Laut statt nachdenklich: Abtreibung war Thema im Bundestag

Eine mögliche Änderung des Abtreibungsrechts war am Donnerstag Thema im Deutschen Bundestag. Befürworter und Gegner einer Liberalisierung diskutierten lautstark und emotional. Zu einer Abstimmung wird es wohl dennoch nicht kommen.
Von Anna Lutz
Bundestag

Ein Gruppenantrag von Abgeordneten der SPD, Grünen, Linken- und BSW-Mitgliedern zur Liberalisierung des Abtreibungsrechts ist am Donnerstag erstmals im Bundestag beraten worden. Derzeit 328 Unterzeichner wollen damit erreichen, dass Abtreibungen im ersten Schwangerschaftsdrittel nicht mehr rechtswidrig sind. Derzeit sind sie im Paragraf 218 Strafgesetzbuch geregelt: als rechtswidrig, aber nach einer Beratung und Wartefrist straffrei. 

Carmen Wegge (SPD) nannte den Gruppenantrag „ausgewogen, moderat und alle Rechte berücksichtigend“. Geradezu kämpferisch warb sie für eine Gesetzesänderung. Diese wäre eine „Sternstunde des Parlaments“. Ulle Schauws (Grüne) sagte: „Paragraf 218 im Strafgesetzbuch ist zutiefst patriarchal.“ Und weiter: „Schuldgefühle für Frauen – damit muss endgültig Schluss sein.“ Leni Breymaier (SPD) verteidigte den Gruppenantrag als „minimalinvasiven Eingriff in die Gesetzgebung in Deutschland“. Sie warnte davor, mit einer Abstimmung über das Thema zu warten: „Was soll sich bis zur nächsten Legislaturperiode denn ändern?“ Es brauche keine Zeit mehr zur weiteren Abwägung. 

„Es geht um Leben und Tod“

Gegen diese Argumente stellten sich Abgeordnete von Union, AfD und FDP. Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU) mahnte einen angemessenen Ton in der Debatte an, „denn es geht um Leben und Tod des Ungeborenen“. Schwangerschaftsabbrüche seien im ersten Schwangerschaftsdrittel bereits jetzt rechtswidrig, aber straffrei. Und darum gehe es schließlich für die Frau. Dorothee Bär (CSU) zeigte sich „erschüttert“ von der Rede Wegges. Deren „Kampfansage“ sei dem Thema unangemessen: „Das ist hier kein Poetry-Slam.“ SPD und Grünen warf sie vor, einen „spalterischen Kulturkampf“ zu führen. Eine gesellschaftliche Spaltung 80 Tage vor der Bundestagswahl sei unverantwortlich, und: „Lebensschutz ist nicht unmodern.“

Gyde Jensen (FDP) sprach sich zwar für eine Liberalisierung des Abtreibungsrechts aus, stellte sich aber gegen eine Abstimmung vor der Bundestagswahl. „Diese Debatte muss zeitnah geführt werden, aber keineswegs in Eile.“ Sie wolle sich an einem neuen Gruppenantragsverfahren beteiligen, wenn der Bundestag neu gewählt sei.

Beatrix von Storch (AfD) warf den Gruppenantragsstellern vor, sie wollten den gesellschaftlichen Frieden „abfackeln“. Die Würde des ungeborenen Menschen sei unantastbar.

Obwohl es nun eine erste Lesung des Gruppenantrags im Deutschen Bundestag gab, ist nicht zu erwarten, dass es noch zu einer zweiten und dritten Lesung kommen wird. Laut dem „Welt“-Journalisten Robin Alexander unterstützt die FDP-Fraktion den Antrag nicht. Damit haben die Kräfte im Bundestag, die eine Änderung der bisherigen Regelung ablehnen, eine sogenannte Geschäftsordnungsmehrheit. So sind sie in der Lage, die Abstimmung bis zur Bundestagswahl zu verhindern. 

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