sind natürlich Teil unserer „Kultur“. Aber sie sind keine „Leitkultur“, an der sich also alle ausrichten müssen, wenn sie zur Gesellschaft dazugehören wollen.
Wenn das „C“ zum Identitätsmarker wird
Eine Leitkultur gibt Leitplanken vor, sie beschreibt wichtige Werte für unser Zusammenleben. Und natürlich haben sie auch christliche Wurzeln. Vertragstreue. Wahrhaftigkeit. Fleiß. Bildung. Nächstenliebe. Vielleicht sogar Vergebung. Das sind Werte unserer Leitkultur, die man auch leben kann, ohne eine Nordmanntanne in die Wohnung schleppen zu müssen.
Man mag die Äußerung von Merz schnell weglächeln. Tatsächlich steckt dahinter aber eine Gefahr, wie auch das neue Grundsatzprogramm der CDU zeigt: Das „C“ wird plötzlich zur Chiffre für Identitätspolitik, zum Erkennungszeichen, nicht zur Grundlage christlicher – auch biblischer – Werte. Davor sollten Christen sich hüten.
Sehr viel schönere Worte zu Weihnachten hat übrigens Merz’ Parteifreund Karl-Josef Laumann gefunden. Im nordrhein-westfälischen Landtag sagte der Gesundheitsminster: „Ich freue mich riesig darüber, dass Christus geboren ist. Denn das ist ein Zeichen für uns Menschen, was unverzichtbar ist und nur gute Werte hat.“
Und er fügte unter großem Gelächter hinzu: „Und eins muss man ja auch bedenken: Wenn er nicht geboren wäre, gäb’s keine CDU.“