Flüchtlinge, Evangelisation und Sex: Teilnehmer können auf dem Christival aus einer Vielzahl von Seminaren auswählen. Darin greifen die Veranstalter auch die aktuelle Flüchtlingsthematik auf und erinnern an die christliche Nächstenliebe.
Mit Katja Hofmeister von der Micha-Initiative (3.v.l.) sprachen die Jugendlichen über globale Gerechtigkeit
Die Teilnehmer des Jugendkongresses Christival können an den Nachmittagen zu zahlreichen Themen Seminare besuchen, die in Karlsruhe und auf dem Messegelände verteilt stattfinden. Großen Zustrom finden Angebote, die die persönliche Lebenswelt der Jugendlichen betreffen. Eines der bestbesuchten Seminare war „Wie kann ich meinen Freunden von Jesus erzählen?“, an dem rund 300 Jugendliche teilnahmen. Doch auch in kleineren Gruppen konnten sich die Teilnehmer anhand der Bibel über aktuelle Themen austauschen.
So gab es einen Seminarblock, der unter anderem die derzeitige Flüchtlingssituation aufgriff. Klaus-Dieter Volz von der Liebenzeller Mission erklärte den Teilnehmern seines Seminars „Weltmission vor der Haustür“, wie sie als Christen Flüchtlingen begegnen und mit ihnen über den Glauben ins Gespräch kommen können. „Für Muslime ist Religion ein Plauder- und kein Tabuthema. Wir müssen lernen, weniger verklemmt von unserer Religion zu reden.“ Er sehe die aktuelle Situation als Möglichkeit, Nächstenliebe unter den Flüchtlingen zu üben. „Immerhin kommt eine Gegend nach Deutschland, die sehr wenig vom Evangelium weiß.“
Auf dem Christival gibt es mehrere Möglichkeiten zur Begegnung mit Flüchtlingen. Tobias Kübler von Operation Mobilisation (OM) besuchte mit seinen Seminarteilnehmern ein Flüchtlingslager in Karlsruhe. Für Kinder veranstalteten sie dort einen Spielenachmittag. Darüber hinaus ermöglichte es die Einrichtung eines Fonds 50 Flüchtlingen, die bereits Anschluss an eine Gemeinde oder Jugendgruppe gefunden haben, kostenlos am Christival in Karlsruhe teilzunehmen.
Diskussionen über eine gerechte Welt
Einen besonderen Einblick gab der ehemalige stellvertretende Generalsekretär des CVJM-Gesamtverbandes in Deutschland, Albrecht Kaul. Er erzählte den Seminarteilnehmern vom „Wunderjahr 1989“. Als Zeitzeuge erzählte er, wie sein Vater die Wahlen verweigerte und dafür einen Eintrag in die Akte kassierte, wie er selbst als Jugendlicher über eine Flucht nach Westberlin nachdachte, es doch bleiben ließ, und welche Nachteile er als Christ in der DDR einstecken musste. er berichtete davon, wie er als Jugendlicher bei einer Rüstzeit zum christlichen Glauben fand. Am nächsten Tag sei die Polizei dort aufgetaucht und habe die Veranstaltung aufgelöst. „Die Polizei und der Teufel kamen einen Tag zu spät, dafür bin ich dankbar“, sagte Kaul, der mit dem Verein „Wunderwerke“ seit 2009 durch Deutschland tourt und in Schulen, Jugendgruppen und vor Konfirmanden von seinem Leben als Christ in der DDR erzählt. „Hätte das Christival in der DDR stattgefunden, hätte die Stasi einen Rieseneinsatz gehabt.“
Intensiv diskutiert haben die Teilnehmer in Seminaren zur globalen Gerechtigkeit. Katja Hofmeister von der Micha-Initiative zeigte den Teilnehmern, wie Evangelisation und gesellschaftliches Engagement aufeinander aufbauen. Diakonische Arbeit erfülle ihren evangelistischen Zweck zunächst auch, wenn nicht unmittelbar zum Glauben erzählt werde. Wichtig sei die Motivation für das Handeln, nämlich der Glaube an Jesus Christus. „Jesus Christus selbst hat Sein, Reden und Tun miteinander verknüpft. Jeder Grund, sich für gerechte Strukturen einzusetzen, kommt aus dieser Verknüpfung: Das Tragen eines fairen T-Shirts kann beispielsweise dafür stehen“, erklärte sie den Teilnehmern.
In einem Workshop mit Gerhard Wiebe, dem Leiter der Indienhilfe des Jugendverbandes „Entschieden für Christus“, diskutierten rund 30 junge Erwachsene anhand von Bibeltexten darüber, wie Gott sich Gerechtigkeit zwischen den Menschen vorstellt. Ein Tenor war, dass eine gerechte Welt zwar utopisch ist; trotzdem sollten sich Christen dafür einsetzen, denn Christen hätten die Aufgabe, die Schöpfung zu bewahren und könnten Hoffnung geben.
Auf Pornos verzichten, Sexualität entdecken
Zu einem Seminar zum Thema Internetpornografie waren nur Männer eingeladen. „Als Männer sind wir unser ganzes Leben lang mit diesem Thema konfrontiert“, sagte Andreas Forro, Jugendreferent beim Evangelischen Jugendwerk in Kirchheim. In christlichen Gemeinden gebe es jedoch kaum den nötigen Freiraum, um darüber zu sprechen, wie es Männern damit geht. Das Internet und insbesondere die technischen Möglichkeiten des Web 2.0 hätten den Konsum von pornografischen Inhalten radikal verändert, denn die seien dadurch ohne menschliche Hürden, anonym, schnell, kostenlos und zu jeder Zeit abrufbar.
Christen machten sich im Umgang mit Pornografie wegen ihres Glaubens oft großen Druck, sagte Forro. Jedoch sei die Bibel Maßstab, nicht moralische Instanz. Jesus nachzufolgen bedeute, in der Beziehung zu ihm zu erkennen, was er wolle – und das zu tun. Gott gebe auch die Kraft und den Willen dazu, dem Bedürfnis nach Pornografie zu widerstehen. „Jesus will uns frei machen, aber Porno nimmt gefangen“, sagte Forro. Er ermutigte die Teilnehmer dazu, auf Pornos zu verzichten, um zu „entdecken, was ich selber und was meine Partnerin will“, und so zu einer gesunden Sexualität zu kommen. Konkret empfahl er denjenigen, die Probleme mit ihrem Pornokonsum haben, mit einem Freund darüber zu sprechen und diesem regelmäßig Rechenschaft abzulegen. So könnten sich auch Betroffene gegenseitig unterstützen.
Das Christival ist eine Großveranstaltung für Jugendliche und junge Erwachsene und steht in diesem Jahr unter dem Motto „Jesus versöhnt“. Rund 13.600 Teilnehmer sind bei der Konferenz in Karlsruhe dabei, davon über 2.500 Mitarbeiter. Das Christival geht noch bis Sonntag. (pro)
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