Die drei Weltreligionen Christentum, Islam und Judentum haben ihre Schwierigkeiten miteinander, das weiß man. Je näher man Israel kommt, desto offensichtlicher werden die Differenzen, und desto häufiger auch der Hass. Und jede Religion hat ihre eigenen Schwierigkeiten. Beim Katholizismus denken viele sofort an Kindesmissbrauch, an Kreuzzüge und die Unterstützung der Nazis, beim Islam ist die Angst vor Terroranschlägen nicht weit, und wenn manche einen Juden treffen, geht es sofort um Israel, „den Unterdrückerstaat“. Wären die drei Weltreligionen eine WG, dann müssten sich die Mitbewohner wohl einmal gründlich aussprechen.
Genau diese Vorurteile gegenüber den drei Religionen packt Éboué, der auch das Drehbuch schrieb, in seinem Film an. In „Ein Lied in Gottes Ohr“ versucht der Musikproduzent Nicolas einen neuen Coup auf dem Markt zu landen. Dabei kommt ihm die Idee, eine extraordinäre Band aus drei Sängern zu gründen: Ein Priester, ein Rabbi und ein Imam sollen zusammen Platten produzieren und auf der Bühne auftreten. Trotz und gerade wegen der Terroranschläge (auch in Frankreich) und der Reibereien zwischen den Religionen. Regisseur Éboué sagte vorab der Presse, er habe mit dem Drehbuch bereits vor den Attentaten des 13. November 2015 begonnen und wollte das Thema danach eigentlich erst einmal auf Eis legen. „Aber dann wurde mir bewusst, dass es meine Aufgabe als Filmemacher war, darüber zu sprechen! Ich mache das mit guter Laune und durch Lachen.“ Er selbst sei katholisch erzogen worden, sagt er.
Das Konzept funktioniert erstaunlich gut. Nicht nur bei der fiktiven Band namens „Koexistenz“, sondern auch als Film. Regisseur Éboué hat drei sehr sympathische Figuren erschaffen, die zwar ihre jeweils eigene Religion einigermaßen treffend repräsentieren, dabei aber nie in allzu platte Klischees oder gar Gehässigkeiten abdriften. Die drei zoffen sich, klar, aber am Ende siegt dann doch wieder die brüderliche Liebe. Und ein Witz über den anderen löst Spannungen anstatt sie aufzubauen.
Französischer Humor und gleich zwei Liebesgeschichten
Natürlich kann man die echten Konflikte in der realen Welt des Glaubens nicht einfach so weglachen. Und natürlich kommen in der Realität vielleicht ein Moslem und ein Jude nicht immer sofort ebenso gut miteinander klar wie ein Jude und ein Christ. Außerdem wird die christliche Seite im Film nur von einem katholischen Priester vertreten; mit einer explizit protestantischen oder gar evangelikalen Botschaft kann der Film nicht dienen. Er vermittelt aber eine erstaunlich einfache, aber wirksame Botschaft. Zunächst geht es den drei Geistlichen (der Imam ist allerdings nicht wirklich ein Imam) darum, ihre frömmste Seite herauszukehren. Doch mehr und mehr wird klar, dass hinter dem Priester, hinter dem Rabbi und hinter dem Imam normale Menschen stecken, die ihre Probleme haben. Mit sich, mit Versuchungen und mit Fehlern. Und schließlich ist es diese Gemeinsamkeit, die alle drei dann immer auf den gemeinsamen Boden der Realität zurückholt. Egal, welcher Religion man angehört, man kann deren Vorschriften nie ganz erfüllen. Wer Mensch ist, macht Fehler, und die Religion kann dabei allenfalls ein Trost sein.
Der Film „Ein Lied in Gottes Ohr“ ist genau so, wie man es von einer französischen Komödie erwartet: Das Tempo ist flott, die Charaktere sind liebenswerte Individualisten, bei den Gags lacht man nie über jemanden, sondern mit ihm, und vor allem hat der Film viel Herz. An Liebesgeschichten gibt es derer sogar gleich zwei. Am Ende hängt dem Zuschauer ein Song im Kopf nach, der fast Ohrwurm-Charakter hat. Den titelgebenden Song summend denkt man nach dem Film dann schon: Vielleicht kann das Zusammenleben von Christen, Muslimen und Juden ja besser funktionieren, wenn alle nur ein bisschen mehr so ticken würden wie die drei zwar etwas gealterten, aber immer noch ziemlich kindischen Mitglieder der frommen Boygroup „Koexistenz“.
„Ein Lied in Gottes Ohr“, 89 Minuten, Drehbuch und Regie: Fabrice Éboué, Filmstart: 26. Juli 2018
Von: Jörn Schumacher