So ganz genau weiß Paul Asher, ein junger, aufstrebender Journalist eines Magazins in New York City, nicht, wer genau ihm da gegenübersitzt. Oder warum er ihm ein Interview geben will. Fest steht: Der ältere, sympathische Herr nennt sich Gott und will auch als solcher interviewt werden.
Mehr und mehr wird klar, dass es Gott nicht so sehr um die Leserschaft der Zeitung geht, für die Paul schreibt, sondern um den Journalisten selbst. Immer persönlicher werden seine Aussagen, die Paul gewissenhaft mit einem Aufnahmegerät festhält. Schließlich wird klar, dass Paul enorme Schwierigkeiten im Leben hat, und die kennt sein mysteriöser Interviewpartner alle.
Mit Witz und Tiefgang zu den Kernfragen des Glaubens
Der Film wird getragen von der Glanzleistung der beiden Hauptdarsteller. Der 29-jährige australische Schauspieler Brenton Thwaites (Paul) war bereits im fünften Teil der Filmreihe „Fluch der Karibik“ („Salazars Rache“) als Henry Turner, Sohn von Will Turner, zu sehen. David Strathairn, der Gott auf wunderbare und glaubwürdige Weise spielt, ist manchem Kinofan bekannt aus „Good Night, and Good Luck“ (2005) oder „Das Bourne Ultimatum“ (2007).
Asher schreibt für ein weltliches Magazin im Ressort Religion. Er hat Religionswissenschaften und Journalismus studiert und bezeichnet sich selbst als Christ. Dass Gott ihm ein Interview anbietet, kann ihn natürlich nicht kalt lassen, sowohl aus persönlichen als auch aus beruflichen Gründen. Er schwankt zwischen großer Skepsis und der Verlockung, tatsächlich einmal mit Gott, oder wer auch immer sich da für ihn ausgibt, über theologische Fragen zu debattieren. Und dann erfreut der Film tatsächlich damit, dass hier Fragen über den Glauben angesprochen werden und er in rasantem Tempo immer mehr an Tiefe zunimmt. Vielleicht wurde hier der Drehbuchschreiber ja inspiriert von „Die Hütte“ (2017). In drei Sitzungen lässt Gott es zu, dass Paul ihm die kniffligen Fragen stellt, die man erwarten würde. Doch letztendlich geht es um Asher selbst, um seine gescheiterte Ehe und sein Hadern mit dem Leben. Auf der Webseite zum Film sind mehrere Video-Interviews versammelt, in denen Hauptdarsteller, Produzent und Regisseur sowie der Theologe Eric Metaxas Stellung zum Film beziehen.
Nebenbei bringt der Film den Zuschauer auch zum Schmunzeln. Er nimmt galant einige witzige Situationen mit, die unwillkürlich entstehen, wenn ein Journalist auf Gott trifft. „Darf ich ein Foto von Ihnen machen?“, fragt Asher, der sein Handy zückt. Man muss unwillkürlich an Gottes Gebot denken „Du sollst dir kein Bildnis von mir machen“, Ashers Interviewpartner aber ist da ganz entspannt: „Natürlich, kein Problem.“ Schön ist in jedem Falle, dass sich Asher von Anfang an ernsthaft auf das wohl skurrilste Interview seiner Laufbahn als Journalist einlässt. Sein Chef, der Redaktionsleiter, ist begeistert von der Idee, er möchte aus der Interviewreihe sofort eine große Kolumne für seine Zeitung machen: „Wird höchste Zeit, dass Gott auf Seite eins kommt!“
Jesus nur am Rande Thema
Die Botschaft des Films geht gegen Ende im immer hitziger werdenden Wortgefecht zwischen Asher und Gott vielleicht ein wenig unter. Warum genau wollte Gott ihm eigentlich ein Interview geben? Worin genau besteht nun die Hoffnung, die Gott geben kann, worin die Erlösung? Von Jesus Christus wird nur am Rande gesprochen, am Ende soll wohl als Quintessenz so etwas herauskommen wie: Paul Asher, du hältst dich angesichts deiner aktuellen Probleme vielleicht für schwach, aber so schwach bist du gar nicht! Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott!
Das ist angesichts der Möglichkeit, in diesem Film eine starke Botschaft von der Hoffnung auf Gott und dem Erlösungswerk seines Sohnes unterzubringen, vielleicht für den einen oder anderen Christen eine kleine Enttäuschung. Dennoch bietet der Film ein enormes Potential, dass Menschen über Gott und die Sinnhaftigkeit des Glaubens nachdenken. „Der Glaube ist nicht das Ziel. Er ist nur der Prozess“, ist etwa eine Botschaft, die Gott für Asher hat, der meint, mit seiner Entscheidung zum Glauben vor vielen Jahren alles abgehakt und erledigt zu haben. Gott erklärt: „Es ist ähnlich wie bei einer Ehe: Das Gelöbnis ist nicht das Ende, sondern der Anfang. Man braucht Zeit und Hingabe.“ Vielleicht geht es dem Film ja hauptsächlich darum, den Zuschauer selbst anzuregen, sich einmal Gedanken darüber zu machen, welche Fragen er Gott stellen würde, wenn er ihn interviewen könnte. So heißt der vollständige Titel des Films ja auch: „An Interview with God – Was würdest du ihn fragen?“
„An Interview with God – Was würdest du ihn fragen?“, auf DVD ab 25. April 2019, Gerth Medien, 97 Minuten, 15 Euro, FSK: 0
Von: Jörn Schumacher