Die Musik ist bedrohlich. Ein verlassenes Fahrrad liegt in den Büschen am Straßenrand. Es ist das Fahrrad von Mirco Schlitter. Der 10-jährige Junge war am Nachmittag mit dem Fahrrad unterwegs. Doch er wird nicht mehr nach Hause kommen. Das Kind ist Opfer eines Gewaltverbrechens geworden. Die Suche nach dem Kind und die Ermittlungen der Kriminalbeamten sind die Grundlage für den Film „Ein Kind wird gesucht“, der auf wahren Tatsachen beruht. Das Verschwinden verursachte 2012 eine der größten Suchaktionen in der deutschen Kriminalgeschichte. Im Film trifft ein ehrgeiziger Ermittler, Kriminalhauptkommissar Ingo Thiel auf „Glaubensjunkies einer freien Gemeinde“. Arte zeigt den Film „Ein Kind wird gesucht“ am heutigen Freitagabend um 20:15 Uhr.
Aus der anfänglichen Distanz zwischen dem Kommissar und den Eltern des Jungen ensteht im Zuge der Ermittlungen eine intensive Beziehung. Für die Familie wird der Fall zur Zerreißprobe. Der jüngeren Schwester sagen die Eltern, dass sie für Mirco beten sollen, damit ihm nichts passiert. Die Bedenken der Polizei, dass es sich um einen innenfamiliären Konflikt handelt, zerstreuen die Eltern schnell: „Unsere Kinder vertrauen uns. Wenn er Hilft braucht, kommt er immer zu uns.“
„Gequatsche über Religion bringt nichts“
Als die Mutter dem Kommissar eröffnet, dass sie bei der Suche nach dem Jungen auf die Hilfe durch Jesus hoffen, schaut dieser sie verdutzt an. Glaube und Religion sind bisher gar nicht seine Lebenswelt und das „Gequatsche“ darüber bringe sowieso nichts. Seine Ermittler-Kollegin ist da schon aufgeschlossener. Der 90-minütige Film zeigt, welche Vorwürfe sich die Eltern machen. Sie glauben, dass sie alles hätten verhindern können.
Vater Reinhard wird von den Ermittlern gefragt, ob er ein Verhältnis mit einem anderen Mann in der Gemeinde hatte. Dieser hätte sich so das Vertrauen zu Mirco erschleichen können. Auch im gemeindlichen Umfeld ist Mircos Verschwinden Thema Nummer eins. Aber auch die Schwestern haben ihre Fragen: Wann werden sie Mirco wiedersehen und an welchem Ort befindet sich Mirco? Die ältere Schwester kann nicht glauben, dass Gott das wollte.
Familie beschenkt Polizisten
Die Mutter ist felsenfest davon überzeugt, dass Gott ihnen beisteht. Jesus lehre Vergebung und diese wolle sie auch leben. Die Vorstellung, dem Mörder ihres Sohnes irgendwann einmal gegenüberzustehen, ist dem Vater dagegen ein Graus. Je länger die Ermittlungen dauern, desto mehr liegen im Präsidium die Nerven blank. Aber der Zuschauer sieht auch, wie den Kommissar das Verhalten der Familie nachdenklich macht. Die Schlitters bringen Weihnachten allen Ermittlern Geschenke aufs Präsidium.
Die Polizisten schieben Sonderschichten. Nach 145 Tagen stellen sie den Täter und teilen dies den Eltern mit. Auf die Frage der Mutter, wo Mirco ist, antwortet der Kommissar: „Bei Gott!“ Die Mutter ergreift die Hand des Kommissars. Mit ihrer Familie kann sie jetzt Abschied nehmen und trauern. Die Eltern hatten bereits in dem Buch „Mirco. Verlieren. Verzweifeln. Verzeihen.“ ihre Erlebnisse verarbeitet. Es war die Grundlage fürs Drehbuch.
Der emotional aufgeladene Film ist mit Heino Ferch als Chefermittler Thiel hochkarätig besetzt. Auch die weiteren Schauspieler setzen den realen Stoff und das Wechselspiel zwischen Hoffen und Bangen gekonnt in Szene. Tief im Glauben verwurzelte Eltern stoßen an ihre Grenzen und erleben Anfechtung. Der Zuschauer spürt die Zerrissenheit der Familie, und die Frage, ob der Glaube auch in dieser dunklen Zeit Tragkraft hat. Er hat: auch wenn das feste Fundament bedrohlich wackelt. Eine klare christliche Botschaft in einem solch emotionalen Film macht Freude, auch wenn der Anlass ein trauriger ist. Der Film „Ein Kind wird gesucht“ soll im Frühjahr noch einmal im ZDF laufen.
Von: Johannes Weil