Der amerikanische Fernsehprediger Bobby Schuller entspricht so gar nicht dem Klischee des amerikanischen Fernsehpredigers, das viele Europäer vor ihrem inneren Auge haben. Weder klagt der 35-Jährige über den unmoralischen Zeitgeist, noch verspricht er das Blaue vom Himmel, wenn man ihm nur genug Geld spendet. Stattdessen spricht er davon, wie die lokale Gemeinde ein Segen für ihren Stadtteil werden kann, und auf welche Bedürfnisse der Menschen die Kirchen heute eingehen müssen. Das tut Schuller Woche für Woche in der Fernsehsendung „Hour of Power“, die weltweit über zwei Millionen Zuschauer haben soll. Sie beinhaltet fast den ganzen Gottesdienst seiner Gemeinde, neben Schullers Predigt gibt es traditionelle Kirchenmusik und kurze Interviews mit teils prominenten Christen, die aus ihrem Leben berichten. Schuller ist Pastor der „Shepherd‘s Grove“-Gemeinde in Los Angeles. Zuschauer, die neu hinzukommen, werden kaum um die bewegte Geschichte der TV-Sendung mit dem kraftvollen Namen wissen, die 1955 mit Bobbys Großvater, Robert H. Schuller, begann.
Robert H. Schuller gründete damals eine Gemeinde der Reformierten Kirche Amerikas in einem Autokino in Garden Grove im kalifornischen Orange County, dem Landkreis der Reichen und Schönen südlich von Los Angeles. Mit der Gemeinde wuchsen die benötigten Gebäude, bis 1980 schließlich eine eindrucksvolle Glaskathedrale fertiggestellt wurde. Rund 20 Millionen Dollar kostete der Palast, inklusive Springbrunnen, 30 Meter hohen Flügeltüren und einer Orgel mit 16.000 Pfeifen. Die perfekte Kulisse also, um mit Schullers bereits seit zehn Jahren im Fernsehen übertragener „Hour of Power“ ein noch größeres Publikum zu erreichen. 1989 lief sie als erste christliche Sendung im Fernsehprogramm der Sowjetunion, nach und nach war sie in rund 160 Ländern zu sehen. Bobby Schuller, Jahrgang 1981, beobachtete seinen berühmten Großvater genau. „Er war zu Hause genau der gleiche wie im Fernsehen“, erinnert er sich. „Er sprach lauter als nötig, war euphorisch und liebte es, Leute zu umarmen.“ Dass er selbst eines Tages die Gemeinde leiten würde, ahnte Bobby damals nicht.
Gemeindegründer Robert H. Schuller leitete die Kirche bis 2006, als er seinen Sohn Robert A. Schuller – Schuller junior, Bobbys Vater – zu seinem Nachfolger berief. Damit begann der Wendepunkt für die Crystal Cathedral. „Meine vier Tanten waren mit der Entscheidung nicht einverstanden und fragten sich, ob mein Vater die Kirche in die richtige Richtung führen würde“, beschreibt Bobby Schuller die Situation. Der Streit führte schließlich dazu, dass Schuller junior 2008 von seinem Amt als Hauptpastor zurücktrat und seine Schwester Sheila Coleman Schuller das Ruder der Kirche übernahm. Zur gleichen Zeit wurde bei Schuller senior Alzheimer festgestellt. Durch Familiendrama und Wirtschaftskrise war die Gemeinde längst in Schieflage geraten. 2010 musste sie Insolvenz anmelden. Auch ein eindringlicher Spendenaufruf hatte nicht den entscheidenden Aufschwung gebracht. Der Familienstreit und der Niedergang der Gemeinde samt ihrer pompösen Glaskathedrale wurden zum Gespött der Öffentlichkeit.
Zehn Millionen Zuschauer sind das Ziel
Was klingt wie eine Seifenoper unter der Sonne Kaliforniens, sollte sich als Katharsis für die Gemeinde herausstellen. Und hier kommt Bobby Schuller ins Spiel, der von Kindheit an eine enge Freundschaft mit seinem Großvater hatte, den er als Mentor bezeichnet. Bobby Schuller hat inzwischen geheiratet und Theologie studiert. Mit seiner Frau Hannah gründet er eine eigene kleine Gemeinde, die Schuller 2015 mit dem, was unter Führung seiner Tante Sheila von „Crystal Cathedral Ministries“ übrig ist, fusioniert. Er wird damit Hauptpastor der unter dem Namen „Shepherd‘s Grove“ bekannten Gemeinde. Die ist mittlerweile in ein weniger spektakuläres Gebäude umgezogenen. Die Kirche stabilisiert sich, und Schuller wird als neues Gesicht der „Hour of Power“ den Fernsehzuschauern weltweit bekannt. In den TV-Gottesdiensten erinnert immer noch vieles an die bekannten Gottesdienste in der Glaskathedrale: Die Sänger im Chor tragen ein festliches Gewand, bei einem festen Programmpunkt schütteln sich die Besucher die Hand und sagen: „Gott liebt dich, und ich auch!“ Unterstützt von sieben Auslandsbüros mit 75 Angestellten will Schuller die Welt mit der frohen Botschaft erreichen, von Augsburg aus werden die internationalen Missionsaktivitäten koordiniert. Sein Traum ist es, mit seinen Predigten zehn Millionen Menschen zu erreichen, gerade auch in China.
Gottes Liebe und Gnade in modernen Worten zu beschreiben, ist für Schuller das wichtigste Anliegen. Zu erfahren, dass sie Wert und Würde haben, identifiziert er als die größte geistliche Sehnsucht der Menschen rund um die Welt. „Jesus forderte nicht die religiösen Leute zur Nachfolge auf, sondern ganz normale Arbeiter wie Fischer und Handwerker“, sagt Schuller. „Jesus wurde kritisiert, weil er mit den ‚falschen‘ Leuten zusammen aß, mit Prostituierten und Zöllnern. Von diesem Ausgangspunkt helfen wir Menschen, Christen zu werden: Jesus machte deswegen einen Unterschied, weil er der größte Freund der Sünder war.“
Was Christen in Europa anders machen
Regelmäßig hält Schuller auch Gottesdienste in Kirchen oder Veranstaltungshallen im Ausland ab, um Freunde und Spender der TV-Mission zu treffen. Fünf Städte besuchte er im November in Deutschland. Hierzulande sollen seinen Angaben zufolge bei Bibel TV und Tele 5 etwa 100.000 Zuschauer die „Hour of Power“ sehen. Bei YouTube liegen die durchschnittlichen Klickzahlen für die ins Deutsche übersetzten Predigten im unteren vierstelligen Bereich. Der Kontakt mit den Menschen ist Schuller wichtig, und er genießt auch einen gewissen Star-Rummel: Er gibt Autogramme, posiert herzlich und mit scheinbar endloser Geduld für Fotos und freut sich, dass nicht nur Fans seines Großvaters, sondern auch viele neue Zuschauer hinzukommen. An den Christen in Europa beobachtet er, dass sie politisch breiter aufgestellt sind als die in den USA: „Die Christen in Europa achten mehr auf die Armen und auf die Umwelt, das weiß ich sehr zu schätzen“, sagt er. Überhaupt hält Schuller sich mit politischen Aussagen zurück. Ein Angebot im Sommer 2016, einer der geistlichen Berater des damaligen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump zu werden, lehnte er ab – trotz der Chance, dem Republikaner dadurch christliche Werte näherzubringen. „Ich bin von ihm nicht sehr angetan“, begründet Schuller seine Entscheidung vorsichtig, „vor allem aber glaube ich, dass dieser Schritt dem Missionswerk nicht dienlich gewesen wäre. Und das hat für mich Priorität.“
Wenn der Glaube keine Berge versetzt
Die berühmten Predigten von Schuller senior standen ab und an in der Kritik, zu seicht, gar naiv seien seine ständig wiederholten Aussagen vom Glauben, der Berge versetzen kann. Eines seiner Bücher trägt den Titel „Wenn du es träumen kannst, kannst du es auch tun“. Wunschdenken mit frommem Anstrich, könnte man einwerfen, doch davon will Bobby Schuller nichts wissen. Er will die Lehren seines Großvaters ergänzen, nicht widerrufen. Das gelingt zu weiten Teilen: Seine Predigten beinhalten im direkten Vergleich mit denen seines Großvaters deutlich mehr Bibelauslegung, er hat eine einladende und optimistische Ausstrahlung, ohne dabei aufgesetzt oder naiv zu wirken. „Zu Jesu größter Kritik an seinen Jüngern gehörte, dass sie zu wenig Glauben haben“, begründet er seinen unerschütterlichen Optimismus. „Glaube gefällt Gott. Christ zu sein, heißt zu lernen, aus einer Position des Mutes heraus zu leben.“ Anders als Wunschdenken entstehe Glaube aus dem Wissen heraus, dass man selbst nichts erreichen könne, aber dem Gott des Universums diene, für den nichts unmöglich sei.
Was würde Schuller beispielsweise Menschen raten, die eine tödliche Diagnose von ihrem Arzt erhalten? „Ich will nicht, dass Menschen in dieser Lage aufgeben“, sagt er und verweist auf Fälle, bei denen Betroffene zehn, zwanzig Jahre länger lebten, als zunächst angenommen. Auch auf dem Sterbebett wolle er Menschen „anfeuern, bis zum Schluss zu kämpfen“. Es ist ein schwieriges Thema, aber wer wollte Schuller widersprechen, wenn er erklärt: „Niemand hat ein Recht auf Heilung, aber als Pastor ist es meine Aufgabe, die Hoffnung lebendig zu halten. Und der ganz große Trost ist für mich die Aussicht auf den Himmel.“
Dass der Glaube eben nicht immer Berge versetzt, hat Familie Schuller durch die schmerzliche Insolvenz der Kirche erfahren. Die prachtvolle Kathedrale, das Lebenswerk von Robert H. Schuller, wurde 2012 ans katholische Bistum von Orange County verkauft, 2017 soll der Umbau zu einem katholischen Gotteshaus vollzogen sein. „Es war hart für uns, das Gebäude loszulassen“, berichtet Schuller, aber das habe der Gemeinde gutgetan. „Wir hatten zu viel von unserer Identität an dem Gebäude festgemacht statt an der Lehre. Wir haben die Lehre wiederentdeckt, die sagt, dass wir uns auf die Menschen ausrichten und sie kennenlernen sollen. Die lokale Gemeinde ist aus lebendigen Steinen gebaut, nicht aus Glas und Stahl“, sagt er. In den letzten Jahren der Kathedrale habe das Augenmerk so sehr auf dem Gebäude gelegen, dass man zu wenig gefragt habe, wie den Menschen in der Stadt und der Arbeit des Missionswerkes am besten gedient sei. „Die Gemeinde war mehr Kurator in einem Museum als darauf aus, die Menschen um uns herum zu segnen und auf die Kultur unserer Umgebung einzugehen“, gesteht er ein. Die erste Gemeinde, die Bobby Schuller gründete, hatte für amerikanische Verhältnisse bescheidene 120 Mitglieder und kümmerte sich um Obdachlose und Notleidende in ihrem Viertel. „Wenn wir demütig sind, seinen Willen suchen und ihm gehorchen, dann erreichen wir das meiste für Gott“, sagt er.
Ein Lebenswerk geht weiter
Schuller ist bei Twitter und Instagram aktiv, postet Fotos von seiner Frau und den beiden Kindern, die er auch im persönlichen Gespräch begeistert vorzeigt. Nachrichten von Fans und Unterstützern beantwortet er gerne und häufig, sagt Schuller. Für das Missionswerk bewertet er das Fernsehen weiterhin als wichtiger als das Internet: „Es ist teuer, aber für die Masse an Leuten, die man erreicht, ist es eigentlich recht billig. Fünf Cent investieren wir pro Zuschauer“, erklärt er. Anders als das Internet, wo man aktiv nach Inhalten suche, stießen die Menschen im Fernsehen zufällig auf seine Predigten. „Das ist das Tolle: Die Leute schalten zum Frühstück nebenbei ihren Fernseher an, und dann läuft da ‚Hour of Power‘. Vielleicht werden sie für 30 Sekunden angesprochen, und dann bleiben sie dran. Wir hören viele solcher Geschichten.“ In Bobby Schullers Gemeinde hat übrigens auch sein Vater, Robert A. Schuller, ein geistliches Zuhause gefunden. Er leitet einen Dienst für ehemalige Drogenabhängige und ist bei einer Friedensinitiative engagiert. Die Familie verstehe sich wieder gut.
Bobby Schuller predigt in der dritten Generation unter einem Markennamen, der untrennbar mit seinem Großvater verbunden ist. Während der Senior eine Robe trug und auf einem erhöhten Platz am Altar stand, ist die Bühne in Bobby Schullers Gemeinde der am tiefsten gelegene Punkt des Gebäudes. Bisher trug Bobby bei seinen Auftritten einen schnittigen Anzug. Das seien im Vergleich zu seinem Großvater „einfach kulturelle Unterschiede“, sagte er noch im Herbst. Doch Mitte Januar steht er plötzlich nicht mehr im Anzug, sondern im Ornat vor seiner Gemeinde. „Das ist die Robe, die mein Großvater getragen hat“, sagt er mit tränenerstickter Stimme. „Er gab sie mir, damit ich sie trage, da ist es falsch, sie nur im Schrank hängen zu lassen.“ Die Insolvenz seiner Gemeinde, den Streit und den Verkauf der Kathedrale mitzuerleben, blieb Gemeindegründer Robert H. Schuller wegen seiner Demenzerkrankung erspart. Er starb 2015 im Alter von 88 Jahren. Doch sein Lebenswerk geht weiter. (pro)
Von: Moritz Breckner
Eine Antwort
Glaube an Gott und sein geliebtes Sohn Jesus Christus geht nicht durch mehr und mehr Vermögen zur sammeln sonder wie Jesus Christus nicht auf Geld angewiesen war sonder durch seinen Taten Menschen zur sich gezogen.Das ist ein Problem bei alle Fernsehen Gemeinde.Jeder Prediger in laufen Zeit statt Arm zur sein wird seinen Vermögen immer Höhe und Höhe.Mit Geld erreichen wir nicht Gott sonder dem der das Geld erschaf Satan der Teufel.