23 Autoren machen sich Gedanken zum Thema Heimat. Was die Musikerin Andrea Adams-Frey, der Theologe Michael Diener und der Amerikanistik-Professor Manfred Siebald mit diesem Begriff verbinden, haben sie dem Verleger Ulrich Eggers anvertraut. Daraus entstanden ist das Buch „Heimat: Warum wir wissen müssen, wo wir zu Hause sind“.
Für den Herausgeber sind nicht nur die Flüchtlinge in Deutschland, sondern auch die fortschreitende Globalisierung Gründe, sich mit dem Thema zu beschäftigten. Die 23 Personen beleuchten den Begriff aus unterschiedlichen Perspektiven und in einer großen Bandbreite. Natürlich fehlt dabei auch die biblische Perspektive nicht, die aber keinen übermäßigen Raum einnimmt. So schreibt die Musikerin Andrea Adams-Frey von „völlig entwurzelten Lebenszeiten“, in denen sie den Boden unter den Füßen verloren hat. Nachdem sie drogenabhängig war, habe sie ihre Heimat bei Gott gefunden. Sie freue sich darauf, ewig bei ihm zu sein.
Menschen Begegnungsorte schenken
Autorin Bianka Bleier empfindet vor allem im Zusammensein mit Menschen in ihrem Umfeld Heimatgefühle. Um anderen Heimat und Begegnungsorte zu bieten, hat sie das Laden-Event-Café Sellawie eröffnet. Der Theologe Michael Diener findet es bemerkenswert, wie sich lokale Prägungen auf die eigene Theologie auswirken. Er habe Glücksgefühle, weil er wisse, dass im „Haus des Herrn“ eine Wohnung für ihn vorbereitet sei. Heimat ist für ihn der Inbegriff von Geborgenheit, Entspannung und Wohlergehen.
Herausgeber Ulrich Eggers empfindet seinen Wohnort Cuxhaven als eigentlich falsche Heimat für einen christlichen Verleger. Die „christlichen Hotspots“ befänden sich an anderen Stellen. Das sei oft schade, aber manchmal empfinde er es in diesen zu „nah und zu eng“. Interessante Aspekte zum Thema Heimat kommen auch von den ehemaligen DDR-Bürgern Reinhard und Uwe Holmer. Reinhard Holmer bekennt sein ambivalentes Verhältnis zwischen einem „Hier gehörst du hin“ und seinen Anfragen an den Staat. Uwe Holmer ist froh, dass ihm seine Mutter sehr früh die Angst vor dem Sterben genommen hat. Er konnte seine irdische Heimat mit himmlischen Aussichten genießen.
OJC-Leiter Konstantin Mascher und Autorin Nicola Vollkommer gehören zu denjenigen, die in mehreren Kulturen aufgewachsen sind. Dadurch hätten sie sich oft im Niemandsland zwischen den Welten befunden. Dieses Gefühl der Fremdheit begleite beide ein Leben lang. Vollkommer bemängelt in ihrem Beitrag, dass das Gefühl der Heimatlosigkeit auch in vielen Gemeinden existiere, in denen eigentlich Heil und Heimat verkündet werden sollen.
„Diese Welt bietet nur vorläufige Heimat“
Manfred Siebald erinnert sich an seine Kindheit, in der er mit Freunden durch verwilderte Gärten streunerte. Weil diese Welt aber nur vorläufige Heimat biete, dürften Menschen nicht verächtlich auf die Heimat anderer hinabschauen oder andere aus einer unserer Heimaten aussperren. Auch dem früheren ERF-Direktor Jürgen Werth tue das Eintauchen in die „gute alte Zeit“ gut. Geprägt habe ihn der CVJM, in dem er sich ausprobieren durfte. Unterwegs mit Jesus habe er auch in Zeiten der Heimatlosigkeit Geborgenheit und Freiheit erfahren.
Ulrich Eggers bietet mit seinem Buch ein spannendes Potpourri mit Ausflügen in die Kindheit der Autoren, Fluchterlebnisse, das Aufwachsen in einem fremden Land und das Nach-Hause-Kommen zur Familie. Die Autoren öffnen den Blick, was Heimat bedeuten kann und vernachlässigen dabei nicht die theologische Komponente. Eine finale, schlüssige Antwort darauf zu finden, erwartet der Leser nicht – und das ist auch nicht die Aufgabe des Buches. Es gibt aber auf jeden Fall Impulse zum Weiterdenken, zum Kennenlernen der Protagonisten und für Ansatzpunkte, wo der Leser Heimat finden und erleben kann.
Ulrich Eggers (Hrsg.), „Heimat: Warum wir wissen müssen, wo wir zu Hause sind“, SCM R.Brockhaus, ISBN 9783417268522, 15,99 Euro
Von: Johannes Blöcher-Weil