Leipziger „Westin Hotel“ entschuldigt sich für Antisemitismus – und erntet Kritik

Ein Mitarbeiter des Leiziger „Westin Hotel“ checkt den Musiker Gil Ofarim nicht ein, weil er eine Davidstern-Kette trägt. Nachdem dieser auf den sozialen Netzwerken von dem Vorfall berichtet, bricht ein Sturm der Entrüstung los. Das Hotel entschuldigt sich, in Form eines Banners mit Israelfahne und arabischem Halbmond.
Von Martin Schlorke
Der Musiker Gil Ofarim hat sich öffentlich entschuldigt und um eine zweite Chance gebeten

Der deutsch-jüdische Sänger Gil Ofarim ist am Dienstag Opfer eines antisemitischen Vorfalls geworden. In einem auf Instagram veröffentlichten Video schildert er, dass ein Mitarbeiter des Leipziger „Westin Hotel“ ihm den Check-In verweigert hat. Als Grund nannte der Angestellte demnach Ofarims Davidstern-Kette, die der 39-Jährige offen trug. Zudem habe ihn auch ein Gast aufgefordert, die Kette wegzupacken. Der Vater des Sängers war der israelische Musiker Abi Ofarim.

Nach der Veröffentlichung des Videos brach in den sozialen Medien ein Sturm der Entrüstung aus. Die Präsidentin der „Jüdischen Studierendenunion Deutschland“, Anna Staroselski, schrieb auf Twitter: „Es reicht! Wir wollen uns nicht mehr verstecken!“ Tausende weitere Menschen bekundeten ihre Solidarität mit dem Musiker. Am Mittwochabend versammelten sich zudem hunderte Menschen zu einer Demonstration gegen Antisemitismus in Leipzig.

Kritik an Entschuldigung

Das Hotel reagierte am Mittwoch und beurlaubte den entsprechenden Mitarbeiter: „Wir sind ein weltoffenes Hotel und lehnen jede Form von Intoleranz, Diskriminierung und Antisemitismus auf das Schärfste ab“. Gegenüber der „Leipziger Volkszeitung“ erklärte die stellvertretende Hotel-Managerin Antje Reichstein, dass Antisemitismus nicht entschuldbar sei und ebenso wenig geduldet werde. In einer ersten Stellungnahme war dagegen nur von „Angelegenheit“ die Rede. Viele Nutzer fragten daraufhin, warum Antisemitismus als solcher nicht benannt werde.

Zudem veröffentlichte das Hotel ein Bild, auf dem Mitarbeiter ein Banner hochhalten. Darauf ist neben Israelfahnen auch der islamische Halbmond zu sehen. Viele Nutzer zeigten sich ob der verwendeten Symbole entsetzt. Ein Twitter-Nutzer schrieb: „Das Westin postet keine Entschuldigung, stattdessen dieses mehr als falsche Bild, das letztlich zeigt: sie haben nichts verstanden. Denn hier wird Jude mit Israel gleichgesetzt. Unsäglich.“

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, kritisierte die Aktion ebenfalls: „Nach der antisemitischen Anfeindung gegen einen Juden in Deutschland fällt dem Hotel nichts anderes ein, als die israelische Flagge und Symbole des Islam auf ein Banner zu drucken.“ Das zeige, wie wenig Bewusstsein es beim Hotel gebe, dass Juden ein Teil der deutschen Gesellschaft seien.

Der deutsch-israelische Autor und Psychologe Ahmed Mansour schrieb in Anspielung an ein bekanntes Fußball-Zitat zum Banner: „Wir brauchen schnell irgendwas mit Toleranz und so! Mailand oder Madrid – Hauptsache Italien!“

Polizei ermittelt

Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet am Donnerstag, dass der beschuldigte Mitarbeiter Anzeige wegen Verleumdung gestellt hat. Polizeisprecher Olaf Hoppe erklärte, dass der Mann den Vorfall „deutlich abweichend“ von den Aussagen des Musikers schildere. Eine zweite Anzeige habe der Angestellte zudem wegen Bedrohung gestellt, weil er in den sozialen Medine massiv angefeindet werde. Die Polizei bestätigte ferner, dass eine weitere Anzeige wegen Volksverhetzung bei ihr eingegangen sei. Sowohl die Staatsanwaltschaft, als auch die Kriminalpolizei hätten sämtliche Ermittlungen aufgenommen, sagte Hoppe. Ofarim habe bislang keine Anzeige erstattet.

Ofarim selbst sagte am Mittwoch bei „Bild TV“, dass er von der Hotelleitung bisher keine Entschuldigung erhalten habe: „Mein Management hat nur eine E-Mail bekommen, dass man sich mal austauschen wollen würde, mal reden. Aber ich habe weder eine Stellungnahme bekommen zu diesem Fall, ich habe keine Entschuldigung bekommen, gar nichts.“ Er habe in seinem Leben bereits viel Antisemitismus am eigenen Leib erfahren, der Vorfall nun sei aber einer zu viel gewesen: „Ich finde, man soll einfach nicht mehr die Klappe halten und das über sich ergehen lassen. Ich hätte mir nur gewünscht, dass ich nicht alleine gewesen wäre in dem Moment, und hätte mir gewünscht, dass andere Gäste das vielleicht mitgehört hätten.“

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Eine Antwort

  1. „Ich hätte mir nur gewünscht, dass ich nicht alleine gewesen wäre in dem Moment, und hätte mir gewünscht, dass andere Gäste das vielleicht mitgehört hätten.“

    Andere Gäste haben das mit angehört, berichten aber eine andere Version der Geschehnisse. Bis zu endgültigen Klärung sollte man sich vielleicht mit Anschuldigungen zurückhalten. Zum einen würde das die journalistische Sorgfaltspflicht gebieten, zum anderen würde das auch davor schützen, selbst wegen Verleumdung verklagt zu werden.

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