Regisseur Terrence Malick ist nicht erst seit seinem Kunstwerk „Tree of Life“ bekannt dafür, religiöse Motive in seinen Filmen zu verarbeiten. In seinem neuesten Streifen schickt er Christian Bale auf eine Pilgerreise und die Suche nach sich selbst. Eine Filmkritik von Anna Lutz
Von PRO
Foto: Melinda Sue Gordon| Dogwood Pictures
Christian Bale liebt Natalie Portman im Film „Knight of Cups“ – zumindest eine Zeit lang
Man muss ihn schon mögen, diesen Terrence Malick. Wie er Hauptfigur Rick in „Knight of Cups“ zwei Stunden lang durch Los Angeles und einige Teile der restlichen Welt stolpern lässt, immer begleitet von einer pastoralen und unheilschwangeren Stimme aus dem Off. Immer getrieben, immer melancholisch, immer kurz vor dem Zusammenbruch, immer ziellos. Das muss der Zuschauer erst einmal aushalten. Und doch lohnt sich dieser Film wie schon „Tree of Life“, der auf dem Buch Hiob basiert, und mit dem Malick 2011 in Cannes die Goldene Palme gewann.
Denn auch „Knight of Cups“ nimmt den Zuschauer mit auf eine spirituelle Erkundungstour. So stellt die Erzählerstimme gleich zu Beginn des Filmes klar, dass der Kinobesucher den in Hollywood arbeitenden Rick ab jetzt bei einer Pilgerreise begleiten wird. Selbstfindung ist das Schlüsselwort, das den Inhalt von „Knight of Cups“ wohl am besten beschreibt. Und so leiden die Zuschauer mit der Hauptfigur, unvergleichlich gespielt von Christian Bale, der sich von Frau zu Frau, von Party zu Party und von Religion zu Religion durchs Luxusleben hangelt und am Ende doch keine Erfüllung findet.
Nähe trotz Ferne
Das ist zuweilen langatmig, ebenso langatmig, wie es auch Rick selbst vorkommen muss, der sein Leben auf der Suche verbringt. Nur nach was er eigentlich sucht, will ihm nicht klar werden. An diesem Punkt gelingt Malick wieder dieser wunderbare Trick: Obwohl sein Protagonist selten spricht und er keine stringente Geschichte liefert, keine sogenannte Heldenreise, ist er dem Zuschauer plötzlich so nah, als begleite er ihn schon ein halbes Leben lang.
Rick, so erfährt man, steht immer leicht neben sich, was im Bild noch stärker wirkt, wenn er durch leere Filmkulissen spaziert. Bei der Sache ist er eigentlich nur dann, wenn er die große Liebe gefunden zu haben glaubt, und das geschieht im Film gleich mehrmals. Ganz behutsam entwickelt sich auch die Geschichte dieses Mannes, immer in Fragmenten, selten chronologisch und stringent erzählt. Man erfährt von Ricks verstorbenem Bruder. Vom religiösen und cholerischen Vater und dessen Zwist mit dem noch lebenden dritten Sohn. Und von Ricks Ex-Ehefrau, dargestellt durch Cate Blanchett, mit der er nie Kinder haben konnte und von der er bis heute nicht zu wissen scheint, warum er sie eigentlich verlassen hat.
Yoga, Ganesha und Jesus
Zu Ricks Sinnsuche gehört auch die Frage nach der Religion. Immer wieder flackern Bilder von Yogastunden, Hindu-Schreinen und Kreuzigungsszenen auf. Etwa, wenn Rick mit einer seiner Geliebten, in diesem Fall Natalie Portman, ein Museum besucht und die eigentlich immer bewegte Kamera einen langen Moment auf der Plastik eines vom Kreuz abgenommenen Jesus ruht. Wenn der auf Knien betende Vater ins Bild rückt oder dann, wenn ein Priester sich an der Klärung der Theodizee-Frage versucht.
Erfüllung findet Rick am Ende weder in der Liebe zu einer Frau noch in der Religion oder in der eigenen Familie. Nichts will ihm so richtig nahe gehen, das Leben zieht vorbei, ganz ohne Sinn und Inhalt. Es mag genau das sein, was viele Kritiker des Films stört: Die Hauptfigur kommt nirgendwo an, sie steht am Ende genau da, wo sie auch am Anfang stand. Der Zuschauer begleitet sie nur auf ihrem erfolglosen Weg, der nach 120 Minuten keineswegs zu Ende zu sein scheint. Das ist, zugegeben, unbefriedigend, zugleich aber eine schlichte Lebenswahrheit: Ankommen braucht seine Zeit. Und manchmal gelingt es nie. Nebenbei versorgt Malick die Kinobesucher mit atemberaubenden Bildern Hollywoods und zeichnet ein so noch nie da gewesenes Stadtporträt.
Während „Tree of Life“ am Ende noch eine klare und sogar biblische Botschaft vermittelte – die Gnade steht über der grausamen Natur – bleibt die eindeutige Botschaft in „Knight of Cups“ undeutlich. Vielleicht könnte sie so lauten: Ohne Konstanten ist das Leben sinnentleert. Und Menschen alleine taugen als solche nicht. Da muss schon etwas Höheres her. (pro)
„Knight of Cups“, 118 Minuten, USA 2014
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