Bereits im vergangenen Jahr erschien mit „Das Einstein Enigma“ ein Roman, der ungewöhnlich ist. Der Portugiese José Rodrigues dos Santos ist von Haus aus Journalist, mehrfach ausgezeichneter Kriegsreporter und Sprecher der Abendnachrichten. Doch nebenbei geht es ihm um die ganz großen Fragen des Universums. Dabei hält er sich streng an die Erkenntnisse der modernen Physik. Schon in „Das Einstein Enigma“ schickte er den Kryptologen Tomás Noronha auf eine Abenteuerreise, die ihn nicht nur mit dem CIA und dem FBI in Kontakt brachte, sondern auch mit naturwissenschaftlichen Erkenntnissen über das Universum, die einen vor Staunen schaudern lassen.
So ist die Romanfigur Tomás auch im neuen Roman wieder auf Spurensuche. Auch dieses Mal bekommt er es mit dem amerikanischen Geheimdienst zu tun, und auch dies Mal geht es um nichts Geringeres als die Fragen: Warum existiert das Universum, warum existieren wir? Ähnlich wie der Symbol-Forscher Robert Langdon des amerikanischen Schriftstellers Dan Brown begibt sich Tomás in der Romanreihe des portugiesischen Autors in Gebiete, für die etwas metaphysisches Feingefühl von Nöten ist.
„Wenn wir eine Seele haben, wo ist sie? Wie interagiert die Seele mit dem Gehirn?“, lautet eine der Fragen, die sich der Spurensucher stellen muss. Eigentlich soll Tomás zunächst nur den Tod des Wissenschaftsdirektors des CIA, Frank Bellamy, aufklären. Der wurde tot im Kernforschungszentrum CERN in Genf gefunden. Doch wenig später befasst sich Tomás mit der Frage, was das Leib-Seele-Problem bedeutet. Was ist wahrscheinlicher: ein atheistischer Materialismus oder ein religiöser Dualismus? Ist alles, was im Universum passiert, nur eine Abfolge von Ursachen und Wirkungen, und sind wir Menschen nur Automaten, oder gibt es eventuell einen Planer, und wir können auch Entscheidungen frei treffen?
Das Universum, ein riesiger Quantencomputer
Die spannende Kombination aus Krimi und Wissenschaft funktioniert auch hier. Nebenbei lernt der Leser viel über Naturwissenschaft. Und wer sich auf die Fragen einlässt, die der Roman stellt, etwa nach dem verrückten Doppelspaltexperiment, nach Wellenfunktionen in der Quantenwelt und möglichen Nahtoderfahrungen, der bekommt einen völlig neuen Blick auf die Welt. Vielleicht ist das Universum ja ein gigantischer Quantencomputer, der durch ein großes Bewusstsein entsteht. Alle Menschen wären dann die Figuren eines kreativen Genies, eines Schriftstellers.
Wie im Vorgänger-Buch weist der Autor in „Der Schlüssel des Salomon“ darauf hin, dass alle im Roman enthaltenen wissenschaftlichen Angaben wahr sind und die behandelten Theorien tatsächlich von namhaften Wissenschaftlern vertreten werden. Auch wenn manchmal etwas mystische Anleihen gemacht werden, von einem Amulett namens „Schlüssel des Salomon“ oder vom „Handbuch der Magie“ die Rede ist, bleibt dies alles harmlos. Und das Coverbild sieht nur auf den ersten Blick wie ein satanisches Pentagramm aus, bei genauerem Hinsehen erkennt man, dass der Stern sieben Zacken hat anstatt fünf.
Auf jeden Fall bekommt der Leser einen Anstoß, sich mit interessanten Fragen aus der Schnittmenge von Glaube und Wissenschaft einmal näher zu beschäftigen. Wie sein Vorgänger ist „Der Schlüssel des Salomon“ perfekt für jeden, der sich für philosophische und physikalische Fragen interessiert und zugleich von einem Krimi unterhalten werden möchte.
J. R. Dos Santos: „Der Schlüssel des Salomon“, luzar publishing, 496 Seiten, 18,50 Euro, ISBN 978-3-946621-02-7
Von: Jörn Schumacher